Schwere Vorwürfe gegen Gütersloher Wertkreis-Geschäftsführer – Chef äußert sich

Gütersloh. Es geht um Misswirtschaft, ein gestörtes Betriebsklima, teure Reisen. Beim Gütersloher Wertkreis mit seinen 2.500 Mitarbeitern hängt der Haussegen offenbar mächtig schief. Im Zentrum der Kritik stehen Geschäftsführer Emilio Bellucci und der Aufsichtsrat der gemeinnützigen Gesellschaft. Die Vorwürfe stammen mutmaßlich von einer Gruppe von Wertkreis-Mitarbeitern. Sie haben diese in einem anonymen Brief der Redaktion zukommen lassen.

Auf zweieinhalb Seiten formulieren die Verfasser ihre Sorgen um den gesamten Wertkreis, die Tochtergesellschaften, ihre Arbeitsplätze und den Umgang mit Mitarbeitern. Die Rede ist von einer miserablen Stimmung und einem hohen Krankenstand im Unternehmen.

Ursächlich dafür soll &bdquo;die hochgradig intrigante und cholerische Verhaltensweise der Geschäftsführung im täglichen Geschäft sein“, wie es in dem Schreiben, das an die Mitglieder des Aufsichtsrates adressiert ist, heißt.

Bäckerei droht offenbar die Schließung Es folgt ein Konvolut an Anschuldigungen gegen Geschäftsführer Bellucci und die Mitglieder des Aufsichtsrates. Die Verfasser kritisieren, dass Fehlentscheidungen zur wirtschaftlichen Krise beim Wertkreis beigetragen hätten. Der Wertkreis selbst hatte Anfang Juni in einer Pressemitteilung die finanziell angespannte Lage auf steigende Anforderungen der Kostenträger, das neue Bundesteilhabegesetz, höhere Kosten und die schwache Wirtschaftslage zurückgeführt.

Als konkretes Beispiel nennen die Verfasser des Briefes die Planung eines teuren Multifunktionsgebäudes, an der festgehalten worden sei, obwohl fachkundige Mitarbeiter darauf hingewiesen hätten, dass sich der Wertkreis dies nicht leisten könne. &bdquo;Managementfehler, zum Teil auch aus früheren Geschäftsführungen, holen uns ein.“

Konstruktive Vorschläge würden abgetan, ausschließlich die Meinung von Emilio Bellucci zähle. Und dies habe fatale Folgen: &bdquo;Die Zahlen rauschen weiter in den Keller, die Verluste steigen weiter (...).“ So sei etwa der Kiebitzhofladen nur noch ein Schatten seiner selbst. Konzepte seien erstellt, aber nicht umgesetzt worden. Der Bäckerei drohe gar die Schließung.

Horrende Ausgaben für Wellnesshotels und Partys? Weiter werfen die Verfasser der Geschäftsführung &bdquo;horrende Ausgaben“ vor - unter anderem für die Ausrichtung von Festlichkeiten, Teambildungsfahrten in Wellnesshotels, Partys in VIP-Lounges in Diskotheken und Auslandsreisen des Geschäftsführers nach Spanien.

Konfrontiert mit diesen Vorwürfen erklärt Wertkreis-Geschäftsführer Emilio Bellucci gegenüber der Redaktion, dass er die Sorgen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr ernst nehme. Um den Austausch zu fördern, würden wöchentliche Sprechstunden an den Werkstattstandorten zu den Veränderungen im Wertkreis angeboten.

Zudem gebe es anonyme und offene Rückmeldemechanismen für Lob, Kritik und Fragen sowie offene Arbeits- und Gesprächstermine. Eine &bdquo;miserable Stimmung“ nimmt der Geschäftsführer indes nicht wahr. &bdquo;Wir sind im Umbruch, da ist es zu erwarten, dass die Stimmung nicht bei allen gut ist. Vieles verändert sich, damit versuchen wir, verantwortungsvoll umzugehen. Ich erlebe Sorgen, aber an vielen Stellen auch Aufbruchsstimmung“, schreibt Bellucci.

Geschäftsführer äußert sich auch zu Spanien-Reise

Einen erhöhten Krankenstand, den die Verfasser des Briefes ansprechen, kann der Geschäftsführer nicht bestätigen. &bdquo;Der Krankenstand ist derzeit etwas geringer als im Vorjahr zum gleichen Zeitpunkt“, erklärt der diplomierte Sozialmanager, der seit 1. Oktober 2021 als Geschäftsführer beim Wertkreis tätig ist.

Zur angeblich drohenden Schließung der Bäckerei auf dem Kiebitzhof erklärt Emilio Bellucci, dass alle Teilhabeangebote daraufhin geprüft würden, ob sie in ausreichender Form Teilhabe ermöglichen und gleichzeitig wirtschaftlich tragbar seien.

&bdquo;Aktuell überprüfen wir, in welcher Form wir ein Backangebot fortsetzen können“, so Bellucci. Alle Veränderungsprozesse würden darauf abzielen, Lohnkürzungen für die Beschäftigten zu vermeiden, entgegnet er einem weiteren Kritikpunkt in dem Schreiben.

Auch auf die Reise nach Spanien geht Bellucci gegenüber der Redaktion ein. Er habe sich im Sommer 2023 ehrenamtlich bei einer Freizeit für Menschen mit Behinderung auf Mallorca engagiert und dort eine schwerstmehrfachbehinderte Person betreut, berichtet er.

Stellungnahme des Aufsichtsrats Der Aufsichtsrat lässt über Wertkreis-Sprecher Steffen Gerz erklären, auf die im Schreiben anonym erhobenen Einzelvorwürfe nicht eingehen und sie auch nicht kommentieren zu wollen. &bdquo;Die Beantwortung von Presseanfragen zu operativen Themen oder anonymen Vorwürfen fällt nicht in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Seine Aufgabe ist die Kontrolle und Beratung der Geschäftsführung – nicht deren öffentliche Kommunikation“, heißt es in der Erklärung des Gremiums.

Nach einer Aufsichtsratssitzung am Mittwoch vergangener Woche hatte Elisabeth Witte, Vorsitzende des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung, eine Stellungnahme abgegeben. Darin heißt es: &bdquo;Der Aufsichtsrat stellt sich in dieser Sache voll hinter die Geschäftsführung des Wertkreises und wird die nötigen Beschlüsse zur Sicherung der Zukunft des Unternehmens treffen.“

Auch Sabrina Pauleikhoff, Vorsitzende des Werkstattrates und stellvertretende Frauenbeauftragte beim Wertkreis, wollte sich auf Nachfrage zu den anonymen Vorwürfen nicht äußern. &bdquo;Ich halte es für sehr wichtig, dass im Wertkreis Fragen oder Kritik offen und respektvoll geäußert werden. Dafür gibt es unsere Gremien, geschützte Strukturen und Anlaufstellen“, schreibt sie.

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