Die Strecke der Lidl-Deutschland-Tour im Test: Mit 100 Radfahrern quer durch Herford

Herford. Ob ich mir das gut überlegt habe? Schon bei der Anfahrt zum Startpunkt am Bora Flagship Store spüre ich einen leichten Schmerz im Gesäßbereich, der Sattel meines in die Jahre gekommenen Mountainbikes ist doch recht hart.

Mehr oder weniger freiwillig habe ich mich bereit erklärt, an der Testfahrt auf einem Teil der durch Herford führenden Etappe der Lidl-Deutschlandtour teilzunehmen. Die jüngeren (und fitteren) Kollegen sind im Urlaub, und da ich zumindest ab und an Rad fahre, bin ich als einziger Kandidat übrig geblieben. Immerhin spielt das Wetter mit, es ist sonnig und trocken.

Bei meiner Ankunft am Bora Flagship Store haben die meisten der 99 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, viele in radsportgerechter Kleidung, ihr Rad abgestellt und nutzen die Zeit für einen kurzen Plausch. Einige sind mit dem E-Bike gekommen, aber auch zahlreiche Rennräder sind dabei. Mit meinem Mountainbike bin ich eher in der Minderheit, das soll mich aber nicht schocken. Dass ich meine gepolsterte Radlerhose hätte anziehen sollen, wird dagegen später und in den kommenden Tagen eher zu einem Problem.

1,5 Kilometer mit dem Rad bergauf bei der Testfahrt durch Herford Oben im Flagship Store gibt Anna Otte von der Pro Herford nach Ansprachen von Bürgermeister Tim Kähler und Kreisdirektor Markus Altenhöner noch einige Sicherheitshinweise. Nach dem obligatorischen Gruppenfoto schwingen sich die Teilnehmer gut gelaunt aufs Rad.

Los geht es in angenehmem Tempo die Ahmser Straße hinunter, begleitet vom etwas schiefen Zwitschern der Vögel, wie ich mir einbilde. Erst nach einiger Zeit stelle ich mit leichtem Erstaunen fest, dass es meine quietschenden Bremsen sind, die für die Begleitmusik sorgen. Immerhin funktionieren sie jetzt und später einwandfrei. Bereits nach wenigen Hundert Metern muss die Kolonne erstmalig anhalten, damit das lang gezogene Fahrerfeld zusammenbleibt. Für die Sicherheit sorgen ein vorausfahrendes Begleitfahrzeug, Streckenposten und die Polizei in einem insgesamt gut funktionierenden Zusammenspiel.

Ernst wird es, als wir von der Salzufler Straße in die Kastanienallee einbiegen. Hier geht es knapp 1,5 Kilometer über die Ulmenstraße und die Stuckenbergstraße bis zur Vlothoer Straße bergauf. Für trainierte Radsportler ein Klacks, ich dagegen werde hier das erste Mal leicht kurzatmig, zumal die Spitze des Feldes mit dem Bürgermeister ein flottes Tempo vorlegt.

120 Profiradsportler fahren im August durch Herford Immerhin schaffe ich es, eine Frau auf einem E-Bike zu Beginn des Anstiegs kurzfristig zu überholen, falle aber anschließend erst mal zurück. Auf den Balkonen der Mehrfamilienhäuser links und rechts der Straße ist eher wenig los, immerhin winken uns vereinzelt Menschen zu, einige zücken ihre Handys. Bei der Deutschlandtour haben die Menschen hier auf den Balkonen sicher einen wunderbaren Blick auf die rund 120 Profiradsportler, die am 21. August hier in deutlich höherem Tempo vorbeifahren werden.

Kurz vor dem Kreisel Vlothoer Straße/Bismarckstraße/ habe ich einen Moment lang die Befürchtung, dass es nun rechts hoch in Richtung Stuckenberg geht. Das wäre eine wirklich fiese Steigung in Tour-de-France-Qualität. Zu meiner Erleichterung fahren wir aber die Bismarckstraße hinunter. Über die Kreuzung Mindener Straße geht es weiter geradeaus und anschließend rechts in die Werrestraße.

Für einen Abstecher in den Beach Club bleibt keine Zeit, allerdings gibt es wenig später erneut eine Pause, um das Feld zusammenzuführen. 99 Radler über eine Ampelgrünphase zu bringen, ist auch in Herford nicht so einfach. Es folgt ein kurzes Stück auf der B239, danach biegen wir links in die Goebenstraße und dann auf die Bünder Straße ab. Vorne bleibt das Tempo flott, das Feld zieht sich weit auseinander. Erst kurz hinter Sulo wird erneut pausiert, um alle wieder heranzuholen.

Lidl-Deutschland-Tour-Testfahrt pausiert an AFaM-Baustelle Allmählich nähern wir uns dem Ende der knapp 90-minütigen Fahrt. Kurz nach Überquerung der noch nicht vorhandenen Ziellinie Auf der Freiheit folgt an der Baustelle des Archäologischen Fensters am Münster (AFaM) ein kurzer Werbeblock des Bürgermeisters für das Eröffnungsfest, bevor es über Johannisstraße sowie Ahmser und Lockhauser Straße in Richtung Ausgangspunkt geht. Kurz vor dem Ziel fällt mir am Kreisel vor dem Ziel auf, dass wir schon zum zweiten Mal an einem großen Wahlplakat des Bürgermeisters vorbeifahren. Das ist sicher nur Zufall, denke ich mir.

Diese gegenüber einer Fahrt mit dem Auto deutlich veränderte Wahrnehmung der Umgebung ist im Übrigen etwas, das ich neben der frischen Luft am Radfahren besonders schätze. Obwohl ich mich in Herford gut auskenne, fallen mir immer wieder schöne und weniger schöne Dinge ins Auge, die mir bei Autofahrten entgangen waren.

Ich sollte häufiger wieder aufs Rad steigen (dann allerdings mit gepolsterter Radlerhose), denke ich mir nach der Ankunft, als es für die Teilnehmer Flammkuchen und Getränke gibt. Die Vorfreude auf die Lidl-Deutschlandtour ist in jedem Fall gestiegen. Ich werde versuchen, mir einen guten Zuschauerplatz zu sichern - dann natürlich in einem gut gepolsterten Stuhl mit einem schönen Blick von oben.

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