Großer Ärger in Gütersloher Kita: Reihenweise Erzieherinnen verlassen die Einrichtung

Gütersloh. In der Kita Vogelsbergstraße in Spexard ist erhebliche Unruhe entstanden. Innerhalb kurzer Zeit haben neun Erzieherinnen die städtische Einrichtung verlassen. Sie taten das auf eigenen Wunsch. Der Elternbeirat kritisiert, dass die Eltern darüber von der Kita-Leitung und der Stadt zu spät und unzureichend informiert wurden. Die Rede ist von einem &bdquo;massiven Vertrauensbruch“. Zudem sei zu befürchten, dass es der Stadt nicht gelinge, alle Stellen umgehend und mit qualifizierten Kräften nachzubesetzen. Das gehe zulasten der Kinder.

Viele der Erzieherinnen waren seit Jahren und Jahrzehnten in der Vogelsbergstraße tätig. Umso überraschter waren die Eltern, als sie kürzlich von dem Massenabschied erfuhren. In einem Brief der Kita-Leitung an die Eltern heißt es, die Erzieherinnen hätten sich &bdquo;aus persönlichen Gründen“ für den Wechsel entschieden. &bdquo;Einige suchen nach neuen beruflichen Herausforderungen in einer anderen städtischen Einrichtung oder bei einem anderen Träger“. Dass diese Veränderungen bei den Eltern möglicherweise Sorgen hervorrufen könnten, sei verständlich.

Tatsächlich empfinden die Eltern die aktuelle Situation &bdquo;als außerordentlich besorgniserregend und belastend“. So steht es in einem Brief, den die Vorsitzende des Elternbeirates, Anna Frischholz, im Namen der Eltern an Bürgermeister Matthias Trepper geschickt hat. Sie beklagt darin, dass es an Transparenz fehle. Den Eltern werde auch auf Nachfrage kein Grund für die Wechsel genannt.

Erhebliche Vorwürfe gegen Stadt Gütersloh

Die Erzieherinnen selbst halten sich laut Frischholz mit Auskünften zurück, da nahezu alle in Diensten der Stadt bleiben - die Stadt betreibt 22 Kitas mit rund 450 Beschäftigten. Hinter vorgehaltener Hand, so Frischholz, hätten die Erzieherinnen aber ihre Unzufriedenheit deutlich gemacht, speziell mit der Kita-Leitung. Diese ist seit dem 1. August 2024 neu.

In einem Leitfaden für ein Krisengespräch Ende Juli, auf das die Eltern gedrängt hatten, werden eine Reihe anonymisierter Zitate wiedergegeben, die diese Unzufriedenheit bestätigen sollen. Dazu gehören Äußerungen, wonach sich die Arbeitsbedingungen und die Kommunikation erheblich verschlechtert hätten. &bdquo;Es ist einfach nur schlimm hier. Ich bin froh, wenn es endlich vorbei ist“, lautet eine dieser Äußerungen. &bdquo;Wir sind bis zum obersten Ansprechpartner vorgegangen, und uns wurde nicht geholfen“, eine andere. &bdquo;Uns werden die Worte im Mund umgedreht“, so eine weitere. Der Gesprächsleitfaden schließt mit der Forderung, die Leitung auszutauschen. An dem Gespräch, das im Rathaus stattfand, nahmen unter anderem Trepper, Fachbereichsleiter Guido Bolz und Abteilungsleiterin Andrea Körber teil.

Die Eltern prangern einen Verstoß gegen rechtliche Bestimmungen an. Sie zitieren einen Paragrafen des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) NRW, wonach der Elternbeirat &bdquo;rechtzeitig und umfassend über wesentliche Entscheidungen zu informieren und vor Entscheidungen über personelle Veränderungen zur personellen Besetzung anzuhören ist“. Das sei in diesem Fall unterblieben. Die Versetzungsanträge der Erzieherinnen hätten schon seit Monaten vorgelegen. Der Beirat sei aber erst am 16. Juli informiert worden und die Elternschaft (via besagtem Elternbrief) erst am 18. Juli. Der Verdacht dränge sich auf, dass bewusst bis zu den Sommerferien gewartet worden sei, um die Unruhe gering zu halten. Am 4. August ging auch die Kita in ihre Sommerpause, für drei Wochen.

Nachbesetzung der Stellen in Gütersloher Kita offen

Sorge bereitet den Eltern, dass den Kindern wertvolle Bezugspersonen verloren gegangen seien. Sämtliche Erzieherinnen des U3-Bereichs, mit Ausnahme einer Fachkraft, hätten die Einrichtung verlassen. Das sei kurzfristig kaum zu kompensieren. Im Elternbrief vom 18. Juli berichtet die Kita-Leiterin, dass dafür ab August fünf neue Kolleginnen im Team aufgenommen würden. Aktuell seien noch 2,5 Stellen frei. Die Stadt kümmere sich darum, sie rechtzeitig zu besetzen. &bdquo;Der Wechsel des Personals wird sich nicht nachteilig auf die Betreuungssituation auswirken“, so die Leiterin.

Der Beigeordnete und Sozialdezernent Henning Matthes bestätigte am Freitag die Bemühungen der Stadt. Die personelle Besetzung der Einrichtung sei zum neuen Kindergartenjahr sichergestellt. &bdquo;Es verbleiben sowohl erfahrene Fachkräfte im Team als auch neue Mitarbeitende, die über die erforderlichen Qualifikationen verfügen. Ergänzend werden gezielt Fortbildungsangebote und Maßnahmen zur Teamentwicklung eingesetzt, um das Team in der aktuellen Phase zu stärken.“

Die Einrichtungsleitung wie auch die Stadt stünden für Gespräche zur Verfügung, um Fragen und Sorgen der Eltern aufzugreifen. Matthes: &bdquo;Personelle Veränderungen gehören – wie in vielen sozialen Einrichtungen – zum normalen Entwicklungsprozess.“ Die Kita-Leiterin sei &bdquo;eine erfahrene Führungskraft mit umfassender Fach- und Leitungskompetenz“. Bei den Eltern stoßen derlei Äußerungen auf Skepsis. &bdquo;Beschwichtigungsversuche“ seien das, so die Beiratsvorsitzende Frischholz. Fragen nach den exakten Qualifikationen der neuen Mitarbeiter lasse die Stadt unbeantwortet, &bdquo;wahrscheinlich bewusst, weil uns die Antwort nicht gefallen würde.“

Viele Kolleginnen sind unzufrieden mit dem Erziehungskonzept

Das Krisengespräch am 30. Juli habe wenig gebracht. Fachbereichsleiter Bolz (mittlerweile zum neuen Kämmerer in Herzebrock-Clarholz gewählt), habe dort zugegeben, dass die Stadt die Eltern erst spät informiert habe, um sie nicht zu beunruhigen. Die Stadt habe zunächst Lösungen finden wollen. Abteilungsleiterin Körber habe gesagt, es sei in jeder Kita normal, dass ein Wechsel stattfinde. Die neuen Erzieher würden die Einrichtung innerhalb von ein bis zwei Tagen kennenlernen. Und ja, eine Einarbeitung in derart kurzer Zeit sei möglich. Von Erzieherinnen in der Vogelsbergstraße liegen anonymisierte Aussagen vor, wonach ein Wechsel zwischen den verschiedenen städtischen Einrichtungen in der Tat mittlerweile oft vorzukommen scheinen.

Berichtet wird dort von einer Kollegin, die in sieben Kitas war, ehe sie zu einem anderen Träger wechselte, oder einer Kollegin, die binnen drei Monaten in drei Einrichtungen tätig war. Zu tun habe das mit der insgesamt knappen Personalausstattung in den Kindergärten, aber auch mit der Unzufriedenheit vieler Kolleginnen mit dem städtischen Erziehungskonzept. &bdquo;Wenn du nur Geld willst, bleib bei der Stadt. Wenn du glücklich sein willst, hau bloß ab“ - Zitat einer Erzieherin.

Inzwischen soll es bei der Stadt indes Überlegungen geben, sich von dem bisherigen Konzept (&bdquo;Berliner Modell“) zu verabschieden und ein neues (&bdquo;Peer Group“) einzuführen. In der Vogelsbergstraße befassen sich viele Eltern laut Frischholz inzwischen mit der Frage, ob sie ihre Kinder weiter dort betreuen lassen möchten. Bekanntermaßen sei es jedoch alles andere als einfach, alternative Betreuungsplätze zu finden. Das Gesprächsangebot der Stadt sei kaum mehr als eine Phrase, so Frischholz, denn die Mails der Eltern und auch die Telefonats-Versuche liefen fast immer ins Leere. Vor diesem Hintergrund sei es auch schwer, an die Zusage einer verlässlichen Kinderbetreuung zu glauben.

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