Aussage von Berat Nimani: Seine Anwälte befürchten erneutes Aufkeimen des Konflikts

Bielefeld. Bisher hatte Berat Nimani eisern geschwiegen. Doch am Dienstag, 7. Oktober, sollte der Hauptangeklagte im Prozess um die fast tödlichen Schüsse vor dem Bielefelder Landgericht erstmals aussagen. Weil seine Verteidiger Nicole Friedrich und Peter Wüller aber durch seine Aussage ein Wiederaufkeimen des gewalttätigen Konflikts zwischen der kosovarischen Familie des im März 2024 ermordeten Ex-Boxers Besar und der Familie seines Mörders Hüseyin A. befürchteten, fand diese Aussage unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 41-jährigen Bielefelder Berat Nimani bekanntlich vor, am 26. Februar 2025 nach Ende des damaligen Prozesstages den Angehörigen von Hüseyin A. – dem inzwischen verurteilten Mörder seines Bruders Besar – aufgelauert zu haben und aus Rache auf diese geschossen zu haben. Dabei soll er den Vater (63) und einen weiteren Mann mehrfach getroffen und lebensgefährlich verletzt haben.

Das Leben des Vaters konnte nur durch eine Not-OP gerettet werden. Darüber hinaus soll er noch einen weiteren Begleiter und den Bruder (25) von Hüseyin A. schwer durch Schüsse verletzt haben. Der Anklagevorwurf der Staatsanwaltschaft lautet &bdquo;vierfach versuchter Mord“.

Gericht sieht Schwester nur noch in der Rolle der Tatgehilfin Als mutmaßliche Mittäterin sitzt die 34-jährige Schwester von Berat Nimani ebenfalls auf der Anklagebank. Sie soll nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nach den ersten Schüssen aus einem fahrenden VW weitere Schüsse auf den 25-jährigen Bruder abgefeuert haben. Die Beweise gegen die 34-Jährige sind allerdings dünn. Keiner der Zeugen hatte sie mit einer Pistole in der Hand gesehen oder erkannt. Ihre Strafverteidiger, Burak Aydin und Leonard Mühlenfeld, hatten daraufhin sogar die Freilassung ihrer Mandantin beantragt. Diesen Antrag wiederholten sie am Dienstag, zogen ihn aber am Ende des Prozesstages wieder zurück.

Denn der Vorsitzende Richter der X. Großen Strafkammer, Christoph Meiring, hatte die Gelegenheit genutzt, um nach Abschluss der Beweisaufnahme den beiden Angeklagten einen &bdquo;rechtlichen Hinweis“ zu erteilen, ihnen also eine neue mögliche rechtliche Einschätzung des Falles zu erläutern. Demnach schließt die Kammer nach einer Zwischenberatung nicht mehr aus, dass die Schwester möglicherweise nur wegen &bdquo;Beihilfe zum versuchten Mord“ verurteilt werden und Berat Nimani nun auch die Schüsse aus dem Auto zur Last gelegt werden könnten.

Meiring erklärte, dass die Beweisaufnahme ergeben habe, dass Berat Nimani nach den ersten Schüssen an der Kreuzstraße in die Schmale Gasse geflüchtet sein und in das Auto eingestiegen sein könnte, welches mit seiner Schwester an Bord am Niederwall gewendet hatte. Demnach könnte es so gewesen sein, dass die 34-Jährige die Aufgabe gehabt haben könnte, ihren Bruder an der Kreuzstraße in den Fluchtwagen einsteigen zu lassen.

Berat Nimani könnte ins Auto gestiegen sein Weil die Polizei aber bereits die Straße gesperrt hatte, habe sie nicht mehr auf direktem Weg zu ihrem Bruder gelangen können. Sie lief zum Tatort, sah ihren Bruder nicht mehr und kehrte zum Auto zurück. Das belegt ein Zeugenvideo.

In diesem möglichen Tatszenario wendete der Fahrer das Fahrzeug – einen schwarzen VW T-Roc – mit der 34-jährigen Schwester auf dem Beifahrersitz, fuhr über die Wiese neben dem Niederwall zurück zur Neustädter Straße, wo rein theoretisch Berat Nimani genug Zeit gehabt hätte, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen, wo zuvor Zeugen seine Schwester haben sitzen sehen. Sie könnte also für ihn Platz gemacht haben. Das passt auch zu der Auswertung der Handydaten der Schwester, wie Verteidiger Burak Aydin mitteilte.

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Laut den Ermittlungen der Mordkommission &bdquo;Kreuz“ sei das Handy seiner Mandantin von 12.45 bis 14.14 Uhr durchgängig in einem Funkmasten eingeloggt gewesen, zu dem auch der Bereich Kreuzstraße gehöre, während die GPS-Daten des Fluchtautos sich in dieser Zeit durch Bielefeld bewegt habe.

Zeugen hatten Mann auf dem Beifahrersitz erkannt Deshalb sei es aus Sicht der Kammer möglich, so Meiring, dass Berat Nimani auch für die Schüsse aus dem fahrenden Auto verantwortlich sein könnte. Das passe dann auch zu den Aussagen der Augenzeugen, die direkt an der Kreuzstraße auf dem Beifahrersitz einen Mann mit kurzen Haaren oder Glatze erkannt haben wollen, als die Schüsse auf den 25-jährigen Bruder von Hüseyin A. fielen.

.responsive23-8SYdocIKoL5eCzET-map-karte-schuesse-landgericht { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-8SYdocIKoL5eCzET-map-karte-schuesse-landgericht { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-8SYdocIKoL5eCzET-map-karte-schuesse-landgericht { padding-top: 142.86%; } } Das Gericht sieht inzwischen also Berat Nimani als alleinigen Haupttäter und seine ursprünglich ebenfalls wegen vierfach versuchten Mordes angeklagte Schwester als Komplizin, die die Flucht ihres Bruders ermöglichen sollte. Juristisch läge der Tatvorwurf hierbei nur bei &bdquo;Beihilfe zum versuchten Mord“.

Aussage des Angeklagten könnte Konflikt wieder anheizen Als anschließend die erste Aussage des Hauptangeklagten geplant war, machte Strafverteidigerin Nicole Friedrich deutlich, dass selbst die Aussagen ihres Mandanten zur Person schutzwürdige Interessen betreffen würden, die einen Ausschluss der Öffentlichkeit zur Folge haben müssten. Sie deutete an, dass die Explosion im Barbershop an der Otto-Brenner-Straße ein Indiz für diese Eskalation sein könnte und erklärte, dass Berat Nimanis Angaben dazu geeignet seien, den nachweislich gewalttätigen Konflikt zwischen den verfeindeten Familien nun erneut anzuheizen.

Das Gericht kam diesem Wunsch nach und betonte, dass der Schutz der Familie der Angeklagten in diesem Fall über dem öffentlichen Interesse stehe und deshalb für die kurze Aussage des Hauptangeklagten die Öffentlichkeit auszuschließen sei. Für den nächsten Prozesstag kündigten die Verteidiger beider Angeklagten weitere Einlassungen ein.

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