Warburger Sondengänger im Porträt: Vom Kick, Geschichte aus der Erde zu ziehen

Warburg. Sondengänger suchen den Kick. &bdquo;Nicht zu wissen, was man als Nächstes aus der Erde zieht“, nennt Stefan Drese den Reiz. Und wer einmal etwas gefunden hat, den lässt es nicht mehr los. Ob steinzeitliche Siedlung, bronzezeitlicher Grabhügel oder die mittelalterliche Burg: &bdquo;Geschichte liegt unter unseren Füßen“, zitiert Drese die Archäologen. Im Boden sei das kulturelle Erbe verborgen. Derzeit stellt der 48-Jährige einen Großteil seiner Funde im Warburger Stadtmuseum aus. Mit dem Metalldetektor und kundigem Auge hatte sich Drese der Wüstung Papenheim angenommen. Ständig auf der Suche nach antiken Schätzen. &bdquo;Bei Wind und Wetter.“

Unabhängig von der persönlichen Motivation: Für dieses Hobby gelten Regeln und Gesetze. Drese ist lizenzierter Sondengänger. Die Lizenz müsse er regelmäßig neu beantragen, erklärt er. Rund 600 Sondengängerinnen und Sondengänger gebe in Westfalen, weiß Museumsleiter Alexander Schwerdtfeger-Klaus. Der gelernte Kaufmann, der heute als Erzieher in Warburg arbeitet, ist einer von ihnen. Ein Jäger der verlorenen Schätze?

So möchte Drese sein Hobby nicht verstanden wissen. Aus Neugier habe er vor Jahren einen Bekannten begleitet, &bdquo;der mit einem Detektor über die Felder ging“. Zugleich verfolgte er eine Schatzsucher-Dokuserie aus Kanada im TV. Das Interesse war geweckt, wurde zur Passion. &bdquo;Zeitgeschichte in der Hand“ zu halten, das habe schon etwas Besonderes, sagt Drese. Dagegen habe er den Geschichtsunterricht in der Schule &bdquo;als unspektakulär“ empfunden. Durch die Sondengänge habe er einen völlig anderen Bezug zu historischen Geschehnissen bekommen.

Münzen, Schmuck, Fibeln aus dem Warburger Ackerboden Das wüst gefallene Kirchdorf Papenheim: Seit 1988 ist die Lage der ehemaligen Kirche St. Jakobus bekannt. &bdquo;Sie lag unweit des heutigen Modellflugplatzes bei Menne“, sagt Drese. Durch Zufall habe er davon erfahren. In der Diemelaue habe er einen Landwirt angesprochen, ob er nicht einen Acker habe, &bdquo;auf dem ich mich austoben kann“. Der wies auf die Felder zwischen Warburg und Menne hin. Drese macht seine ersten Funde und bleibt dem Gebiet, in dem gesiedelt und gekämpft wurde, treu. &bdquo;Es hatte mich gepackt“, sagt er. Münzen, Schmuck, Fibeln und Alltagsgegenstände, die er aus der Erde holt, erzählen von den Menschen, die in der untergegangenen Ortschaft lebten. &bdquo;Sie liefern spannende Einblicke in das Alltagsleben einer mittelalterlichen Dorfgemeinschaft“, sagt er.

Manche Relikte, die er zwischen den Jahren 2019 und 2022 fand und aktuell im Beyer-Saal ausgestellt sind, sind aber auch einmal gleich mehrere Tausend Jahre alt. Wie die Pfeilspitze aus Feuerstein, vor gut 4.000 Jahren abgeschossen. &bdquo;Ein Sichtfund“, sagt Drese. Ebenso wie die ausgestellte Glasperle, die kein Metalldetektor finde. &bdquo;Man sieht solche Dinge nur, wenn sie obenauf liegen.“ Saubergewaschen: &bdquo;Am besten, nach einem Regenschauer“, sagt Drese. Solche Artefakte kämen durch natürliche Erdbewegungen an die Oberfläche. Oder durch die Landwirtschaft. &bdquo;Der Pflug dreht bis in 30 Zentimeter Tiefe alles auf links“, merkt er an.

Highlights in den Vitrinen des Warburger Museums Drese findet auf dem Areal Fragmente eines Wendelhalsrings aus der Eisenzeit, ein Brustkreuz und eine Lunulafibel aus dem Mittelalter, Gold- und Silbermünzen. Sie alle lagen nur wenige Hundert Meter vom Standort der ehemaligen Papenheimer Kirche entfernt verborgen im Ackerboden. Mit rund 200 weiteren Exopate sind sie jetzt noch bis Ende November in den Vitrinen im Museum im &bdquo;Stern“ ausgestellt.

Wer mit dem Detektor auf die Suche gehen möchte, muss sich beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in Münster anmelden und eine entsprechende Schulung besuchen. &bdquo;Wer auf eigene Faust auf Schatzsuche geht, zerstört Bodendenkmäler“, merkt Stefan Drese an. Und damit wertvolles Wissen. Solche Eingriffe in ein Bodendenkmal seien illegal. Funde müssen den Archäologen des Landschaftsverbandes gemeldet werden, &bdquo;die dann entscheiden, wie es damit weitergeht.“ Eine Panzergranate, 88 Millimeter, aus dem Zweiten Weltkrieg meldet er der Polizei. Die sperrt die Stelle ab, ruft den Kampfmittelräumdienst.

Für Sondengängerinnen und Sondengängern gelten Gesetze Viele laufen los, ohne sich zuvor über das Sondeln zu informieren, ohne den Besitzer des Grundstücks zu fragen, und melden auch ihre Funde nicht. Sogenannte Raubgräber, deren Funde dann der Nachwelt entzogen sind. &bdquo;Es ist eine Straftat“, warnt Drese. Im Internet kursierten eine Menge fehlerhafter Aussagen über die Einsatzbedingungen eines Metalldetektors. &bdquo;Für Sondengängerinnen und Sondengängern gelten Gesetze“, macht Drese aufmerksam.

Der Familienvater schätzt die Zusammenarbeit mit den Archäologen des Landschaftsverbandes, das Vertrauen, das ihm die Fachleute der Bielefelder Außenstelle für Archäologie entgegenbringen.

Das &bdquo;Schatzregal“ des Landschaftsverbandes in Münster Fürs &bdquo;Schatzregal“ legt Drese zwei Mal im Jahr seine Funde dem LWL vor. Nach Sichtung werden sie beurteilt &bdquo;und landet gegebenenfalls als Schatzregalfund im Depot“, sagt Drese. Fünf, sechs solcher Schatzregalfunde im Münsteraner Magazin gehen auf sein Konto, dienen wissenschaftlichen Zwecke. Ist der Fund derart von den Fachleuten qualifiziert, ist auch mal ein Fundgeld drin, das sich Sondengänger und Grundstückseigentümer teilen. Zu den &bdquo;Schätzen“ Dreses gehört beispielsweise eine spätantike Goldmünze, &bdquo;eine Tremissis“, nennt Drese den Fachausdruck, die römischen Münzen nachempfunden seien. Eine weitere Goldmünze, die bei Papenheim liegen geblieben war, stammt aus dem Jahr 1814. Allgemein werde der gute Erhaltungszustand gelobt, macht Drese auf die &bdquo;Sahnestückchen im Museum“ neugierig.

Die Ausstellung im Museum ist für den Sondengänger ein &bdquo;Ritterschlag“ Das Sondengehen: Ein Hobby, das nicht erst zu Coronazeiten boomt. &bdquo;Frische Luft, Ruhe und Bewegung“, blickt Drese auf die Gesundheit. &bdquo;Man bekommt den Kopf frei.“ Und ein Hobby, das auch kostet. Metalldetektoren, mit billigem Geld erworben, &bdquo;piepen und blinken“, sagt Drese. Seien kaum mit einem professionellen Gerät zu vergleichen. Drese möchte mehr als Aufreißlaschen von Getränkedosen und Kronkorken finden. Da biete eine Wüstung schon mehr. &bdquo;Da wurde gelebt“, sagt Drese. Seine Ausrüstung wird derzeit im Museum präsentiert.

Seine Entdeckungen jetzt der breiten Öffentlichkeit vorstellen zu dürfen, empfinde er als &bdquo;Ritterschlag“, als Wertschätzung. Die Einladung des Museumsvereins, Geschichte anhand von Artefakten lebendig werden zu lassen, habe er gern angenommen. Die Funde aus Papenheim sollten nicht irgendwo im Karton verschwinden.

Für Sonntag, 26. Oktober, lädt der Verein zum Gespräch mit Stefan Drese ins Warburger Stadtmuseum an der Sternstraße ein. Ab 15 Uhr wird der Sondengänger Einblicke in seine historische Spurensuche geben und Fragen beantworten.

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