Politik will stärker abschieben – doch in OWL scheitern Hunderte Versuche

Bielefeld/Düsseldorf. Mit ihrem verschärften Migrationskurs verfolgt die CDU-geführte Bundesregierung das Ziel, Menschen schneller abzuschieben. Exklusive Zahlen aus OWL zeigen, wie schwierig und komplex das ist.

Die Ausländerbehörden in OWL haben in den vergangenen fünf Jahren mehr als 1.300 Menschen abgeschoben. Das belegen Zahlen der Kreise und Städte auf Anfrage dieser Redaktion. Im gleichen Zeitraum sind aber auch mehr als 730 Abschiebungen gescheitert. Das Land reagiert nun.

Zum Hintergrund: Eine ausländische Person ist zur Ausreise verpflichtet, wenn sie einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt. Die Behörden versuchen zunächst, die Menschen von einer freiwilligen Ausreise zu überzeugen, zum Beispiel mit Geld. Das traf in NRW seit 2021 in 28.000 Fällen zu. Ausländische Straftäter oder Gefährder werden laut NRW-Fluchtministerium hingegen mit &bdquo;hoher Priorität“ zurückgeführt.

Im Kreis Paderborn sind 243 Rückführungen gescheitert Überwiegend handele es sich bei den Abzuschiebenden um allein reisende und jüngere Männer, davon in &bdquo;nicht unerheblicher Anzahl“ auch straffällige Personen, teilt die Stadt Bielefeld mit. OWL-weit wurden im Kreis Lippe seit 2020 mit rund 350 die meisten Rückführungen durchgeführt. Die exklusiven Zahlen zeigen aber, dass die Versuche oft auch scheitern. So haben die Behörden im Kreis Paderborn seit 2020 zwar 141 Abschiebungen durchgeführt; dem gegenüber sind aber 243 Rückführungen gescheitert.

Oft haben die Betroffenen keine Papiere, die erst beschafft werden müssen. Einige Länder nehmen die Personen nicht zurück; auch Flugbuchungen gestalten sich nach Angaben des Kreises Lippe oft schwierig. Zudem könnten viele Rückführungen nur in Amtshilfe mit der Polizei durchgeführt werden.

Der verschärfte Kurs der Bundesregierung macht sich in NRW in Zahlen noch nicht bemerkbar. Bis Ende Oktober kam es landesweit zu knapp 4.100 Abschiebungen, vor allem in die Türkei, nach Serbien, Albanien, Marokko und Georgien. Im Vorjahr waren es 4.400. Bis dahin zeigte der Trend klar nach oben – 2020 wurden noch 2.800 Menschen abgeschoben. Landesweit scheitert laut Ministerium im Schnitt sogar jede zweite Abschiebung. In diesem Jahr traf das in NRW bislang auf 4.020 Fälle zu.

Flüchtlingsrat NRW übt Kritik an neuer Abschiebeanstalt In einigen Situationen tauchen die Personen vorher ab – und sind deshalb nicht anzutreffen. Die Behörden versuchen, einige der Menschen kurz vor der Ausreise in einer Abschiebehaftanstalt unterzubringen. Die einzige Einrichtung in NRW ist in Büren im Kreis Paderborn. Sie ist die größte Anstalt Deutschlands – und stark ausgelastet. Weil Personal fehlt, versucht die Bezirksregierung aktuell, Pensionäre zurück in den Dienst zu holen – eher erfolglos. Auch deshalb treibt die Landesregierung derzeit Pläne für eine zweite Abschiebehaftanstalt in Mönchengladbach voran.

&bdquo;Wir lehnen das klar ab“, sagt Birgit Naujoks. Die Vorsitzende des Flüchtlingsrats in NRW kritisiert, dass die Politik ihren Fokus nun mehr auf Rückführungen statt auf das Bleiberecht richte. Das Ministerium beteuert hingegen, dass Menschen, &bdquo;die Schutz bei uns suchen“, diesen auch finden würden. Sollte kein Bleiberecht vorliegen, sei eine freiwillige Rückkehr das &bdquo;wirkungsvollere Instrument“.

Politik will stärker abschieben – doch in OWL scheitern Hunderte Versuche

Jede zweite Abschiebung aus NRW klappt

„Nächste Schuldzuweisung“: Wie OWL-Behörden nach dem Solingen-Attentat unter Druck standen

Nur wenige weibliche Abschiebehäftlinge aus NRW

„Überlastet und ineffizient“: Ein Mitarbeiter einer Ausländerbehörde in OWL berichtet

Viele Kinder und Jugendliche betroffen: So viele Menschen in OWL sind wohnungslos

Mehr Abschiebungen aus NRW

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus