Nach Unfall mit E-Scooter-Fahrerin: Rollstuhlfahrer hat Angst um seine Selbstständigkeit

Minden. Ein vermeintlich leichter Zusammenstoß mit einer E-Scooter-Fahrerin hat für Malte Kindermann aus Minden unerwartet schwere Folgen. Der 38-jährige Rollstuhlfahrer brach sich bei dem Unfall in der vergangenen Woche vier Knochen in seinem rechten Fuß und liegt derzeit im Johannes-Wesling-Klinikum (JWK). Neben dem Schock treibt ihn besonders eine Frage um: Wird er sein eigenständiges Leben weiterführen können - oder ist er in Zukunft dauerhaft auf Unterstützung angewiesen?

Malte Kindermann wurde mit einer Zerebralparese geboren, die ausschließlich seine Beine betrifft. Das heißt: Seine Mobilität ist eingeschränkt, er kann nur wenige Meter mit Krücken zurücklegen. Sein Aktivrollstuhl begleitet ihn daher ständig – und ermöglicht ihm dennoch, auch über Feldwege und Bordsteinkanten zu kommen. &bdquo;Das ist schon sehr viel wert“, so Kindermann. Denn so kann er seinen Alltag eigenständig bewältigen.

&bdquo;Ich habe eine barrierefreie Wohnung, in der ich seit elf Jahren lebe und gut alleine zurechtkomme“, sagt der Mindener. Neben seinem Job engagiert er sich bei der Mindener Museumseisenbahn und ist Mitglied im Verein. Ab und zu fahre er auch mit der Bahn mit, sagt Kindermann.

Seinen rund 30-minütigen Arbeitsweg zum Kreistagsgebäude an der Portastraße legt er zudem üblicherweise mit dem Rollstuhl zurück - so auch am 4. Dezember.

Mindener erleidet vier Brüche im rechten Fuß Malte Kindermann ist an diesem Tag auf dem Gehweg der Ringstraße in Richtung Birne unterwegs, als eine E-Scooter-Fahrerin plötzlich mit seinem Rollstuhl kollidiert. &bdquo;Ich habe nur einen schwarzen Schatten wahrgenommen und dann fiel sie auch schon halb auf mich drauf“, berichtet der 38-Jährige. Die Fahrerin bleibt nach ersten Erkenntnissen unverletzt, tauscht sich mit dem Mindener aus und gibt ihm ihre Telefonnummer - offenbar mit einem Zahlendreher. Danach trennen sich die Unfallbeteiligten.

&bdquo;Ich habe erst überlegt, ob ich zu meiner Hausärztin fahren soll, bin dann aber weiter zur Arbeit. Mein Fuß tat etwas weh, aber ich konnte ihn noch bewegen“, sagt Kindermann. Auf der Arbeit habe sich sein Zustand aber weiter verschlechtert - auch sein Fuß sei zunehmend angeschwollen. &bdquo;Ich hatte schon ein komisches Gefühl und meine Kollegen haben schließlich einen Krankenwagen gerufen, der mich ins Klinikum gefahren hat“, sagt Malte Kindermann.

&bdquo;Bin ich künftig auf Hilfe angewiesen?“ Dort wird sein Fuß geröntgt, doch auf den Bildern ist zunächst nichts Auffälliges zu erkennen, erinnert er sich. Erst ein CT bringt Klarheit: Der Rollstuhlfahrer hat vier Brüche im rechten Fuß. Noch am selben Tag wird er operiert. Seit Sonntag fühle sich der Fuß wieder gut an, doch Kindermann macht sich trotzdem Sorgen: &bdquo;Ich darf den Fuß nicht stark belasten, höchstens mal auftreten.“

Das Bittere: Das rechte Bein war schon immer sein Stärkeres und habe mehr Belastung vertragen. Zum Zähneputzen muss er zum Beispiel zu Hause immer kurz aufstehen, berichtet Kindermann. Das Gleiche gelte, wenn er Teller aus einem Schrank holt. Derzeit sei das noch undenkbar. &bdquo;Ich frage mich: Geht das alles wieder so wie früher oder bin ich künftig auf Hilfe angewiesen?“

Wie geht es weiter? Wie es für den 38-Jährigen weitergeht, soll sich in den kommenden Wochen entscheiden. Ärzte und Sozialdienst prüfen derzeit, welche Unterstützung er vorübergehend braucht – und wie schnell er wieder in seinen Alltag zurückkehren kann. &bdquo;Alleine komme ich derzeit nicht in meiner Wohnung zurecht“, sagt Kindermann. Seine Familie wohne nicht in der Nähe und auch seine Freundin sitze im Rollstuhl.

In sechs bis acht Wochen werde sein Fuß erneut untersucht. Dann zeigt sich, ob die Knochen wieder richtig zusammengewachsen sind, sagt Kindermann. Er hoffe, dass er danach keine weiteren Einschränkungen haben werde, denn sollte er den Fuß nicht mehr richtig belasten können, sei auch sein Engagement in dem Verein der Mindener Museumseisenbahn in Gefahr: &bdquo;Dadurch würde ich nicht nur mein Hobby, sondern auch viele soziale Kontakte verlieren.“

Bis dahin will er aber optimistisch bleiben: &bdquo;Ich habe mir meinen Schulabschluss, meine Ausbildung und mein eigenständiges Leben so hart erarbeitet - und will alles dafür tun, dass ich es wie bisher weiterführen kann.“

Nach Unfall mit E-Scooter-Fahrerin: Rollstuhlfahrer hat Angst um seine Selbstständigkeit

Gefährliche Kante: Rollstuhlfahrer aus Bünde hat Angst

„Alle suchen Personal, wollen mich aber nicht“: Mindener kämpft um einen Arbeitsplatz

Antisemitischer Zwischenfall an der Bielefelder Universität: „Es war bedrohlich“

Villa, Ferrari - und Bürgergeld? NRW will Straftätern illegales Vermögen wegnehmen

„Es geht nicht mehr“: Paket-Wahnsinn bringt Postmitarbeiter aus OWL an ihre Grenzen

Clan-Kriminalität in OWL: Bielefeld, Lippe und Minden mit Hunderten Straftaten

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus