Sieben Tipps für ein stressfreies Weihnachten in Patchworkfamilien

Bielefeld. Weihnachten steht vor der Tür. Es gibt wohl kaum ein Fest, das in Familien gleichermaßen geliebt wie gefürchtet ist. Der zeitliche Ablauf, das Essen und die Geschenke bieten Anlass zu Diskussionen. Was für viele Kleinfamilien bereits eine Herausforderung ist, birgt für Patchworkfamilien mitunter besondere Fallstricke.

Die Familienberaterinnen und Familienberater der AWO in Bielefeld geben Tipps aus der Praxis, wie klassische Konflikte in Patchwork-Konstellationen besser bewältigt werden können. Denn allein die Anzahl der beteiligten Personen führe dazu, dass viele unterschiedliche Bedürfnisse miteinander in Einklang gebracht werden müssten, so Jan Müller, Psychologe der AWO-Beratungsstelle.

Wo verbringen die Kinder den Heiligen Abend? Gibt es Kartoffelsalat mit Würstchen oder Rotkohl und Ente? Wie teuer dürfen die Weihnachtsgeschenke sein? Zerstrittene Ex-Partner müssen sich im schlechtesten Fall nicht nur darüber einigen, sondern auch noch bis zu acht Großeltern in das Vorgehen einbeziehen. Deswegen lautet der erste Ratschlag:

Tipp 1: Frühzeitig planen Sobald der erste Stern in den Schaufenstern hängt, sollten die Familienmitglieder mit der Planung des Festes beginnen, so Volker Magsamen, Leiter der Beratungsstelle. Ein guter Startpunkt könnte sein, das Kind zu fragen, was es schön fände an Weihnachten. Eltern sollten bei allen Planungen die Perspektive des Kindes in den Vordergrund stellen. &bdquo;Denn Weihnachten ist ja das Fest der Kinder“, ergänzt Müller.

Tipp 2: Zeitlich flexibel denken Für viele Menschen ist der 24. Dezember der wichtigste Tag rund um Weihnachten. Darum wird in Patchworkfamilien die Frage, wer an diesem Tag die Kinder bei sich hat, besonders emotional diskutiert. Die Familienberaterinnen und -berater empfehlen, sich nicht auf den Heiligabend zu fokussieren und zeitlich flexibler zu denken.

Es könne auch befreiend sein, den Großeltern an Weihnachten abzusagen und sich auf die sogenannte Kernfamilie in der neuen, erweiterten Konstellation zu konzentrieren, so Müller. &bdquo;Nicht alles muss an den drei Weihnachtstagen geschehen.“ Wenn die Kinder von Familie zu Familie hetzen, würden die Feiertage schnell überladen und es fehlten wichtige Ruheinseln zum Ausruhen, Verarbeiten und Spielen, ergänzt Psychologin Anke Niemeier-Hellberg.

Wenn der Umgang ein besonders strittiges Thema ist, könne auch ein besonderes Modell zur Verteilung der Betreuungszeiten helfen, sagt Müller. In dem Modell wird zunächst festgelegt, wann Elternteil 1 und wann Elternteil 2 die Kinder sieht. Erst danach wird gewürfelt, wer von den beiden Ex-Partnern Elternteil 1 und Elternteil 2 ist. Doch Müller gibt zu bedenken: &bdquo;Das ist natürlich eine oberflächliche Lösung.“ Besser wäre es, das Fest nicht hochzustilisieren und Leichtigkeit im Umgang damit zu finden.

Tipp 3: Alte Rituale loslassen Aus der Beratungspraxis erinnert sich Niemeier-Hellberg an ein getrennt lebendes und zerstrittenes Paar, das gemeinsam mit den Kindern Weihnachten feiern wollte. &bdquo;Ganz nach dem Motto: Wenn wir es sonst nicht hinbekommen, dann doch wenigstens an Weihnachten.“ Doch das, sind sich alle Mitarbeitenden einig, sei keine gute Idee. Wenn etwas den Rest des Jahres nicht funktioniere, dann erst recht nicht an Weihnachten. &bdquo;Man kann nicht so tun, als gäbe es die Probleme nicht“, so Niemeier-Hellberg.

Auch wenn der gemeinsame Gang zum Gottesdienst, der Ausflug auf die Schlittschuhbahn oder das Vorbereiten des Weihnachtsmenüs schöne Erinnerungen seien, könnten sie oft nicht aufrechterhalten werden. Patchworkfamilien müssten sich eingestehen, was nicht mehr geht, und lernen, alte Rituale loszulassen.

Tipp 4: Neue Traditionen entwickeln Eine der großen Chancen von Patchworkfamilien ist es, neue Traditionen zu entwickeln. &bdquo;Da viel mehr Erwachsene involviert sind, können die Wünsche der Kinder auf viele Schultern verteilt werden“, sagt Müller. Denn meistens gebe es für jeden Bereich einen &bdquo;Experten“: die sportliche Schlittschuhläuferin, den besten Koch, die entspannte Vorleserin.

Tipp 5: Auf einen finanziellen Rahmen für Geschenke einigen Beim Thema Geschenke entstehe leicht Konkurrenz, so Jan Müller. Einerseits könne unter den Halbgeschwistern die Frage aufkommen, ob man gerecht beschenkt wurde. Andererseits passiere es, dass das Elternteil mit der geringeren Umgangszeit versucht, mit besonders teuren Geschenken etwas zu kompensieren. Das andere Elternteil fühle sich dabei schnell unterlegen. Es könne helfen, die Kosten für Geschenke hälftig aufzuteilen oder eine Obergrenze für den Wert der Geschenke festzulegen.

Tipp 6: Eltern stellen ihre Bedürfnisse zurück Eltern sollten es unbedingt schaffen, ihre eigenen Bedürfnisse an Weihnachten zurückzustellen und in der Erwachsenenrolle zu bleiben. Ein Kind mit besonderen Versprechen vom Partner wegzulocken oder ihm komplett allein die Entscheidung zu überlassen, bei wem es sein wolle, stelle eine Überforderung dar, sagt Stefanie Schäfer, Pädagogin in der Beratungsstelle. Denn Kinder wollten normalerweise niemanden enttäuschen und gerieten so in Loyalitätskonflikte. Besser sei es, sich als Eltern abzusprechen und das Kind im Anschluss zu fragen, was es von der Regelung hält.

Tipp 7: Ehrliches Resümee ziehen Viele Familien stellten sich Weihnachten schwieriger vor, als es im Nachhinein gewesen sei, sagt Sandra Eimterbäumer, Pädagogin der Beratungsstelle. Sinnvoll sei es in jedem Fall, ein ehrliches Resümee zu ziehen und sich zu fragen: Was war schön? Wo müssen wir nochmal ran? Die Regel dazu sei recht simpel: &bdquo;Wenn etwas nicht funktioniert, sollte man es einfach nicht wiederholen“, sagt sie.

Denn so schwierig vieles in einer Patchworkfamilie sei, könne die Form des Zusammenlebens auch die Möglichkeit beinhalten, sich von Altem zu trennen und neue Rituale und Bräuche für die Festtage zu entwickeln . Magsamen fügt hinzu: &bdquo;Die Eltern sollten in der ganzen Sache sich selbst nicht zu ernst und auch beim Scheitern den Humor nicht verlieren .“

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