Anweisung aus Detmold: Bielefeld muss neue Förderschule gründen

Bielefeld. Erstklässlerin Kayla trägt Windeln, trinkt aus der Babyflasche, spricht nur ganz wenige Worte, ist im Gemeinsamen Lernen (GL) laut Gutachten absolut fehl am Platz – und musste trotzdem an einer Bielefelder Regelgrundschule starten, mit 26 Kindern in ihrer Klasse. Weil sie dort &bdquo;aus Überforderung nur schreien und stören würde“, wurde sie in einem separaten Raum betreut, und nur für zwei bis maximal vier Stunden am Tag. Kein Einzelfall: In Bielefeld fehlen Förderschulplätze für Geistige Entwicklung (GE). Das Problem ist seit Jahren bekannt, und die Zahlen steigen.

Das bestätige auch die aktuelle Schulentwicklungsplanung für die Förderschulen in Bielefeld, so Susanne Beckmann, Leiterin des Amtes für Schule. Und zahlreiche Gespräche mit verzweifelten Eltern, ergänzt die neue Oberbürgermeisterin Christiana Bauer beim Pressegespräch am Mittwoch. Da verkündete die Stadt, dass sie eine Förderschule Geistige Entwicklung gründet. Sie soll bereits zum kommenden Schuljahr 2026/27 an den Start gehen.

&bdquo;Aufgrund der Kürze der Zeit vorerst in einem barrierefreien Interim“, berichtet Schuldezernentin Birgit Beckermann. Perspektivisch sei ein Neubau angedacht. An welchem Standort, in welchem Kostenrahmen und weitere Details seien noch offen. Ebenso, wo der Übergangsstandort sein wird. Das Vorhaben sei &bdquo;sehr ambitioniert“, das Thema sei ein &bdquo;ganz wichtiges und dringendes mit hoher Priorität“, so Bauer und Beckermann.

Bielefeld muss gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen Aufgrund der nicht ausreichenden Kapazitäten habe die Bezirksregierung Detmold die Stadt als zuständigen Schulträger jetzt &bdquo;ganz klar“ aufgefordert, bis spätestens zum Schuljahr 2026/2027 zusätzliche Förderschulplätze mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung zu schaffen, um der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.

Obwohl die Mamre-Patmos-Schule und die Schule am Möllerstift, zwei der drei Bielefelder Schulen in freier Trägerschaft, die Plätze für Kinder mit Förderbedarf GE anbieten, in den vergangenen zwei Jahren zwei zusätzliche Klassen eingerichtet hätten, hätten 20 Kinder in diesem Schuljahr keinen Förderschulplatz bekommen, berichtet Annette Mühlenmeier, Schulamtsdirektorin und Schulaufsicht für Förderschulen des Staatlichen Schulamts.

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf, vor allem im Bereich GE, sei kontinuierlich gewachsen. Hinzu komme, dass sich der Blick auf Inklusion geändert habe. &bdquo;Vor Jahren haben noch alle aufs gemeinsame Lernen gesetzt“, sagt Beckermann. Landesweit wurden Förderschulen geschlossen. Aber Förderschulkinder mit in Regelklassen zu unterrichten, stoße trotz sehr professionellen Arbeitens an Grenzen. Die Klassen seien nicht vergleichbar mit kleinen Lerngruppen an Förderschulen.

Förderschulplätze: Stadt Bielefeld setzt Beschluss um Die 24 der 49 Grundschulen der Stadt würden selbstverständlich weiterhin das gemeinsame Lernen anbieten. Ziel sei es, alle Kinder bestmöglich bei ihrer Entwicklung und beim Lernen und bei der gesellschaftlichen Teilhabe zu fördern, &bdquo;möglichst wohnortnah und individuell“. Mit der Gründung der neuen Förderschule baue die Stadt das Schulangebot passgenau aus und setze den politischen Beschluss vom 17. Juni um, so Bauer. Entsprechende Lehrkräfte und - möglichst zeitnah - auch eine Schulleitung zu gewinnen, sei Aufgabe der Bezirksregierung.

Die Fraktionssprecher und die schulpolitischen Sprecher seien am Dienstag über die Neugründung informiert worden, die Reaktionen seien &bdquo;sehr positiv“. &bdquo;Wir starten mit zwei bis drei Klassen im ersten Jahrgang“, ergänzt Mühlenmeier . Voll ausgebaut werde die Schule etwa 300 Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt GE unterrichten, von Jahrgang eins bis 13, inklusive Berufsschulklasse.

Bisher gibt es in Bielefeld 13 Förderschulen, vier davon in städtischer Trägerschaft. Neun Förderschulen werden von freien Trägern betrieben, darunter die Lernhaus Lebenshilfe gGmbH, die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel sowie der Verein Sonnenhellweg-Schule. Mit ihnen stehe die Stadt in engem Austausch, so Beckmann. Die neu gegründete Förderschule sei die erste der Stadt mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung. Für Förderschwerpunkte wie körperliche und motorische Entwicklung, Hören, Sehen oder Sprache (Sekundarstufe l) sei der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zuständig und erstelle hierfür eine eigene Schulentwicklungsplanung.

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