Paderborn (rom). Nach der Schließung des Werkes in Paderborn hat Hella den betroffenen Mitarbeitern neue Arbeitsplätze im Stammwerk in Lippstadt in Aussicht gestellt. Alle 700 Beschäftigten aus Paderborn sollten dort eine neue Perspektive erhalten, hatte der Vorsitzende der Hella-Geschäftsführung Dr. Rolf Breidenbach bei der Pressekonferenz in Paderborn betont. Was Breidenbach nicht erwähnte ist, dass diese Übernahme an Vorbedingungen geknüpft ist und somit noch gar nicht sicher scheint.
Hella-Firmenchef Dr. Jürgen Behrend (persönlich haftender Gesellschafter des Familienunternehmens) ging da schon mehr ins Detail, als er in Lippstadt die neue Marschrichtung bekannt gab. Demnach sollen die 514 Hella-Mitarbeiter aus Paderborn das Angebot erhalten, nach Lippstadt zu wechseln. Für die 177 bei Hella-Paderborn beschäftigten Leiharbeiter der Firma Avitea sollen "Arbeitsplätze in der Region gefunden werden".
Das Übernahmeangebot für die Paderborner Mitarbeiter, so Behrend, gelte auch nur unter der Voraussetzung, dass die Ende dieses Jahres auslaufenden Tarifverträge zu den gleichen Bedingungen verlängert werden könnten. Die zur Zeit geltenden Verträge sehen eine höhere Wochenarbeitszeit vor: 40 statt 35 Stunden ohne Lohnausgleich. Hella strebe bei den neuen Tarifverträgen eine Kostenentlastung in der gleichen Größenordnung an, andernfalls könne man das Wechsel-Angebot an die Paderborner Mitarbeiter nicht aufrecht erhalten. Das, so Behrend, sei keine Drohung, sondern unterliege einfach Sachzwängen.
Was das strategische Leitwerk leisten soll
Auch Behrend verweist darauf, dass Hella als einer der ganz wenigen Hersteller überhaupt noch Leuchten in Deutschland fertige - mit großen Kostennachteilen gegenüber Herstellern in Osteuropa oder Asien. Deshalb sei es wichtig, bei den Tarifverhandlungen eine tragfähige Lösung für die deutschen Standorte zu finden.
Doch selbst bei Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrages sieht Behrend für den Standort Paderborn keine Zukunft. Nur die Scheinwerferfertigung in Lippstadt und die Leuchtenproduktion in Wembach (Schwarzwald) sei auch mittelfristig noch ausgelastet. Für die Heckleuchtenproduktion in Paderborn gebe es nicht mehr genügend Aufträge.
Deshalb will Hella das Lippstädter Nordwerk zum "strategischen Leitwerk" für hochkomplexe Scheinwerfer (auch Heckleuchten) ausbauen. Dafür will das Unternehmen 15 bis 20 Millionen Euro in Lippstadt investieren. Strategisches Leitwerk bedeute, dass man hier nicht eine hohe Rendite anstrebe, sondern neue Technologien und das Know How für die ausländischen Standorte von Hella entwickeln wolle. Weniger anspruchsvolle Geräte lässt Hella bereits in der Slowakei produzieren.
"Seite an Seite mit den Paderborner Kollegen"
Die Tarifkommission der IG Metall wird in dieser Woche über ihre Verhandlungsposition entscheiden. Verhandlungsführer ist der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Lippstadt, Alfons Eilers, der gegenüber einer Lippstädter Zeitung bereits angekündigt hat, man werde Seite an Seite mit den Paderborner Kollegen für den Erhalt des Standortes kämpfen. Carmelo Zanghi, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Paderborn, teilt keineswegs die Ansicht der Hella-Geschäftsführung, dass der Standort keine Perspektive habe (die NW berichtete). Die Logik, in Paderborn eine neue, moderne und mit Millionen-Aufwand errichtete Produktionsstätte zu schließen und in Lippstadt mit neuen Millionen-Investitionen eine neue Halle zum gleichen Zweck zu errichten, kann Zanghi nicht nachvollziehen.
Befremdet zeigt sich Zanghi auch über die Ankündigung von Hella, dass es ohne einen entsprechend günstigen Tarifabschluss keine Übernahme der Beschäftigen geben werde: "Dass ist doch keine seriöse Gesprächsführung im Vorfeld der Tarifverhandlungen. So etwas bin ich von Hella eigentlich nicht gewohnt." Zanghi gehört ebenso wie der Hella-Betriebsratsvorsitzende Rolf Bücker der Tarifkommission an.
Mit ihrer Forderung, die Schließung von Hella auch politisch zum Thema zu machen, rennt die Gewerkschaft wohl offene Türen ein. Politiker aller Fraktionen haben ihre Bestürzung geäußert. SPD-Fraktionschef Franz-Josef Henze regt an, das Thema bei der nächsten interfraktionellen Gesprächsrunde zu diskutieren. Bürgermeister Heinz Paus hatte die Pläne von Hella bereits als "wenig verständlich und schwer nachvollziehbar" bezeichnet, "enttäuschend und ein ganz herber Schlag für Paderborn."