Bielefeld. Früher waren Köche die Jungs für das Hinterzimmer. Niemand wollte schwitzende Männer in blut-und dreckverschmierten Schürzen sehen. Früher, das ist gerade einmal vielleicht zehn Jahre her. Heute sind Köche kleine Rockstars. Und der König der Küchenrocker ist Steffen Henssler. Warum der Hamburger Koch mehr als nur rohen Fisch beherrscht, zeigte er im Ringlokschuppen.
Die Bühne erinnert an die TV-Sendung "Lanz kocht". Ein Kühlschrank in der rechten Ecke. Zwei Backöfen im Hintergrund. Vorne ist die rund zehn Meter lange Arbeitsfläche aufgebaut. Neben Schneidebrett und Herdplatten zieren vor allem allerlei Zutaten den Aufbau. Es wird dunkel. Während Rockmusik aus den Boxen donnert, kommt Steffen Henssler auf die Bühne. Locker gekleidet mit Jeans und einer perfekt geschnittenen Kochjacke. Musik aus.
"Ich bin sehr gerne hier in Bielefeld, es war der erste Tourort, der ausverkauft war", sagt Henssler. Klassische Begrüßung. Lob ans Publikum lockert immer auf. Der garantierte Applaus lässt auch in Bielefeld nicht auf sich warten. Wie aus dem Fernsehen bekannt, lässt Henssler jetzt den Chauvi raushängen. "Der Abend ist vor allem für die Männer gedacht, die ja viel seltener hinter dem Herd stehen", sagt Henssler. So manche Hausfrau nickt und applaudiert.
Er will mit seiner Show aufrütteln
Doch Henssler will mehr als nur Zustimmung. Er will mit seiner Show aufrütteln. Das bringt er glaubhaft rüber. "Ich zeige euch einfache und schnell gemachte Rezepte, die richtig lecker sind." Zeigen heißt bei Henssler aber nicht nur vormachen und referieren. Das Publikum ist gefragt. "Liebe Frauen, wessen Mann kocht denn gar nicht?", fragt Henssler. Schnell schießen Arme zahlreicher Damen hoch."Dann kommen Sie doch bitte auf die Bühne", sagt Henssler. Zunächst widerwillig macht sich ein Mann mittleren Alters auf den Weg. Seine Verlobte folgt. Kurzer Smalltalk. Der arme Kochfeind heißt Marcus – mit c. Während dieser verkabelt wird, verwöhnt Henssler die Frau mit Wein. Jetzt wird richtig gekocht. Marcus Aufgabe: Zweierlei von der Kuh – ein Tatar und ein Carpaccio aus roter Beete mit Rinderparmesan.
"Dazu wird das Fleisch gefroren und über das Carpaccio geraspelt", erklärt Henssler. Was der Spitzenkoch fabriziert, sieht richtig lecker aus. Was Marcus hingegen macht, widert an. Der Bühnengast hat eh wenig Lust, sich um das Kochen zu kümmern. Er genießt die Aufmerksamkeit, reißt Witze und wird zum Publikumsfeind. "Bielefeld geht gar nicht, ich komme aus Lippe", sagt Marcus.
Er hört zu, ist schlagfertig und spontan
Henssler lässt seinem Gast den Ruhm. Seine Fähigkeiten als Moderator sind gut. Er hört zu, ist schlagfertig und spontan – ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Seinen Gast Marcus bestraft er für seine Effekthascherei anders. Er muss sein Tatar selbst essen. Henssler verwöhnt die Verlobte.Die Kochshow geht weiter. Henssler zeigt tatsächlich Gerichte, die einfach sind und so lecker aussehen, dass man sie nachkochen möchte. Leider können immer nur wenige Zuschauer probieren. Kurz vor der Pause legt der Kochstar richtig los.
Mit seinem Assistenten bereitet er ein Hühnchen im Bratschlauch vor – nicht einfach so, sondern während er rappt. Musik und Timing stimmen. Das Hähnchen ist im Ofen. Es ist Pause. Gut für Henssler. Kurz vor dem Geflügel-Rap hatte er bei einer Zuschauerwette in eine so scharfe Chili gebissen, dass selbst er als Macho die Sprache verlor.
Essen für spontanen Damenbesuch
In der zweiten Hälfte zeigt Henssler, dass er nicht nur kochen, sondern auch gut unterhalten kann. Er erzählt Anekdoten von Kochkollegen wie Johann Lafer, Alfons Schubeck und Horst Lichter. Als Zugabe nochmal richtig Action. In zweieinhalb Minuten bereitet er ein Essen für spontanen Damenbesuch zu.Flambieren inklusive. Aus. Das Publikum ist begeistert. Doch so gut die Show auch war, sein Ziel hat Henssler nicht erreicht. Dafür wurden zu viele Zuschauer wenige Minuten später in einem weltbekannten Fastfood-Restaurant gesichtet.