Bielefeld. Zur Tasse Kaffee Facebook, zum Cappuccino Twitter. Gemütlich im Straßencafé sitzen und mit dem Laptop im Internet surfen ist bequem, beliebt und meistens kostenlos. Problematisch wird es, wenn der Gast nicht nur E-Mails abruft oder Webseiten besucht, sondern über das WLAN – also die offene Funkverbindung ins Internet – auch Musik, Spiele und Filme von illegalen Portalen herunterlädt. So geschehen in einem Café in der Bielefelder Altstadt.
450 Euro Schadenersatz und 506 Euro Anwaltskosten fordert eine Münchner Kanzlei von einem Bielefelder Wirt, über dessen Internetzugang illegal ein Hörbuch heruntergeladen wurde. Der Gastronom wollte sich gegenüber der NW dazu nicht äußern. Sein Rechtsanwalt Claas Hendrik Schmitz bestätigte dagegen den Fall und erklärte, dass die Forderungen gegen seinen Mandanten in zwei Richtungen gehen: Zum einen fordere die Kanzlei Schadenersatz für den Verstoß gegen das Urheberrecht und die damit verbundenen Kosten für die Rechtsverfolgung, so Schmitz.
Für den IT-Sachverständigen und EDV-Gutachter Andreas Herden gibt es keine ultimative Lösung, wie Wirte ihr WLAN vor Missbrauch schützen – "aber eine, die ziemlich dicht an 100 Prozent liegt", sagt der Geschäftsführer der Bielefelder Firma Netgate. Er empfiehlt Gastwirten eine Art Bon-System. "Der Kellner druckt einen Bon mit einem individuellen Code aus, den der Gast auf der Hauptseite zusammen mit seiner Handynummer eingibt. Per SMS erhält der Gast dann einen weiteren Zugangscode, mit dem er sich schließlich ins Internet einloggt", erklärt Herden.
Über den Code auf dem Bon werde die Hardware-Adresse, die so genannte MAC-Adresse, des Netzwerkadapters im Laptop registriert, über die Handynummer könne im Streitfall der Gast zurückverfolgt werden, sagt der Internetexperte.
Der wichtigere Anspruch ist für den Bielefelder Anwalt aber die mitgeschickte Unterlassungserklärung. Von einer Unterschrift hat Schmitz seinem Mandanten abgeraten. "Damit hätte er sich möglicherweise zu mehr verpflichtet als erforderlich. Unterlassungserklärungen sind eine Art Schuldanerkenntnis und beinhalten oftmals den Schadensersatz", so der Jurist. Er hat für den Wirt eine modifizierte Unterlassungserklärung nur für dieses eine Hörbuch abgegeben.
Manche WLAN-Zugänge sind dicht
Dabei ist die Frage, wer für Urheberrechtsverletzungen, die über WLAN-Angebote in Gaststätten begangen wurden, haftbar ist, richterlich nicht geklärt. Fest steht, dass ein Gastwirt aufgrund des Fernmeldegeheimnisses nicht überprüfen darf, was die Gäste über sein WLAN treiben. Die abmahnenden Anwälte berufen sich hingegen auf ein Urteil, wonach Privatpersonen für Urheberrechtsverletzungen, die über ihr ungeschütztes WLAN begangen wurden, haftbar gemacht werden können. Diese Rechtsauffassung lässt sich aber nach Meinung vieler Experten nicht Eins zu Eins auf Geschäftsleute übertragen.Trotzdem scheuen einige Gastwirte den Ärger und die Prozesskosten und machen lieber ihre WLAN-Zugänge dicht. So weit will Rolf Grotegut vom M-Kaffee am Bielefelder Gehrenberg nicht gehen. "Der freie Internetzugang für Gäste gehört doch heutzutage zum Serviceangebot eines Cafés", sagt er.
Da er bislang keine schlechten Erfahrungen gemacht habe, werde er sein Netzwerk auch weiterhin offen halten – mit einer Einschränkung: "Wir haben ein Passwort eingerichtet, das bei der Bedienung erfragt werden kann. Dieses Passwort wechseln wir regelmäßig", sagt Grotegut. Wer sich über seinen Zugang ins Internet einloggt, weiß der Wirt dadurch zwar nicht, "aber ich kann verhindern, dass Nachbarn dauerhaft in meinem Netzwerk rumsurfen", sagt der Gastronom.