Paderborn (au). Mit schrillen Trillerpfeifen und rot-weißen Bannern legten gestern Zivilbeschäftigte der Britischen Streitkräfte aus ganz Ostwestfalen-Lippe die Arbeit nieder und forderten 6,5 Prozent mehr Gehalt. Angesichts des angekündigten Abzugs der Gaststreitkräfte geht es für die mehr als 1.300 nicht-militärischen Army-Mitarbeiter in Herford, Gütersloh, Bielefeld und Paderborn allerdings um mehr als höhere Löhne.
Schießplatzwärter, Lageristen, Verwaltungsmitarbeiter, Kfz-Mechaniker, Wachleute, Fahrer oder Handwerker: Etwa 130 Zivilbeschäftigte aus der Region folgten am Vortag der 4. Tarifrunde in Wiesbaden dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi zum zentralen Ganztagsstreik vor der Normandy-Kaserne in Paderborn. Die letzte Tariferhöhung für sie gab es 2010, seither zwei Einmalzahlungen, die der Arbeitgeber auch jetzt anbietet: 350 Euro. "Wir fordern stattdessen eine tabellenwirksame Erhöhung", erläutert Verdi-Vertrauensleutesprecher Andreas Schrader aus Paderborn: "Nicht nur wegen des Reallohnverlustes seit 2010. Vor allem, weil nach dem Tarifgehalt später Arbeitslosengeld und Rente berechnet wird."
Und das wird für viele dieser langjährigen Mitarbeiter bei einem Altersschnitt von 52 Jahren wichtig, wenn sie bald ihren Job bei der Army verlieren. Die ersten wird es 2015 in Herford treffen. Ein Drittel der 250 Mitarbeiter wechselt noch für ein paar Jahre nach Bielefeld, für die anderen aber laufen bereits mit der Agentur für Arbeit Gespräche über (Nach-)Qualifizierungsmaßnahmen: Wer beispielsweise als Kfz-Techniker 25 Jahre Panzer repariert hat, findet keine Stelle in einer deutschen Autowerkstatt. Einige Mitarbeiter haben nie eine Ausbildung absolviert, bei anderen werden die englischen Abschlüsse nicht anerkannt, wieder andere sprechen nicht gut Deutsch. "Trotz teils hoher Qualifikation gelten die Zivilbeschäftigten für den deutschen Arbeitsmarkt als ungelernt", weiß Gewerkschaftssekretär Siegfried Wöhler. Darum müsse das Profiling bereits frühzeitig und berufsbegleitend laufen, betont Frank Stallmeier, Betriebsratsvorsitzender in Herford. Doch sowohl in den Tarifrunden als auch in der Politik, moniert Schrader, sei Qualifizierung noch immer kein Thema.
"Die Streitkräfte sollten doch eine Verpflichtung fühlen", meint Kraftfahrer Richard Wellman. "Wie alle anderen" macht sich der 47-Jährige Paderborner große Sorgen um die Zukunft.