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Bielefeld

Bielefeld: Erste Schauspielschule der Region

Bad Oeynhausener Thomas Modzel eröffnet am 1. Oktober

Thomas Modzel schätzt im Gesellschaftshaus den Industrie-Hallen-Charme mit offenen Decken für seine Schauspielschule. Im zweiten Bauabschnitt will er eine Bühne einrichten, wo der Nachwuchs vor bis zu 80 Gästen spielen kann. - © FOTO: ANDREAS ZOBE
Thomas Modzel schätzt im Gesellschaftshaus den Industrie-Hallen-Charme mit offenen Decken für seine Schauspielschule. Im zweiten Bauabschnitt will er eine Bühne einrichten, wo der Nachwuchs vor bis zu 80 Gästen spielen kann. (© FOTO: ANDREAS ZOBE)

Bielefeld. Thomas Modzel zieht es immer wieder auf die Bühne. Der lebhafte und tatkräftige 40-Jährige ist Schauspieler, Musiker, Produzent, Komponist, hat sogar Bank-Fachwirt gelernt. In Bad Oeynhausen betreibt er eine Musikschule, bei Musical-Produktionen mit Konstantin Wecker wirkte er als musikalischer Leiter mit. Jetzt plant er ein neues Projekt: Im Gesellschaftshaus am Klosterplatz eröffnet er im Oktober eine Schauspielschule – die erste in der Region.

Eine gründliche, solide Ausbildung mit Abschluss sei für moderne Schauspieler eine wichtige Einstiegshilfe, erklärt Modzel sein Konzept für "MuSS", wie er die Schule nennt. Wichtig sei ihm dabei, dass der Schauspielnachwuchs nicht nur die Bewegung und das Sprechen auf der Bühne und vor der Kamera lernt, sondern auch ein Instrument und den Gesang. Vielseitigkeit sei nützlich. Dazu kommen Kenntnisse in Wirtschaft, Recht und Politik – "ein Rund-um-Sorglos-Paket", das gerade für freie Schauspieler heute fast unerlässlich sei. Denn nicht jeder habe gleich Erfolge wie Tom Cruise.

Information

Dozenten und Fächer in der "MuSS"

Thomas Modzel (Schauspieler, Musiker, Produzent): Schauspiel, Theatergeschichte, Rolle, Impro, Instrumente, Script, Gesang.

Carmen Sander (Physiotherapeutin, Bachelor in Bildungswissenschaften): Körper und Stimme, Bewegung, Atmung, Koordination.

Jörg Rafael Heim (Komponist, Jurist): Recht, Gesang, Ensemble.

Dagmar Grabolle (Dozentin): BWL, VWL, Deutsch, Theatergeschichte.

Leonore Franckenstein (Schauspielerin): Schauspiel, Impro, Rolle.

Christoph Böske (Rechtsanwalt, Finanzwirt): Recht, Marketing, BWL, Steuer.

Bei "MuSS" kann Modzel auf eigene reichhaltige Erfahrung zurückgreifen. Denn als Schauspieler und Musiker hat er schon viele Rollen gespielt, stets frei, weil er sich nicht ins enge Korsett eines festen Theaterengagements zwängen will. So spielte er im kleinsten Musical der Welt, "Tamino Pinguin", mit oder Mackie Messer, "den frechen Typen" aus Brechts Dreigroschenoper in Bochum. Und er startet jetzt zu einer viertägigen Reise nach Russland mit Auftritten des "Baron von Münchhausen" in Petersburg und Moskau.

Lehren wird er auch selbst in seiner Schauspielschule – für die er an der Ritterstraße im ersten Obergeschoss die passenden Räume gefunden hat. Auf 500 Quadratmetern ist Platz für zwei Schulungsräume, Büro, Tanz- und Bewegungsraum – und in einem zweiten Abschnitt einen Bühnenraum, der mit bis zu 80 Plätzen für Gäste bestuhlt werden könne.

Dabei schätzt Modzel die hohen Räume im Gesellschaftshaus. Die Deckenabhängungen lässt er entfernen – um ein bisschen Charme von Industriearchitektur in seine Schule zu holen, mit offenen Klimarohren und freiem Beton. "Eine Atmosphäre, wie sie in den USA etwa bei ,Chorus Line’ zu sehen ist". Die Übungsräume hallen – so dass die Stimmen klangvoll ertönen. Und eingerichtet werden sie nicht mit strengen Stuhlreihen wie in Schulen, sondern eher locker – so wie es zum Theater passt.

Dass er sich auf das besondere Projekt einlässt, erklärt er auch aus seiner Biografie. Sein Vater war Bergmann, seine Mutter freie Architektin: "Da mischt sich das Malocherherz mit Wagemut." Und deshalb probiert er gern was Neues aus: "Man muss auch mal was riskieren."

Mit anfangs sechs bis acht Dozenten, darunter seine Lebensgefährtin Carmen Sander, eine Physiotherapeutin, die Bewegung und Atmung lehrt, beginnt Modzel. 14 Anmeldungen liegen vor, bis zu 20 Schüler kann er pro Semester aufnehmen. Sie studieren sieben Semester, zahlen dafür 390 Euro im Monat. Anfangen kann jeder, der einen Schulabschluss hat – "und Lust und Laune, sich darzustellen".

Kontakte hat er zum Stadttheater geknüpft, aber auch zur Komödie, die Ende September ebenfalls im Gesellschaftshaus in den früheren Räumen des Astoria-Kinos ihr Unterhaltungsprogramm startet. So seien Praktika denkbar, um Bühnen-Erfahrung zu sammeln.

Bielefeld als Standort hat Modzel, der in Bad Oeynhausen wohnt, ganz bewusst gewählt. Im Umkreis von 150 Kilometern gebe es nichts Vergleichbares. Und die Großstadt biete viel Kultur und Theater – und in der Innenstadt eben auch Geschäfte und Lokale, in die die Schauspielschüler, die aus ganz Deutschland kommen, in der Pause gehen können. Und er setzt auf persönliche Atmosphäre – so wie in seiner Musikschule, wo es stets selbstgebackene Plätzchen zu knabbern gebe.

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