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Flüssiges Gold erobert den Körper

Forscher Manfred Sietz von Hochschule OWL Höxter meldet ungewöhnliche Patente an

VON TORSTEN WEGENER

Flüssiges Gold erobert den Körper - © Höxter
Flüssiges Gold erobert den Körper (© Höxter)

Höxter. Gold fasziniert die Menschen seit jeher. Und Gold wurde von verschiedenen Kulturen auch immer mal wieder als Elixier des Lebens bezeichnet. Dass an dieser These etwas dran sein kann, hat der Forscher Manfred Sietz nun herausgefunden. Der Leiter des Fachbereichs Chemie und Umweltmanagement an der Hochschule OWL Höxter erforscht seit Jahren kleinste Goldteilchen, die den menschlichen Körper aktivieren können.

Die Rede ist von Nanogold, auch als kolloidales Gold bezeichnet. 1.000 mal kleiner als das menschliche Haar. "Kolloidales Gold hat sehr interessante medizinische und technische Eigenschaften. Es hat einen Strauß von Eigenschaften", sagt Sietz. Denn Goldkolloide binden Eiweißstrukturen und Nucleinsäuren. Sprich: Sie können auch mit Wirkstoffen beladen werden.

Unscheinbar: Michael Sietz präsentiert das ?Goldwasser?. Mit einer Pipette holt der Professor das kolloidale Gold aus der Flasche. Mit dem entsprechenden Wirkstoff beladen, könnte das Nanogold gespritzt oder per Tropfen verabreicht werden. - © FOTO: TORSTEN WEGENER
Unscheinbar: Michael Sietz präsentiert das ?Goldwasser?. Mit einer Pipette holt der Professor das kolloidale Gold aus der Flasche. Mit dem entsprechenden Wirkstoff beladen, könnte das Nanogold gespritzt oder per Tropfen verabreicht werden. (© FOTO: TORSTEN WEGENER)

Das ist natürlich nicht nur in Höxter bekannt. Die Nanotechnologie dringt immer weiter in die Medizin vor und hat das Potenzial, Diagnose- und Therapieverfahren zu revolutionieren. Dazu zählen unter anderem der gezielte Wirkstofftransport zum kranken Körpergewebe und die Früherkennung von Krankheiten. Unter anderem hat die Charité in Berlin bei der Krebstherapie ein schonendes Verfahren mit Goldkolloiden angewendet. Aber Sietz hat über die vergangenen acht Jahre interessante Entdeckungen gemacht und ein gängiges Verfahren entwickelt, um überhaupt das Nanogold herzustellen. Kolloidales Gold ist eine Sole aus winzigen Goldpartikeln mit einem Durchmesser von 2 bis 100 Nanometer. Je größer die Partikel sind, desto dunkler färbt sich das "Goldwasser". Partikel mit 100 Nanometer färben das Wasser violett. Bei fünf Nanometer dagegen gelb.

"Das Wissen ist in meinem Kopf"

Professor Sietz stellt gelbes Goldwasser her. Wie er das macht, bleibt sein Geheimnis. "Das Wissen ist in meinem Kopf", sagt Sietz. Der Vorteil des gelben Goldwassers ist, dass durch diese Kleinheit der Partikel die Möglichkeit verbessert wird, in den Organismus zu gelangen und auch an entlegenen Stellen wirksam zu werden.

Links zum Thema
    Innovativer Rohstoff
    • Gold ist ein natürliches Produkt, das so alt wie die Erde selbst ist. Kolloidales Gold kommt insbesondere in den Weltmeeren vor, kann dort aber nicht lokalisiert werden.
    • Kolloidales Gold weist ein weites Anwendungsspektrum in der medizinischen Forschung auf. Zum Beispiel können zytotoxische Wirkstoffe unter günstigen Umständen direkt an den Ort der Krebserkrankung implementiert werden, ohne gleich – wie bei einer üblichen Chemotherapie – den ganzen Organismus zu belasten. Aufgrund des hohen Oberflächen-Volumenverhältnisses der kleinen Goldnanopartikel kann so auch viel ressourcenschonender und damit kostensparender gearbeitet werden.  (tor)

Und diesbezüglich hat Sietz zwei Patente in Deutschland angemeldet. Zum einem wie das Nanogold mit Tryptophan beladen und zum anderen mit dem natürlichen Emulgator Lecithin beschichtet werden kann. Beides dient der Behandlung oder Prophylaxe von Krankheiten. Genauer gesagt von Migräne und Typ-1-Allergien wie Heuschnupfen oder Neurodermitis.

In Selbstversuchen wurden die Produkte gestestet. Jeweils mit drei Probanden. Den Migränetest führte Sietz mit zwei Medizinern durch, darunter auch Gerd Kötschau, Chefarzt für Psychosomatik im Saale-Reha-Klinikum Bad Kösen. "Wir leiden alle drei unter Migräne", sagt Sietz. Getestet wurde 180 Tage lang in einer Doppelblind-Studie. Die Probanden wussten also nicht, ob sie das Verum oder das Placebo erhielten. In der Summe kam nach 180 Tagen heraus, dass die Schmerzempfindlichkeit bei Einahme von Tryptophan um 15 Prozent abnahm. Denn Tryptophan steigert den Serotoninspiegel im Gehirn. Und Serotonin ist das "Wohlfühlhormon" des Menschen. Ohne Serotonin ist man schlecht gelaunt, ängstlich oder depressiv. "Das Produkt kann zwar keine Migräneattacken verhindern, aber sie angenehmer gestalten", erläutert Gerd Kötschau.

Das Spektakuläre daran ist, dass im Gegensatz zu hoch dosierten Tabletten das Tryptophan, beladen auf den Goldpartikeln, viel besser im Gehirn ankommt. Während herkömmliche Tabletten 500 Milligramm Tryptophan beinhalten, kommen die Tropfen von Professor Sietz mit 16 Milligramm aus.

Im zweiten Selbstversuch wurde das kolloidale Gold mit Hilfe des Emulgators Lecithin in Schokolade verarbeitet. Nach vier Wochen wiesen die drei Probanden eine nachhaltige Reduktion des IgE - Werte. Bei einer Allergie sind die IgE - Werte deutlich erhöht und führen zur überschießenden Histaminfreisetzung. Dies führt wiederum zu Juckreiz und Augenbrennen. "Hier haben wir bewiesen, dass kolloidales Gold einen positiven Effekt auf den menschlichen Körper hat", sagt Sietz. Für ihn und sein Team sind nun die Forschungsarbeiten am Nanogold nach acht Jahren beendet. "Nun hoffen wir auf den Mut der Industrie, dass sie mit unseren Vorergebenissen weiter arbeitet. Dann wäre unsere Forschung nicht umsonst", sagt Sietz.

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