Ein Jahr nach der Dürre: Welche Vögel am Norderteich singen und brüten

Horn-Bad Meinberg . &bdquo;Hören Sie das Trtrtrttrt? Ein Teichrohrsänger. Die erste wertbildende Art heute“, sagt Matthias Füller. &bdquo;Vor uns singt eine Nachtigall“, erklärt er dem Reporter, der den Mann von der Biologischen Station zur Sonnenaufgangszeit auf seiner Tour rund um den Norderteich begleitet. &bdquo;Und da kommt schon der nächste Teichrohrsänger.“

Ist das denn sicher, dass es nicht derselbe wie vor 20 Metern ist? &bdquo;Ja“, sagt Füller, und rät zum Stereohören: &bdquo;Das Trtrtrtrt kommt von beiden Seiten. Auf dem linken Ohr hören Sie den einen, und da kommt der nächste. Das ist entscheidend: Die müssen schon zusammen singen, sonst könnte es tatsächlich derselbe sein.“

Jede Sichtung wird auf eine Karte übertragen Der Biologe ist in Gummistiefeln, mit Kaffeetasse und großem Fernglas unterwegs, unterm Arm ein Klemmbrett. Dort malt Matthias Füller mit dünnem Bleistift das Geheimzeichen für Teichrohrsänger auf seine Karte, später wird er dieses und andere Striche, Buchstaben, Ausrufezeichen auf seine digitale Karte übertragen, Reviere abgrenzen. &bdquo;Damit klar ist: Sie sind gleichzeitig gehört worden.“

Den Norderteich hat er über die Jahre immer als wertvolles Kleinod gesehen, dennoch hat er hier noch nie kartiert. &bdquo;Das war nie nötig, es gab ausführliche Bestandsaufnahmen. Die Uferzonen waren beruhigt. Da kam man nicht dran.“ Doch nachdem der See im vergangenen Jahr ja bekanntlich sehr viel Wasser verloren hatte – der Mönch war undicht, gleichzeitig floss wegen der trockenen Monate kaum Wasser nach – , hatten Landesverband und Kreis beschlossen, die Vegetation und Tierwelt für zwölf Monate genau unter die Lupe zu nehmen. I n diesen Tagen sieht es sehr gut aus – dem Regen sei Dank. Dennoch, abwarten: &bdquo;Der Stein da ist meine Marke. Der Wasserstand ist gegenüber April schon wieder deutlich runter.“

Auch der Grünfrosch wird markiert Und da ist ein Kuckuck am Start, sagt diesmal der Reporter. Dessen Ruf kennt sogar er. Füller lobt und relativiert das stolze Gefühl. Er beschreibt ein Problem, hervorgerufen durch den Klimawandel: &bdquo;Teichrohrsänger, die wir eben gehört haben, sind ja potenzielle Wirtsvögel des Kuckucks. Aber die Synchronisierung zwischen Kuckuck und ihren Wirtsvögeln passt nicht mehr so richtig. Oft sind die mit der Brut schon zu weit, und der Kuckuck kommt zu spät. Dann weiß er nicht, wo er seine Eier reinlegen soll.“

Schon kuckuckt es von der anderen Seite. &bdquo;Das ist derselbe“, versichert Füller, &bdquo;der hat ein Riesenrevier.“ Das kann er für die Nachtigall nicht sicher sagen, das könnten vielleicht zwei sein. Allerweltsvögel und nicht-wertbildende Arten wie den Zilpzalp lässt Füller links liegen, die sagen zu wenig aus über das Revier. Aber der Grünfrosch da vorne, der bekommt eine Markierung auf der Karte; den nimmt er &bdquo;nebenbei“ mit.

Normalerweise sind einige Arten um diese Uhrzeit schon durch, drum war Matthias Füller vor ein paar Tagen um kurz nach Mitternacht bereits hier. Er dreht zu verschiedenen Uhrzeiten seine Runden, nachts hört er Nachtigall und Wasserralle besser. Dass er dann noch weniger sieht als jetzt, spielt keine Rolle. Das Gehör ist ohnehin für diese Aufgabe das Sinnesorgan der Wahl, und die Ohren des Biologen sind bestens geschult.

Ein gigantischer Wandel der Landschaft Es geht weiter das durch meterhohe Gras, es wird zweimal im Jahr geschnitten. Ein Rehbock beschwert sich lauthals über die Störung. Hier und da erinnert rostiger Stacheldraht an verfaulenden Pfählen an Viehhaltung in alten Zeiten. Spuren der Flurbereinigung sind zu erkennen, Entwässerungsgräben, verfallene Unterstände. &bdquo;Hier hat es seit den fünfziger Jahren einen gigantischen Landschaftswandel gegeben. Es gibt Fotos, da sehen Sie keinen einzigen Baum – bis auf den alten Eichenwald, durch den wir gleich noch gehen.“ Dann hat man die Randbereiche aus der Nutzung genommen, die ersten Erlen sind gewachsen, sie sind maximal 50 Jahre alt.

Heute gibt es nur noch Wiesennutzung, und wenn gemäht wird, dann alles gleichzeitig. Ein Eingriff, der sofort das gesamte Umfeld betrifft, sagt Füller. &bdquo;Das Problem haben wir überall in der Landschaft.“ Verschiedene Nutzer, die zu verschiedenen Zeiten mähen, dazu in einem Teilbereich Weidewirtschaft... &bdquo;das wäre natürlich schon besser.“ Füller weist auf eine Kuckucksnelke hin. &bdquo;Passt, sie blüht. Der Kuckuck ruft ja jetzt. Deswegen heißt sie so.“ Ein Grauschnepper flattert vorbei, ihm wie allen Insektenfressern geht es nicht gut. Es fehlt an Nahrung.

Im Hintergrund bellen Gänse. &bdquo;Überwiegend Graugänse, eines der Probleme bei stehenden Gewässern. Ihr Koteintrag ist enorm.“ Abmarsch durchs Grünland zum Ufer: &bdquo;Da hinten, sehen Sie den dunken Streifen? Das sind die Weiden, die durch die Wasseroberfläche gucken.“ Eine der großen Fragen des vergangenen Jahres: Werden die Weiden, die über und über auf dem Grund des See gewachsen waren, nach der Normalisierung des Wasserstandes absterben? Füller hofft Ja. &bdquo;280 Tage unter Wasser müssen es aber schon sein.“

Füller prägt sich das Rötrötrötröt genau ein Füller ist ein geduldiger Zeiger. &bdquo;Eine Graugansfamilie mit Nachwuchs. Das sind die Jungs, die machen immer so einen Lärm. Und der arme Höckerschwan ist allein unterwegs – die Partnerin sitzt im Schilf auf dem Nest.“ Und da, ein Sumpfrohrsänger, sehr verhalten. &bdquo;Der Teichrohrsänger eben klang viel höher.“ Logisch. &bdquo;Hören Sie das Schwirren? Ein Rohrschwirl. Ein spatzengroßer, unscheinbarer Vogel. Rötrötrötröt.“ Oder ist es vielleicht doch ein anderer Schwirl, kein Rohrschwirl? &bdquo;Das muss ich mir zu Hause noch mal anhören.“ Füller prägt sich das Rötrötrötröt genau ein, ein Aufnahmegerät hat er nicht dabei. Seine Ohren müsste man haben. Sorgsam malt er ein Geheimzeichen Rohrschwirl auf die Karte.

Es geht weiter quer über die vor Jahrhunderten angelegte schnurgraden Ableitung vom Aalbach in den Norderteich, der Kanal führt zur Zeit ganz gut Wasser . Gleichwohl: Etwas weiter entfernt ist eine Stelle, die im April noch überflutet gewesen war. &bdquo;Ich würde mir wünschen, dass die Stauhöhe langfristig etwas erhöht wird.“ Wichtig für die Vegetation.

Buchen verdrängen die Eichen Wie angekündigt im Eichenwald angekommen (ein Umweg zum Schutz des brütenden Rotmilans inklusive), würdigt Füller die 300/400 Jahre alten Baumriesen. &bdquo;Die Eichen sind ein Kulturrelikt aus der Zeit, als die Eiche für das in den Wald zur Weide getriebene Vieh wichtig war. Im lichten Eichenwald gibt es eine bessere Krautschicht – also mehr zu fressen.“ Heute werden die Eichen oft von Buchen verdrängt.

Füller zeigt auf einen Baum, der Eremiten – seltene, unauffällige Käfer – beherbergt. &bdquo;Einzeln stehende Bäume mit einem hohen Abstand dazwischen, totholzreich, genau so etwas braucht der Eremit.“ Den Baum hier hat sich Matthias Füller gemerkt. &bdquo;Es ist relativ selten, dass man den Eremiten sehen kann.“ Abgesehen von der Vogelwelt eine der Besonderheiten des Naturschutzgebietes. &bdquo;Hier haben wir stehendes und liegendes Totholz, ganz wunderbar. Sie hören wieder den Fliegenschnäpper. Eine schöne, Hallenwald-artige Situation. Das mag er“, sagt Füller und malt ein Geheimzeichen Fliegenschnäpper. Und übrigens: Der Rohrschwirl war tatsächlich einer.

Zu früh für ein endgültiges Fazit &bdquo;Wie überall ist auch am Norderteich ein Rückgang der Artenvielfalt zu beobachten“, resümiert Füller. Mit Blick auf die Seefläche überlagere die auffällige Zunahme der Gänse diesen Effekt für den flüchtigen Betrachter. Dass ehemals prägende Arten wie der Haubentaucher seit mehreren Jahren fehlten, werde kaum bemerkt. &bdquo;Trotzdem ist ein Rundgang auf den Wanderwegen im Mai/Juni immer ein Erlebnis. Nur an wenigen Orten in Lippe kann man gleichzeitig Kuckuck, Nachtigall und drei Rohrsängerarten hören.“ Aktuell sei es zu früh für ein endgültiges Fazit der Entwicklung der Brutvogelwelt am Norderteich. Gerade für spät &bdquo;heimkehrenden“ Arten fehlten noch Begehungen.

Der Eichen-Buchenwald und die älteren Erlenwälder sind wichtige Spechtlebensräume. Es gibt ein/zwei Kleinspechtpaare und zwei/drei Mittelspechtpaare. Im Vergleich zu Vorjahren fehlt der Trauerschnäpper, dessen Bestände landesweit stark zurückgehen (Ausnahme Senne). Im Bereich der Röhrichtzone hebt Füller die hohe Dichte des Teichrohrsängers hervor. Auch Drosselrohrsänger und Wasserralle sind wieder da. Bei den Wasservögeln ist die Situation unklar. &bdquo;Seit geraumer Zeit gibt es keine Haubentaucher (!) mehr. Stattdessen haben wir größere Ansammlungen von Graugänsen (70 Nichtbrüter, dazu drei bis fünf Brutpaare) oder vier Kanadagänse.“

Ein Jahr nach der Dürre: Welche Vögel am Norderteich singen und brüten

Gutachten liegt vor: Wie es um den Norderteich bei Horn-Bad Meinberg bestellt ist

Türchen 13 im LZ-Adventskalender: Hier befinden sich Weihnachtsbäume im Höhenflug

Endlich geht es los: So startet der 20. LZ-Cup am Sonntag und so geht es weiter

„Die Engel backen Plätzchen“: So schön ist der Winterhimmel über Lippe - viele Fotos

Christkindlesmarkt, Weihnachtszauber & der kleine Prinz: Die Wochenendtipps für Lippe

Höhepunkt Westfalenpokal: Irre Reise des TuS Brake geht mit Spiel gegen den SC Verl weiter

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus