TBV-Profis verzichten auf Gehalt - Rückendeckung von vielen Sponsoren

Lemgo . Der rigorose Shutdown, die komplette Stilllegung des Bundesliga-Spielbetriebs, führt auch beim TBV Lemgo Lippe zu unangenehmen Maßnahmen. Mit einem Gehaltsverzicht wollen die Handballer und Trainer nun zum Überleben des Traditionsvereins beitragen.

Die Modalitäten Beiratsvorsitzender Herbert Vogel sowie die beiden Geschäftsführer Ulrich Kaltenborn und Jörg Zereike haben in den vergangenen Tagen viele Gespräche geführt, um den TBV auf Kurs zu halten. Mit dem gebotenen Abstand nahmen die TBV-Spieler am vergangenen Donnerstag im großen VIP-Raum der Phoenix-Contact-Arena Platz, um sich über die schwierige Lage auszutauschen.

Bereits einen Tag später stimmten sie der vom Verein vorgeschlagenen Kurzarbeiterregelung zu. Kaltenborn und Zereike sprechen von &bdquo;einem sehr guten Signal". Herbert Vogel freute sich über einen weiteren positiven Aspekt: &bdquo;Aus der Vergangenheit wissen wir von häufig schwierigen Verhandlungen mit den Spielerberatern. Doch die haben diesmal unisono zugestimmt."

Konkret habe der Verein unterschiedliche Modelle diskutiert. Vogel: &bdquo;Wir haben es jetzt tief geschnitten: Zwei Drittel zu einem Drittel. Damit verzichten die Spieler auf 33 Prozent." Eine Quote, die &bdquo;sozial abgestuft" wurde. Spieler am unteren Gehaltslevel würden geringer beteiligt.

Wie lange ist der TBV damit sicher? &bdquo;Bis zum 30. Juni ist das Konstrukt dicht", verspricht Vogel, der unbedingt neuerliche Krisengespräche im Mai verhindern wollte. &bdquo;Zu unseren Zusagen stehen wir", so der Beiratsvorsitzende.

Wieviele Angestellte sind von der Kurzarbeit betroffen? Abgesehen von den Langzeitverletzten sind 16 Profihandballer tangiert. Das Geschäftsstellenteam ist noch nicht betroffen. Hier werden zunächst Überstunden und Urlaube abgebaut. Die zunächst bis zum 30. März avisierte Schließung der Geschäftsstelle wurde um weitere zwei Wochen bis 13. April ausgeweitet. Über die Mailadresse info@tbv-lemgo-lippe.de sei der TBV jedoch weiterhin erreichbar.

Die Höhe des Schadens HBL-Chef Frank Bohmann hat den Verlust für die Liga vorsichtig mit 25 Mio Euro taxiert. &bdquo;Sollte in dieser Saison nicht mehr gespielt werden, würden wir die letzte TV-Rate nicht mehr bekommen. Auch ein Ausfall des Allstar-Spiels würde der Liga weh tun", sagt Zereike, der sich aber an spekulativen Szenarien nicht beteiligen möchte.

Fakt ist, dass dem TBV drei Heimspiele wegbrechen könnten. Doch jeder Klub sei unterschiedlich betroffen. Ein Bundesligist habe sein letztes Heimspiel komplett an einen Sponsor abgetreten. &bdquo;Wir haben eine Sondersituation mit dem Final-Four. Vieles hängt von Einnahmen und Kosten ab. Jeder muss eine individuelle Lösung finden", sagt Zereike.

Reaktionen von Sponsoren und Fans TBV-Geschäftsführer Ulrich Kaltenborn freut sich über erste positive Rückmeldungen: &bdquo;Viele Sponsoren melden sich und zeigen sich solidarisch. Ein Partner sagte: Vergesst die drei fehlenden Spiele und seht zu, dass ihr am Leben bleibt." Ebenso gebe es aber auch Reaktionen von Firmen, die selbst um ihre Existenz bangen und sich nach nicht erbrachten Leistungen erkundigen.

Die weitere Perspektive Angesichts der totalen Ungewissheit hat der TBV vorerst sämtliche Dauerkarten-Überlegungen hinsichtlich der Saison 2020/2021 auf Eis gelegt. &bdquo;Das ist für uns eine wichtige Einnahmequelle, für die wir uns sofort ein Konzept überlegen werden, sobald wir wissen, wie es mit der Liga weitergeht", verspricht Vogel. Kaltenborn kontaktiert aktuell viele Sponsoren per Telefon und Mail, um sich einen Überblick für die neue Saison zu verschaffen: &bdquo;Ich kann nur den Hut davor ziehen, wie viele Unternehmen sich schon solidarisch mit uns gezeigt haben."

Das Fragezeichen Final-Four Aktueller Termin für die DHB-Pokalendrunde in Hamburg ist weiterhin der 27./28. Juni. Doch durch den Ausfall der Olympischen Spiele könnten weitere Denkmodelle ziehen. Die EHF hat es mit der Verschiebung ihrer Europacup-Finals in den August vorgemacht. Ein Modell, mit dem auch Jörg Zereike leben könnte.

"TBV-Handballer bestehen Charaktertest" Ein Zwischenruf von Jörg Hagemann

Ihren vorerst letzten Einsatz hatten die Bundesligahandballer des TBV Lemgo Lippe am 5. März. Sollte die exponentielle Wachstumskurve beim Covid-19-Virus nicht gravierend abflachen und die Saison nach dem 27. Spieltag abgebrochen werden, würde der Klub vermutlich erst im September wieder Tickets verkaufen können.

Dass ein halbjähriges Vakuum ohne Einnahmen den Verein in den Ruin treiben würde, haben die TBV-Spieler schnell erkannt. Mit Blick auf möglicherweise einschneidende mittel- und langfristige Auswirkungen haben sie Zugeständnisse gemacht. Zirka 33 Prozent beträgt der Soli-Beitrag, mit dem auch ein 38. Erstligajahr des Traditionsvereins ermöglicht werden soll.

So schlimm jede Krise sein mag, sie bietet immer auch die Chance, etwas neu zu denken. Und sie ist ein Charaktertest. Mit ihrem Verzicht haben die Lemgoer Bundesligahandballer Persönlichkeit bewiesen. Denn sie haben verstanden: Ohne Klubs keine Ligen. Ohne Ligen kein Bundesligahandball. Und ohne Bundesliga kein Bedarf an Profis.

TBV-Profis verzichten auf Gehalt - Rückendeckung von vielen Sponsoren

TBV-Beiratschef sorgt für Aufsehen: Kann Phoenix-Contact-Arena nochmal ausgebaut werden?

TBV-Chef tritt ab: Nach neun Jahren hat Herbert Vogel noch einen Abschiedswunsch

Euphorie nach dem Kehrmann-Ja beim TBV: Stuttgart kommt, Beiratschef gewählt

Wer ist die Nummer 1 in NRW? Viele Parallelen zwischen TBV Lemgo Lippe und VfL Gummersbach

Darum ist das DHB-Pokal-Viertelfinale des TBV Lemgo Lippe noch nicht terminiert

Die LZ kennt die Hintergründe: Darum wechselt TBV-Keeper Urh Kastelic nach Zagreb

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €