Trainer-Job ist keine Option für Evars Klesniks

Minden/Lemgo. So klammheimlich wie er im Januar noch einmal auf der großen Bundesligabühne auftauchte, so dezent hat sich Evars Klesniks coronabedingt beim TBV Lemgo Lippe auch wieder verabschiedet. Doch die sieben Einsätze des Abwehrroutiniers hatten es in sich. Der älteste Feldspieler der Liga, der in der vergangenen Woche seinen 40. Geburtstag feierte, blieb dabei ungeschlagen.

Die vierte Null. Alt fühlt er sich noch nicht. &bdquo;40 ist doch nichts“, lacht Klesniks, den alle nur &bdquo;Ebbe“ nennen. Obwohl: Auf dem Spielfeld hat er den Verschleiß sehr wohl gespürt. Direkt nach dem Spiel sei er noch nicht kaputt gewesen. &bdquo;Aber einen Tag später konnte ich mich kaum noch vernünftig bewegen. Da fragt man sich: Was ist mit dir denn passiert.“ Seinen Ehrentag hat er daheim in Minden gefeiert. &bdquo;Wir haben mit ein paar Freunden im Garten gegrillt. Ich habe mich vorher extra erkundigt, ob wir das überhaupt dürfen“, sagt Klesniks, der sich zudem über viele Glückwünsche seiner TBV-Kameraden freute. &bdquo;Auch der Coach und Jörg Zereike haben gratuliert.“

Seine weiteren Pläne. &bdquo;Sag niemals nie“, beantwortet Evars Klesniks die Frage nach dem Karriereende. Es habe tatsächlich schon Anfragen gegeben. &bdquo;Doch ich glaube, dass man irgendwann auch mal nach vorne schauen muss. Ich plane fleißig an einer beruflichen Zukunft, möchte aber noch nichts an die große Glocke hängen.“ Hobbymäßig könne er sich vorstellen, sich weiter in der 3. Liga bei seinem Ex-Verein LIT Germania Tribe in Nordhemmern fit zu halten.

Der WM-Traum. 23 Jahre musste Klesniks Handball spielen, um im Januar bei der EM in Norwegen endlich an seiner ersten internationalen Meisterschaft teilnehmen zu dürfen. Das nächste Ziel wäre die WM 2021 in Ägypten. Klesniks hat seinem lettischen Verband sogar bei der Suche nach einem neuen Nationaltrainer geholfen und Aaron Ziercke als Nachfolger von Armands Uscins vorgeschlagen. Doch ob Klesniks sich das Nationaltrikot noch einmal überstreift, macht er auch davon abhängig, wann überhaupt wieder gespielt werden kann. Immerhin: &bdquo;Fit halten muss ich mich sowieso, weil ich Rücken habe“, hält er sich ein kleines Hintertürchen offen.

Klesniks Weg in die Bundesliga. Erst mit 16 Jahren sattelte der Leichtathlet einst auf Handball um und wurde mit ASK Riga dreimal lettischer Meister. Erste Station in Deutschland war der ThSV Eisenach. Was er dort gelernt hat? &bdquo;Die original Thüringer Rostbratwurst“, antwortet Klesniks wie aus der Pistole geschossen. Sein Trainer war Peter Rost. Leider fehlte den Wartburgstädtern am Ende ein Punkt zum Klassenerhalt.

Aufregende Zeiten in Essen. Nach dem Abstieg folgte Klesniks dem Ruf von Iouri Chevtsov und gewann in den fünf Jahren mit dem TuSEM 2005 den EHF-Pokal. &bdquo;Wir hatten eine wilde Truppe“, betet &bdquo;Ebbe“ illustre Namen wie Chrischa Hannawald, Oliver Roggisch, Dimitri Torgowanow, Gudjon Valur Sigurdsson, Viktor Szilagyi, Mark Schmetz oder Michael Haaß runter.

Heimathafen Minden. Nach der Insolvenz des TuSEM wollte Klesniks mit seiner Frau Baiba, einer Kosmetikerin, sesshaft werden. Da kam das Angebot von GWD, wo Richard Ratka auf der Bank saß, gerade recht. &bdquo;Minden war auch eine Entscheidung für unseren Sohn, der bald zur Schule kam. Er sollte in einem guten Umfeld aufwachsen“, sagt Evars Klesniks. Ein Plan, der aufgegangen ist. Erlens, inzwischen 14 Jahre alt, spielt ebenfalls Handball. Allerdings als Torwart in der C-Jugend-Oberliga bei GWD.

Fünf Ein-Jahres-Verträge in Wetzlar. Bei den Mittelhessen sei er nach dem Kreuzbandriss von Daniel Valo kurzfristig &bdquo;reingerutscht“. Doch statt eines längerfristigen Vertrages gab es für den Abwehrrecken stets nur häppchenweise Nachschlag. So blieb seine Familie in Minden und &bdquo;Ebbe“ brachte Opfer. Die einfache Fahrt von Minden nach Wetzlar betrug 300 Kilometer. Pro Jahr kamen auf die zahlreichen Busfahrten somit locker noch 60.000 Kilometer drauf. &bdquo;Ich bin nach der Rückkehr von unseren Auswärtsfahrten aus dem Bus teilweise direkt ins Auto gestiegen, um zu meiner Familie nach Hause zu fahren“, sagt Klesniks. Was den Verbleib in Wetzlar erleichterte, war der enge Draht zu Kay Wandschneider. &bdquo;Ein Supertrainer mit unheimlich viel Fingerspitzengefühl. Er trainiert nicht zu viel und nicht zu wenig und hat einen tollen Riecher für neue Spieler. Wahnsinn, was er aus den Jungs rausholt“, gerät Klesniks geradezu ins Schwärmen. Zudem sei Torwarttrainer Jasmin Camdzic ein weiterer Trumpf.

Ungeschlagen in Lemgo. Von seiner letzten Station kennt er kurioserweise nur die Phoenix-Contact-Arena. &bdquo;In der Stadt bin ich leider nie gewesen“, gibt der Vertreter von Fabian van Olphen unumwunden zu. Obwohl er nur zwei Monate in Lemgo war, hat er vom Verein eine hohe Meinung gewonnen: &bdquo;Ich kann nur Gutes und Positives vom TBV sagen. Sollte ich mal von einem Spieler gefragt werden, dann würde ich ihm Lemgo empfehlen. Der Verein, das ganze Drumherum, ist auf einem sehr ordentlichen Niveau. Der TBV ist gut aufgestellt.“

Auf der Trainerbank. Evars Klesniks schüttelt mit dem Kopf. &bdquo;Ich sage nicht nie. Aber ich hoffe, ich komme drum herum.“ Trainer sei ein sehr schwerer Job. &bdquo;Da bist du Vater, Mutter und Betreuer in einer Person. Und du musst gleichzeitig 18 Charaktere unter einen Hut bringen. Das ist nichts für mich.“

Klesniks Dreamteam Der 40-jährige Lette hat in den 17 Jahren in Deutschland mit vielen Topstars zusammengespielt. Sein fiktives Dreamteam sieht so aus: Im Tor Benjamin Buric, den Klesniks auch &bdquo;charakterlich top“ findet. Linksaußen: Gudjon Valur Sigurdsson, Rechtsaußen: Kristjan Björnsen. Am Kreis hat er mit Dimitri Torgowanow und Jannik Kohlbacher gleich zwei Eisen im Feuer. Auf Rückraum links wäre Oleg Velykky unantastbar, ebenso wie Ivano Balic auf der Mitte. Und auf Halbrechts, seiner Stammposition? Klesniks lacht: &bdquo;Da wähle ich mich natürlich selber. Aber den ,Ebbe bis 2005, vor meiner Schulterverletzung. Ansonsten müsste Viktor Szilagyi übernehmen.“

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