TBV plant eine Vor-Vorbereitung

Lemgo. Seit 15 Wochen herrscht Schicht im Schacht beim Handball-Bundesligisten TBV Lemgo Lippe. Bei positiver Betrachtung ist damit gerade erst Halbzeit in der quälend langen Corona-Pause. Vorbehaltlich der Zustimmung des HBL-Präsidiums am nächsten Dienstag soll der Bundesliga-Neustart Anfang Oktober erfolgen – in weiteren 15 Wochen.

Schon seit einiger Zeit beschäftigt sich eine sechsköpfige Gruppe um Jennifer Kettemann (Rhein-Neckar Löwen), Lisa Heßler (Eulen Ludwigshafen), Sabine Holdorf-Schust (Kiel), Björn Seipp (Wetzlar) und Karsten Günther (Leipzig) mit der Was-wäre-wenn-Frage. Um einen möglichen Startpunkt zu definieren, wurde die Saison vom 30. Juni 2021 zurückgerechnet. Dabei spielte das HBL-Sextett vornehmlich zwei Szenarien durch: einen Saisonstart Anfang September sowie einen Auftakt erst Anfang Oktober. Je früher, desto wahrscheinlicher sind Geisterspiele. Je später, desto enger wird das folgende Mammutprogramm für die Profis.

Schließlich wird die 1. Liga in der Spielzeit 2020/2021 auf 20 Teams aufgestockt, was 38 statt 34 Spieltage zur Folge hat. Hinzu kommen die modifizierten Europacupwettbewerbe, zwei nachgeholte Final-Four-Turniere, die Weltmeisterschaft in Ägypten (14. bis 31. Januar), diverse Qualifikationsspiele der Nationalmannschaft sowie vom 23. Juli bis 8. August die Olympischen Spiele in Tokio. Speziell für die Nationalspieler bedeutet dieses Pensum eine gewaltige Belastung.

Trainingslager in Lippe Vor diesem Hintergrund stehen auch die Trainer vor großen Herausforderungen. Florian Kehrmann, der sich derzeit im Aktivurlaub am Millstätter See fit hält, muss trotz schöner Wander- oder Fahrradtouren jeden Tag an die kommenden Aufgaben denken. Denn die Vorbereitung wird definitiv einen ganz anderen Zuschnitt als bisher bekommen. Auf ein auswärtiges Trainingslager wird der TBV aller Voraussicht nach verzichten. &bdquo;Wir haben in Lippe mit der Phoenix-Contact-Arena hervorragende Voraussetzungen. Mit zwei Hallen plus Kraftraum zählt sie zu den Topadressen in Deutschland. Dazu kommt die Stadt Lemgo mit dem Walkenfeld. Das alles sind perfekte Trainingsmöglichkeiten“, weiß Kehrmann die Gegebenheiten vor der Haustür absolut zu schätzen.

Als &bdquo;gut gemeinte Hilfe“ bezeichnet der TBV-Coach die Ergebnisse einer vom DHB eingesetzten Taskforce. Unter dem Titel &bdquo;Return to play“ hatten Trainer und Sportwissenschaftler vor zwei Wochen in einer Videokonferenz den 60 Vertretern der Männerclubs sowie 30 Repräsentanten der Frauen-Bundesliga eine Richtschnur für eine optimale Vorbereitung vorgestellt. Die wichtigste Empfehlung ist eine deutlich längere, in drei Phasen aufgegliederte Vorbereitung zwischen 15 bis 17 Wochen, inklusive einer fünf- bis siebenwöchigen Vor-Vorbereitung, der sich noch einmal eine kurze, aktive Sommerpause anschließen kann.

Der TBV bestritt sein letztes Bundesligaspiel am 5. März. Laut DHB-Sportvorstand Axel Kromer würden die fünf bis sieben Wochen mit kontinuierlicher Steigerung in der Vor-Vorbereitung benötigt, um wieder auf 80 Prozent der Normalbelastung zu kommen. Das sei der Wert, um nach einer kurzen Regenerationspause in die reguläre Vorbereitung einzusteigen. Florian Kehrmann wertet die DHB-Ausführungen als &bdquo;guten Anker“. Die Schwierigkeit sei jedoch, die Vorgaben individuell an das Fitnesslevel der Spieler anzupassen. Kehrmanns Schützlinge halten sich während der andauernden Kurzarbeit eigenverantwortlich in Heimarbeit fit. Lediglich die Drittligaspieler können mit Matthias Struck Hallentraining betreiben.

Schweden droht Quarantäne Bei einem Saisonstart Anfang Oktober will Florian Kehrmann seine Männer ab Mitte Juli wieder zusammenziehen. Wobei im Vorfeld spezielle Corona-Parameter zu berücksichtigen sind. Stichwort Schweden und Quarantäne. Laut Jörg Zereike lag das Heimatland von Peter Johannesson, Jonathan Carlsbogård und Andreas Cederholm gestern bei der Ausweisung internationaler Risikogruppen des Robert-Koch-Instituts weiter über der relevanten 50er Marke. Zunächst gehe es nach der langen Pause darum, den athletischen Stand zu überprüfen und die jeweiligen Fitnesszustände abzugleichen. Anschließend sollen die Spieler mit einfachen Passübungen behutsam an den Leistungshandball herangeführt werden. Zusammen mit Co-Trainer Matthias Struck und Jörg Zereike überlegt Florian Kehrmann derzeit noch, ob es nicht besser sei, in der Anfangsphase in zwei Gruppen zu trainieren: &bdquo;Sollte der Worst case eintreten, würden wir so das Risiko minimieren.“

Sportler werben für Corona-App Zu den fast 10 Millionen Deutschen, die die Corona-Warn-App bereits auf ihr Smartphone geladen haben, zählt auch Jörg Zereike. &bdquo;Ich bin ein großer Befürworter. Für Veranstaltungen würde die Corona-App vieles einfacher machen“, sagt der TBV-Geschäftsführer, der mit seiner Meinung nicht alleine steht. Alle Handball-Bundesligaklubs pushen die neue Anwendung. Auch andere Sportarten fordern zum Download auf. Die Fußballprofis der 1. und 2. Liga werden am 33. und 34. Spieltag das Logo der App sogar auf dem Ärmel tragen. Zudem wird auf den Brusttaschen der Schiedsrichter-Trikots sowie auf den Eckfahnen für die App geworben.

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