Trauer, Tempo, Theuerkauf: So ist die Stimmung beim TBV vor der 50. DHB-Pokalendrunde

Lemgo. Deklariert war es als Lebensretter-Spiel. Doch vieles drehte sich beim 32:23 (18:12) des TBV Lemgo Lippe über den 1. VfL Potsdam um einen Verstorbenen. Obwohl alle Lemgoer Spieler Rüdiger Risch weniger als Physio auf der TBV-Bank, sondern eher als wertvollen Ratgeber und Mastermind aus der gleichnamigen Reha kannten, war die Betroffenheit groß.

&bdquo;,Rüdis’ Tod ist eine sehr traurige Nachricht, die wir alle erst verdauen mussten“, gab Leve Carstensen das Stimmungsbild im jungen TBV-Kader wieder. Florian Kehrmann, der seit 1999 vertrauensvoll mit dem allseits beliebten Physiotherapeuten und Heilpraktiker zusammenarbeitete, wirkte während der Gedenkminute angefasst und zeigte sich nach dem Spiel erleichtert: &bdquo;Ich bin froh, dass ,Rüdi’ in diesem Rahmen so gewürdigt wurde. Das war ein ganz tolles Zeichen der Mannschaft.“

Makellose Flügelstürmer Dass die Lipper anfangs etwas gehemmt wirkten, wollte Carstensen nicht mit der traurigen Ouvertüre des interessanten Sportabends (mit dem Halbzeitauftritt der Vize-Weltmeisterinnen im 2er-Kunstradfahren vom RSV Knetterheide, Kim Leah Schlüter und Neele Jodeleit) in Verbindung bringen. &bdquo;Wir haben erst etwas Zeit gebraucht, um reinzukommen. Dann ist es uns gelungen, mit mehr Druck aufs Tor zu gehen. Dank unserer Qualitäten im Eins-gegen-eins sind wir dann in der Abwehr durchgekommen“, sagte der TBV-Linksaußen, der ebenso wie sein Konterpart auf der rechten Flanke, Bobby Schagen, eine makellose Abschlussquote aufwies.

Nachdem sich der TBV Ende Februar in Potsdam nur mit viel Glück zum 22:21 durchgemogelt hatte, war die Deutlichkeit im Wiederholungsspiel etwas überraschend. &bdquo;Das sind kleine, junge Männer, die immer Vollgas geben und nie aufhören“, charakterisierte Carstensen den unerschrockenen Aufsteiger, der vermutlich jedoch wieder direkt zurück in die 2. Liga geht.

TBV-Geschäftsführer Jörg Zereike gefällt außerdem eine weitere Lemgoer Entwicklung: &bdquo;Man sieht mittlerweile, dass wir konstant eine gute Abwehr hinstellen können. Gegen die Rhein-Neckar Löwen hat das nicht geklappt. Aber das ist auch ein ganz anderes Kaliber. Doch wenn es uns gelingt, dann haben wir sofort mehr Qualität und können die gegnerischen Fehler mit Tempotoren bestrafen.“

Tempo war auch schon vorm Anpfiff ein Thema in der Phoenix-Contact-Arena. Schließlich hatte TBV-Beirat Roy van Maanen von der MR Group das aus der DTM bekannte und ebenfalls von ihm unterstützte ABT-Sportsline Racingteam zu einem Partner-Workshop eingeladen. Vor dem Bundesligaspiel stand den im Annenhof untergebrachten Gästen neben dem ehemaligen DTM-Profifahrer Martin Tomczyk auch Jörg Zereike Rede und Antwort.

Zerbes nächste Pokalchance Entspannt kann der TBV am Wochenende nun das 50. DHB-Pokal-Final-Four in Köln verfolgen. In der Lanxess-Arena möchte Lukas Zerbe im Dress des THW Kiel seine magischen Momente von 2021 wiederholen, als er mit dem TBV im nachgeholten Corona-Final-Four von 2020 sensationell in Hamburg triumphierte. In einer digitalen Präsentation zum 50. Pokaljubiläum hat die HBL auch Christoph Theuerkauf zu Wort kommen lassen, den Trainer Florian Kehrmann reaktiviert hatte.

Abenteuerlich war, was dem Lemgoer Wunder vorausging. Theuerkauf: &bdquo;Geplant war, dass wir zunächst ein Hotel beziehen. Wir wollten dann Essen und Spazierengehen, um uns zu fokussieren. Doch der Bus geriet bei der Anreise in einen Monsterstau. Unser Busfahrer musste viele Regeln übertreten, damit wir es überhaupt rechtzeitig in die Halle schafften.“ Als sie in Badelatschen aus dem Bus stiegen und sahen, wie die THW-Stars in feiner Montur anreisten, hätten sie sich wie Amateure gefühlt. &bdquo;Die Kieler hatten auch ein mobiles Kältebad dabei und Spinning-Räder für die Regeneration“, erinnert sich Theuerkauf. Die Folge ihrer Anreise war eine desaströse erste Halbzeit: &bdquo;Der THW hat uns überrollt.“ Zur Halbzeit lag Lemgo mit sieben Toren zurück. Doch ab der 36. Minute gelang dem TBV vom 14:21-Rückstand zum 29:28-Sieg eines der verrücktesten Comebacks der deutschen Pokalgeschichte.

Der TBV Lemgo Lippe war derart im Flow, dass tags darauf auch die MT Melsungen mit 28:24 niedergerungen wurde und Florian Kehrmann als vierter Trainer nach Lajos Mocsai (1995), Iouri Chevtsov (1997) und Zbigniew Tluczynski (2002) den Pokal in die Höhe stemmen durfte. Florian Kehrmann ist auch an diesem Wochenende beim Mega-Event in der Lanxess-Arena dabei – als Markenbotschafter des künftigen TBV-Ausrüsters Kempa.

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