Thermik, Schock und Schnappatmung: TBV Lemgo Lippe fordert den Meister aufs Äußerste

Lemgo. Florian Kehrmann hat in den vergangenen Wochen einen neuen Lieblingsbegriff gefunden: &bdquo;Thermik“. Aufsteigende Luft, die wärmer ist als die Umgebung, hatte auch das Top-Spiel des 32. Spieltags in der Handball-Bundesliga zu bieten. Beim hauchdünnen 29:31 (14:15) des TBV Lemgo Lippe gegen den SC Magdeburg ging es derart heiß her, dass die 4520 Zuschauer im brodelnden Kessel der Phoenix-Contact-Arena mehrfach Schnappatmung bekamen.

Es lief die dritte Minute - der TBV war durch den energischen Leve Carstensen beim 2:1 erstmals in Führung gegangen - als der Deutsche Meister einen ersten Schock verdauen musste. Nach einem harmlos erscheinenden Zweikampf mit Frederik Simak fiel Gisli Kristjansson mit der linken Schulter so unglücklich auf den Boden, dass er danach von TBV-Mannschaftsarzt Volker Broy mit Verdacht auf eine Schultereckgelenksverletzung in die Kabine eskortiert wurde. Kurz darauf parierte Urh Kastelic einen Siebenmeter von Omar Ingi Magnusson plus den Nachwurf von Antonio Serradilla, womit der TBV-Keeper, um mit den Worten seines Trainers zu sprechen, &bdquo;die Halle anzündete“. Apropos Thermik: Ein großes Lob gebührte am Sonntagnachmittag auch Mattes Niederkrüger und Adrian Mertens aus Blomberg, die sich als emsige Wischer ein Fleißkärtchen verdienten und exakt 25 Mal den Schweiß vom Boden putzten.

Der TBV spielte eine tolle erste Halbzeit und führte nach einem rasanten Gegenstoß von Bobby Schagen mit 10:7 (20.). Doch nach dem 12:9 fingen sich die Gäste, nutzten eine doppelte Überzahl und drehten die Partie in der 27. Minute zum 12:13.

Obwohl der TBV beim 14:15 zur Pause mit 29 Prozent gegenüber 7 Prozent ein deutliches Plus an gehaltenen Bällen verzeichnete, schickte Kehrmann im zweiten Abschnitt Constantin Möstl ins Rennen. Der 25-jährige Österreicher meldete sich gleich mit einer Doppelparade an und verbuchte am Ende fünf Paraden. Was zu einem zählbaren Ertrag aber nicht reichte. Vorne gingen Tim Suton und Lukas Hutecek unermüdlich in die Blaue-Flecken-Zone und verursachten bei den SCM-&bdquo;Türstehern“ Saugstrup, Serradilla, O’Sullivan oder Bergendahl häufig Funkenflug.

Lemgos Spezialität mit dem häufigen Verzicht auf einen Kreisläufer begegneten die Gäste mit einer offensiven Abwehr. &bdquo;Sie wissen, dass man unseren Angriff mit vier Rückraumspielern fast nur mit Härte oder Ziehen am Trikot verhindern kann, damit Tim und ich nicht so richtig ins Stoßen-Rückstoßen kommen“, sagte Lukas Hutecek. Dass es in der intensiven Partie am Ende kein Happyend gab, führte der TBV-Taktgeber auf ein paar Kleinigkeiten in der Deckung zurück. &bdquo;Hinten raus schaffen wir es nicht, unseren Torhütern Hilfe zu geben. Aber Magdeburg steht nicht umsonst zum wiederholten Male im Champions-League-Final-Four. Das ist eine Weltklasse-Mannschaft, gegen die wir auf Augenhöhe gespielt haben. Hut ab vor unserer Leistung. Wir müssen uns nichts vorwerfen“, war Hutecek nach der etwas unglücklichen Schlussphase (das 26:26 war in der 53. Minute das letzte Unentschieden) mit sich im Reinen.

&bdquo;Magdeburg war einfach etwas abgezockter“, befand Bobby Schagen, während Leve Carstensen bedauerte, &bdquo;dass wir zum Ende hin die Helfersituationen in der Abwehr nicht mehr so hinbekommen haben“. Speziell der für Kristjansson gekommene Philipp Weber (11/4) spielte wie aufgedreht. Dafür, so Florian Kehrmann, habe man das gefürchtete Kreisläuferspiel des SCM &bdquo;gut gestellt“.

Hatte sich der TBV-Coach nach dem 27:30 im Hinspiel und einer langen Wartezeit vor der Pressekonferenz öffentlich über fehlenden Respekt beklagt, so ging sein Trainerkollege Bennet Wiegert nach dem Rückspiel in die Offensive: &bdquo;Für mich war es keine Überraschung, dass das Spiel so eng und hart umkämpft war. Ich finde die öffentliche Wahrnehmung in Deutschland etwas verkehrt. Es wird viel über fantastische Leistungen von Melsungen und Flensburg oder den engen Abstiegskampf gesprochen. Doch fällt mir der TBV zu weit hinten runter. Was Lemgo macht, mit welchen taktischen Varianten sie unterwegs sind, wie konstant sie punkten und immer und überall für etwas in Frage kommen, das muss einfach noch mehr Anerkennung finden.“

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