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Bericht zu Grenfell-Katastrophe: «Jahrzehnte des Versagens»

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Das ausgebrannte Hochhaus ragt noch immer im Stadtteil North Kensington in die Höhe. Er ist weiträumig mit einem Holzzaun abgesperrt, der mit Fotos, Kunstwerken und Botschaften von Trauernden geschmückt ist. - © Lucy North/PA Wire/dpa
Das ausgebrannte Hochhaus ragt noch immer im Stadtteil North Kensington in die Höhe. Er ist weiträumig mit einem Holzzaun abgesperrt, der mit Fotos, Kunstwerken und Botschaften von Trauernden geschmückt ist. (© Lucy North/PA Wire/dpa)

Inkompetenz und Profitgier: Mehr als sieben Jahre nach dem verheerenden Brand in dem Londoner Hochhaus Grenfell Tower hat ein Untersuchungsbericht Behörden und Unternehmen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt.

Bei dem Feuer im Stadtteil North Kensington im Juni 2017 starben 72 Menschen. Der im 4. Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. Dabei hatte vor allem die Fassadenverkleidung eine fatale Rolle gespielt, wie sich bei der seit Jahren laufenden Untersuchung herausstellte.

Schier endlose Kette von Fehlverhalten und Versagen

Der Turm selbst ist eingerüstet und mit einer weißen Plane umhüllt. - © Lucy North/PA Wire/dpa
Der Turm selbst ist eingerüstet und mit einer weißen Plane umhüllt. (© Lucy North/PA Wire/dpa)

Die Fassade war erst kurz vor dem Unglück mit einer Isolierung und Verkleidung versehen worden, um den bereits 1974 fertig gestellten Wohnturm ansehnlicher und energetisch effizienter zu machen. Doch die Fassadenteile aus Aluminium mit Kunststoffkern waren völlig ungeeignet und wirkten wie Brandbeschleuniger.

Immer wieder zu lesen ist die Forderung nach strafrechtlichen Folgen für die Verantwortlichen bei Behörden und Unternehmen. - © Lucy North/PA Wire/dpa
Immer wieder zu lesen ist die Forderung nach strafrechtlichen Folgen für die Verantwortlichen bei Behörden und Unternehmen. (© Lucy North/PA Wire/dpa)

Dass sie dennoch installiert wurden, lag an einer schier endlosen Kette von Fehlverhalten und Versagen bei Behörden und Unternehmen, wie aus dem aktuellen Bericht hervorgeht. So wurden Brandschutzbestimmungen lax ausgelegt, Testergebnisse manipuliert oder falsch dargestellt und Warnungen in den Wind geschlagen.

Der im 4. Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. - © Victoria Jones/PA Wire/dpa
Der im 4. Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. (© Victoria Jones/PA Wire/dpa)

«Die simple Wahrheit ist, dass die Todesfälle allesamt vermeidbar waren», sagte der Vorsitzende der Untersuchung, Martin Moore-Bick. Die Katastrophe sei «das Ergebnis jahrzehntelangen Versagens» der Zentralregierung und anderer verantwortlicher Stellen hinsichtlich der Verwendung brennbaren Materials an den Außenmauern von Hochhäusern. Ursache sei in erster Linie Inkompetenz gewesen, in manchen Fällen aber auch Profitgier.

Für viele wurden ihre Wohnungen zur Todesfalle

Auch der Feuerwehr wurden schwere Fehler angelastet. So hatte sie den Menschen viel zu lange dazu geraten, in dem brennenden Gebäude zu bleiben und auf Hilfe zu warten. Dabei zeichnete sich schnell ab, dass die Flammen rasch den ganzen Tower erfassen werden. Für viele wurden ihre Wohnungen zur Todesfalle.

Viele Überlebende und Hinterbliebene fordern seit langem Konsequenzen. Doch strafrechtliche Folgen hat die Untersuchung nicht. Ob und wann es zu Anklagen kommen wird, ist ungewiss.

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