Debatte um Netzentgelte und Transportgenehmigungen bremsen Windkraft-Ausbau

Den Ausbau der Windkraft im &bdquo;Deutschland-Tempo“ hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprochen - und damit gemeint, dass neue Windräder ab sofort besonders schnell genehmigt, errichtet und ans Netz genommen werden sollen. Nach dem schleppenden Zuwachs der vergangenen Jahre hatte Scholz den Bedarf Anfang des Jahres mit fünf neuen Windrädern pro Tag beziffert. Bislang liegt der Ausbau der Windenenergie 2023 - trotz einer Beschleunigung - gegenüber 2022 aber &bdquo;vom notwendigen Pfad noch weit entfernt“, erklärte der Branchenverband gerade.

Einen Vorschlag zur Beschleunigung hat gerade der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, gemacht - und damit eine heftige Debatte ausgelöst. Müller hatte sich in der &bdquo;NOZ“ dafür ausgesprochen, in Regionen mit viel Windkraft die Gebühren für den Strom zu senken, indem sie von hohen Gebühren entlastet werden. Denn weil die Verbraucher nicht nur für den Strom zahlen, sondern in Form der &bdquo;Netzentgelte“ auch für Leitungen und Investitionen ins Netz, wird in Windkraft-Regionen deutlich mehr gezahlt als im Süden, wo man von dem Windstrom aus dem Norden nur profitiert.

Demnächst will der Bundestag der Netzagentur die Verantwortung für die Preisgestaltung übertragen - dann werde sie einen Reformvorschlag vorlegen, so Müller. Der Gegenwind aus Bayern kam prompt: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) befürchtet höhere Strompreise und Nachteile für die heimische Industrie. Doch Scholz stärkte dem Agenturchef nun den Rücken: &bdquo;Wir werden sehr zügig eine gerechte Lösung finden, die natürlich zur Entlastung im Norden und Osten führt“, sagte der Kanzler am Montagabend in Potsdam. Er habe mit den 16 Ministerpräsidenten dazu Gespräche aufgenommen.

Habeck kündigt Bürokratieabbau an Zuspruch kommt bereits aus den Windkraftländern Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. &bdquo;Für die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende ist es entscheidend, dass die Kosten so schnell wie möglich fair verteilt werden“, sagte der Kieler Staatssekretär für Energiewende und Klimaschutz, Joschka Knuth (Grüne), dieser Redaktion. Und Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (SPD) betonte: &bdquo;Kaum ein Land ist mit dem aktuellen System der Netzentgelte einverstanden.“

Die Ampel-Fraktionen stehen für die Reform bereit. &bdquo;Die gegenwärtige Regelung der Netzentgelte kann keinen Bestand haben“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Auch die Energieexpertin der Grünen, Ingrid Nestle, gab Müller wie Scholz Recht: &bdquo;Hohe Netzkosten in Regionen mit viel Wind- und Sonnenstrom sind ungerecht und ein Nachteil für den ländlichen Raum.“ Und der FDP-Sprecher für Energiepolitik, Michael Kruse, schlägt zudem vor, die Kostenverteilung &bdquo;am Nutzen des Zubaus“ zu orientieren: &bdquo;Wer viel Erneuerbaren Strom aus dem Norden in den Süden durchleitet, muss dafür belohnt werden.“

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte zudem eigene Beschleunigungsschritte zum Ausbau von Solar- und Windkraft an - vor allem durch Bürokratie-Abbau. Mit einem &bdquo;Praxis-Check“ werde sein Ministerium &bdquo;konkret identifizieren, welche Regelungen entfallen oder geändert werden müssen“, damit &bdquo;wichtige wirtschaftliche Investitionen leichter getätigt werden können“, sagte er der &bdquo;Rheinischen Post“. Teile der Neuerungen sollen an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden und den Betrieb von privaten Photovoltaik-Anlagen attraktiver machen.

15.000 unbearbeitete Anträge Zudem kritisierte Habeck den Genehmigungsstau für Schwertransporte. Nach Angaben der Logistikbranche liegen derzeit rund 15.000 Anträge unbearbeitet allein bei der Autobahn GmbH für Nordwestdeutschland. Der Windenergie-Verband warf dem Bundesverkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) deshalb bereits eine regelrechte Sabotage des Windkraft-Ausbaus vor.

Wissing patzte nun zurück: &bdquo;Ich bin nicht für den Ausbau der Windenergie zuständig, das ist Sache des Kollegen Habeck“, sagte er auf &bdquo;Welt“-TV. Zudem müssten Schwertransporte nicht von der bundeseigenen Autobahn GmbH, sondern von den Ländern genehmigt werden. Allerdings zeige das Beispiel, dass instandgesetzte Straßen sehr gebraucht werden: &bdquo;Die Genehmigung von Schwerlasttransporten kann immer nur dann erfolgen, wenn die Straßen in einem Zustand sind, dass sie solch schwere Lasten tragen können“, so Wissing.

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