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Unbesetzte Lehrstellen kann sich Deutschland nicht leisten

Carolin Nieder-Entgelmeier

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Bundesweit suchen Betriebe im Handwerk und anderen Branchen händeringend nach Auszubildenden, doch viele Lehrstellen bleiben unbesetzt. Obwohl es auch zahlreiche unversorgte Bewerber gibt. - © picture alliance
Bundesweit suchen Betriebe im Handwerk und anderen Branchen händeringend nach Auszubildenden, doch viele Lehrstellen bleiben unbesetzt. Obwohl es auch zahlreiche unversorgte Bewerber gibt. (© picture alliance)

In einer Zeit mit einem nie dagewesenen Arbeitskräftemangel finden jedes Jahr Zehntausende junge Menschen keine Ausbildungsplätze. Sie stecken in schulischen Warteschleifen, jobben im Niedriglohnsektor oder beziehen Sozialleistungen. In der Folge steigt die Zahl derer, die im Alter zwischen 20 und 35 Jahren keine Berufsausbildung haben, immer weiter an. Zuletzt auf das Rekordhoch von 2,6 Millionen Ungelernten. Gleichzeitig suchen immer mehr Betriebe nach Auszubildenden und Arbeitskräften und verzweifeln vielerorts bei der Suche. Das passt nicht zusammen und muss sich dringend ändern, denn der Mangel an Arbeitskräften entwickelt sich in immer mehr Branchen zu einem massiven gesellschaftlichen Problem.

Doch wie lässt sich dieser Missstand beheben? Nötig ist dafür an erster Stelle der Einsatz von Arbeitgebern, aber ebenso von Politik, Schule, Eltern und Gesellschaft. Denn auch die soziale Anerkennung entscheidet maßgeblich darüber, für welche Berufe sich Jugendliche entscheiden. Wichtig ist ebenso, dass Jugendliche zunächst über die vielfältigen Möglichkeiten der beruflichen und der akademischen Bildung sowie die Durchlässigkeit zwischen diesen beiden Bereichen informiert werden. Hier können Eltern und die Berufsorientierung mehr leisten, unabhängig von der Schulform.

Die Politik muss Schule dafür jedoch stärken und gleichzeitig dafür sorgen, dass Auszubildende ebenso wie Studenten Angebote für kostengünstige Mobilität und Wohnraum erhalten.

Auf die vermeintlichen Verlierer kommt es jetzt an

Gefragt ist die Politik aber auch im Umgang mit jungen Migranten. Hier zeigt das Beispiel Sprachprüfungen, dass die Politik den Ernst der Lage nicht erkannt hat. Um ausländischen Schülern den Start in ihr neues Leben etwas einfacher zu machen, besteht gesetzlich die Möglichkeit, eine Prüfung in der Muttersprache als Ersatz für Englisch abzulegen. Davon haben in der Vergangenheit viele Schüler profitiert, vor allem Russlanddeutsche. Vielerorts wird diese Möglichkeit jedoch eingeschränkt, sodass selbst gute Schüler im System scheitern.

Zudem muss es die Politik schaffen, dass Sozialleistungen keine Alternative zu einem Beruf sind, vor allem nicht in einem Alter, in dem die meisten Menschen voll in ihre Berufstätigkeit starten.

Es ist Zeit, dass alle anpacken, denn auf die vermeintlichen Verlierer kommt es jetzt an. Mit jedem Jahr, in dem diese jungen Menschen nicht zum Zug kommen, verringern sich auch ihre Chancen, überhaupt etwas zu werden. Das kann sich Deutschland nicht leisten.

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