Zum Start des neuen Kita-Jahres versichert NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne): „Es ist mein Anspruch, dass wir für Kinder, ihre Eltern und die Beschäftigten auch im kommenden Jahr mehr Stabilität und Verlässlichkeit in der frühkindlichen Bildung erreichen.“ Dazu wird es jedoch nicht kommen, vielmehr rechnen alle Beteiligten mit einer Verschärfung der Kita-Krise, die bereits seit Jahren kein Zukunftsszenario mehr ist, sondern bittere Realität.
Das zeigt das gerade abgelaufene Kita-Jahr in NRW eindrücklich. Trotz des hohen Betreuungsbedarfs mussten 102 der 11.000 Kindertagesstätten in NRW geschlossen werden. Zudem meldeten die Einrichtungen in nur einem Jahr 34.000 Mal personelle Unterbesetzungen, die zu temporären Schließungen von Gruppen und zu dauerhaft gekürzten Öffnungszeiten geführt haben. 1.000 Mal mussten Kitas zeitweise sogar komplett geschlossen werden. Und gleichzeitig wurden die Qualitätsstandards für das Personal weiter abgesenkt.
Diese Bilanz zeigt, wie dramatisch sich die Lage in den Kindertagesstätten in NRW zugespitzt hat. Die Folgen sind verheerend und treffen vor allem die Kinder, denn das System widerspricht ihren Grundbedürfnissen. Kinder brauchen pädagogisch qualifizierte und stabile Bezugspersonen in verlässlichen Strukturen. Das können Träger und Erzieher vielerorts jedoch nicht mehr leisten. Wie auch, wenn in Notsituationen, die immer mehr zur Regel werden, eine Fachkraft bis zu 60 Kinder betreuen muss.
NRW lenkt mit unerfüllbaren Wahlversprechen von der Krise ab
Die Folgen der Kita-Krise betreffen jedoch die gesamte Gesellschaft. Wenn Kinder nicht bestmöglich gefördert werden, Eltern weniger arbeiten müssen, Arbeitgeber auf Mitarbeiter verzichten müssen und Erzieher ausgebrannt aus dem Beruf ausscheiden, hat dies Potenzial, den Wohlstand und den Zusammenhalt im Land zu gefährden.Eine brandgefährliche Entwicklung, die Politiker endlich stoppen müssen und auch können, denn es gibt Lösungen.
Aktuell müssen Träger Geld mitbringen, um Kindertagesstätten betreiben zu können. In der Folge können sie ihre Angebote nicht aufrechterhalten, geschweige denn bedarfsgerecht erweitern. Wenn NRW jedoch Kita-Plätze garantiert, muss sie die Anbieter auskömmlich finanzieren, Ausbildungskosten refinanzieren und Tarifsteigerungen ausgleichen. Ebenso wichtig ist es, nicht länger die Qualitätsstandards für das Personal zu senken, sondern die Berufswege für pädagogische Fachkräfte zu professionalisieren und das Berufsfeld insgesamt attraktiver auszustatten.
Anstatt weiter mit unerfüllbaren Wahlversprechen wie einem beitragsfreien dritten Kita-Jahr zu versuchen, von der Krise abzulenken, muss NRW endlich handeln.