Passend zur Halbzeit setzt der Regen ein. Die schwarz-grüne Koalition in NRW ist seit zweieinhalb Jahren im Amt. Was nun von oben auf sie hinab prasselt, hat das Zeug für eine handfeste Regierungskrise. Im Mittelpunkt steht die wichtigste Richterstelle im Land, die CDU und Grüne neu besetzten wollten. Dabei geht es nicht nur um die Frage, warum diese Stelle seit drei Jahren vakant ist. Oder ob der Regierung ein Formfehler unterlaufen ist. Es geht um die heikle Frage: Hat die Landesregierung das Verfahren bewusst manipuliert, um ihre Wunschkandidatin für dieses Amt durchzuboxen?
Diesem Vorwurf sieht sich Schwarz-Grün seit Monaten ausgesetzt. Bislang stand NRW-Justizminister Benjamin Limbach von den Grünen dabei relativ allein im Regen. Jetzt wird auch die CDU nass.
Doch von vorn: Limbachs Amtsvorgänger Peter Biesenbach (CDU) hatte sich kurz vor Ende seiner Amtszeit entschieden, wie die wichtige Stelle besetzt werden sollte. Es lief auf einen Kandidaten zu. Doch nach dem Regierungswechsel in NRW stieg kurzfristig eine weitere Bewerberin ins Rennen ein. Die teilte dem damals neuen Justizminister Limbach ihre Pläne mit – bei einem gemeinsamen Abendessen.
Besetzungsverfahren zwischenzeitlich gestoppt
Die Kandidatin erhielt daraufhin eine Spitzen-Bewertung aus dem Innenministerium. Die ebnete ihr den Weg für den weiteren Verlauf. Die Kandidatin zog an zwei Mitbewerbern vorbei – und sollte den Postenzuschlag erhalten. Dagegen sind die unterlegenen Bewerber juristisch vorgegangen. Einer gab sogar an, von Schwarz-Grün bedrängt worden zu sein, seine Bewerbung zurückzuziehen. Vier Gerichte beschäftigten sich damit. Eines sah keine hinreichenden Bedenken, andere sprachen hingegen von „manipulativer Verfahrensgestaltung“ – und stuften den Vorgang als rechtswidrig ein. Er wurde zwischenzeitlich gestoppt.
Inzwischen soll ein Untersuchungsausschuss für Klarheit sorgen. Der förderte jetzt zutage, dass bei der wichtigen Spitzen-Beurteilung der Kandidatin Fehler passiert sind. Der Grund: Die zuständige Staatsministerin aus dem Haus von CDU-Minister Reul war erst zwei Monate im Amt. Sie hatte ihren Vorgänger bei der Benotung nicht um Einschätzung gebeten. Ein Gutachter wertet die Beurteilung somit als rechtswidrig. Die Landesregierung zieht die Bewertung nun zurück – und will das Verfahren neu aufrollen. Das ist eine heftige Klatsche.
Die Opposition sieht sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die NRW-Regierung versucht hat, mit Trickserei ihre Wunschkandidatin durchzusetzen. Und dass sie es mit der Gewaltenteilung nicht so genau genommen hat. Das wäre skandalös. Weil letztlich der Ruf einer unabhängigen Justiz Schaden nimmt. Für Limbach – aber auch für die CDU – wird es immer schwieriger, diesen Eindruck zurückzuweisen.