Düsseldorf/Berlin. Westfalen ist weit weg. Für die Rheinländer „irgendwo da bei Hannover“. Für die Berliner ist das „die Provinz bei Köln“. Und die Sprüche über Bielefeld kennt auch jeder. Alles Kokolores. Die Region ist aktuell besonders stark. Bloß wird das jetzt, wo in Berlin dieser Tage die Macht neu verteilt wird, nur auf den zweiten Blick deutlich.
Was wirtschaftlich auf Westfalen zutrifft, ist auch politisch der Fall: In der Region gibt es viele Hidden Champions – Akteure, die richtig was drauf haben, aber nicht immer überall bekannt sind. Und selbst das ist in einigen Fällen untertrieben. Denn mit Friedrich Merz aus Brilon im Sauerland stammt immerhin der designierte nächste Kanzler aus Westfalen.
Die CSU aus Bayern soll drei Ministerien erhalten

Zwar sitzt künftig für die CDU sonst kein Westfale im Bundeskabinett. Dennoch verfügt die Region über Einfluss. Mit Jens Spahn (Münsterland) wird ein Westfale die wichtige Fraktion im Bundestag führen. Das machte von 2018 bis 2022 auch der Gütersloher Ralph Brinkhaus. Der Paderborner Carsten Linnemann wird als Generalsekretär weiter den Kurs der Partei lenken.
Hendrik Wüst aus dem Münsterland zählt als NRW-Ministerpräsident zu den beliebtesten Politikern. Und ist der erste „richtige“ NRW-Regierungschef aus Westfalen. Von seinen zwölf Vorgängern wurden aber Fritz Steinhoff (Wickede) und Wolfgang Clement (Bochum) aus dem Ruhrpott zumindest landestechnisch der Region Westfalen zugeordnet.

Auch in der NRW-Regierung ist Westfalen stark vertreten
Die Fraktion der Grünen im Bundestag führt seit einigen Jahren die einflussreiche Bielefelderin Britta Haßelmann. Und an der Spitze des größten Landesverbands der Sozialdemokratie steht derzeit Achim Post aus Espelkamp im Kreis Minden-Lübbecke.
Svenja Schulze aus Münster ist seit Jahren Bundesministerin für die SPD, die sich dieser Tage zumindest erneut Chancen ausrechnen darf. Und mit Ina Scharrenbach (Kamen) und Karl-Josef Laumann (Steinfurt) wurden zwei Westfalen über Wochen als mögliche Bundesminister der CDU gehandelt, was auch für ihre Arbeit in NRW spricht.
Wiebke Esdar aus Bielefeld und Dirk Wiese aus Brilon sitzen in der SPD derzeit noch in der zweiten Reihe, gelten parteiintern aber als Gesichter der Zukunft.

Diese Namen zeigen: Der Einfluss der Westfalen ist groß; er wird aber gern unterschätzt, auch deshalb, weil die Akteure lieber liefern, anstatt zu prahlen. Ab diesem Monat, wenn Westfalen sein 1.250-jähriges Jubiläum feiert, darf die Bescheidenheit zumindest mal ein bisschen weichen.
Zu guter Letzt: Auch wenn Lippe offiziell nicht zu Westfalen zählt, so darf dieser Landesteil in der Betrachtung nicht hintenüberfallen, da er mindestens die Region Ostwestfalen-Lippe vervollständigt. Und die stellt seit Jahren den obersten Repräsentanten Deutschlands: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.