Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Deutschland muss jetzt die Freiheit verteidigen – und Rückgrat zeigen

Andrea Rolfes

  • 0
Johann Wadephul (CDU, r.), Außenminister von Deutschland, und sein ukrainischer Amtskollege Andrij Sybiha legen Rosen nieder an einem Haus, das bei einem Raketenangriff am 17. Juni zerstört wurde. - © Jörg Blank/dpa
Johann Wadephul (CDU, r.), Außenminister von Deutschland, und sein ukrainischer Amtskollege Andrij Sybiha legen Rosen nieder an einem Haus, das bei einem Raketenangriff am 17. Juni zerstört wurde. (© Jörg Blank/dpa)

Bielefeld. Es ist ein karges, aber berührendes Bild, das Bundesaußenminister Johann Wadephul in die Öffentlichkeit sendet: Eine zerbombte Hausfassade, davor im Staub ein Teddy sitzend, neben ihm steht ein Blumenkranz. In dieser Kriegskulisse legt Wadephul einen Strauß roter Rosen nieder. In dieser Szene liegt mehr politisches Gewicht, als in so manchem von Erwartungen überschütteten Gipfel, bei dem zuletzt Friedrich Merz vergeblich versuchte, die Ukraine auf der Agenda zu halten.

Wadephul sagt in Kiew einen entscheidenden Satz, der im Kern nicht neu ist, der aber in den vergangenen Wochen weniger präsent war. Sinngemäß: Die Ukraine verteidigt mit ihrem Kampf auch Europas Freiheit – deshalb muss ihre Unterstützung oberste Priorität deutscher und europäischer Außenpolitik bleiben.

Dabei geht es um die Botschaft, dass Europa ein Ort ist, in dem die Menschenwürde und das Völkerrecht als verbindlich gelten. Auch Merz hat früh erkannt, dass sich an der Ukraine die Zukunft Europas entscheidet. Hier wird verteidigt, dass Gewalt keine Grenzen verschieben darf.

Beunruhigend, was Merz beim Nato-Gipfel erlebte

Bundeskanzler in der zweiten Reihe: Mark Rutte (l.), Generalsekretär der Nato, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, Mitte) und US-Präsident Donald Trump stehen beim Nato-Gipfel für das Familienfoto zusammen. - © Kay Nietfeld/dpa
Bundeskanzler in der zweiten Reihe: Mark Rutte (l.), Generalsekretär der Nato, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, Mitte) und US-Präsident Donald Trump stehen beim Nato-Gipfel für das Familienfoto zusammen. (© Kay Nietfeld/dpa)

Auch deshalb verspricht Wadephul den Ukrainern anhaltende Waffenhilfe – eine Aussage, die heute fast so klingt, als müsste sie verteidigt werden. Denn während russische Marschflugkörper ukrainische Städte treffen, haben die USA ihren Blick längst abgewandt: Richtung Gaza, Richtung Teheran. Und in Washington sitzt mit Donald Trump ein US-Präsident, der sich nur noch widerwillig an die Seite Kiews stellt.

Putin nutzt das gnadenlos aus. Im Juni ist die Ukraine von Russland so heftig angegriffen worden wie noch nie zuvor. Insofern ist Wadephuls Besuch und Unterstützungsbekundung zum jetzigen Zeitpunkt richtig und wichtig. Doch ohne amerikanischen Rückhalt ist die Verteidigung der Freiheit doppelt schwer.

Umso beunruhigender, dass Merz beim Nato-Gipfel erleben musste, wie gleichgültig Trump auf seine Bitten reagiert, den Druck auf Putin zu erhöhen. Die selbstbewusste Ankündigung, Deutschland zur Führungsmacht zu machen, trifft hier auf die harte Realität: Wer die USA nicht auf seiner Seite weiß, hat in Kiew und schlechtere Karten.

Europas Geschlossenheit sichern

So manchem Zuschauer des Nato-Gipfels wird die Unterwürfigkeit der Europäer gegenüber Trump sauer aufgestoßen sein. Doch gibt es eine bessere Strategie? Fakt ist, dass die Europäer sich ihrem Schicksal fügen, weil sie glauben, dass sie ohne die USA schutzlos sind.

Und während Berlin und Europa über jedes Sanktionspaket ringen, ringen die Ukrainer ums Überleben. Wenn Deutschland ernsthaft Führungsmacht sein will, muss es diese Rolle im schlechtesten Fall ohne das Weiße Haus im Rücken ausfüllen können. Für Merz und Wadephul heißt das: Sie müssen Europas Geschlossenheit sichern – im Zweifel auch gegen den Starrsinn einzelner EU-Staaten.

Gemeinsam mit den europäischen Partnern müssen die Sicherheitsgarantien für die Ukraine glaubhaft, dauerhaft und mit Substanz hinterlegen. Dafür braucht es finanzielles und militärisches Engagement und eine diplomatische Offensive.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.