Thyssenkrupp-Chef Miguel López hat sich optimistisch zu einer möglichen Übernahme der Stahlsparte durch den indischen Stahlkonzern Jindal Steel geäußert. «Die Gespräche sind sehr intensiv und auch sehr vertrauensvoll. Es geht da gut voran», sagte López bei der Vorlage der Jahreszahlen für das Geschäftsjahr 2024/25, das Ende September zu Ende gegangen war. «Wir gehen (...) davon aus, dass die Gespräche mit Jindal, weil es einfach ein optimaler Fit ist, dass das auch wirklich funktionieren wird», sagte López weiter. Europa sei für Jindal Steel ein attraktives Marktumfeld.
Die angeschlagene Stahlsparte von Thyssenkrupp ist Deutschlands größter Stahlhersteller. Ende September waren rund 26.000 Menschen in der Sparte beschäftigt. Ein harter Sanierungskurs soll sie wieder wettbewerbsfähig machen. Er sieht den Abbau und die Auslagerung von Tausenden Stellen vor.
Konzernchef López: Aktuell läuft intensive Prüfung
Zum Stand der Gespräche mit Jindal Steel sagte López, man sei jetzt in einer Prüfungsphase, in der man sich das gesamte Vertragswerk und alle Zahlen genau anschaue. «Und dann beginnt man mit Verhandlungen.» Genauere Angaben zum Zeitplan wollte er nicht machen.
Thyssenkrupp und Jindal Steel hatten Mitte September bekannt gemacht, dass der familiengeführte Stahlkonzern die Stahlsparte von Thyssenkrupp kaufen will und bereits ein unverbindliches Angebot abgegeben hat. Nach Angaben des für Firmenübernahmen und -verkäufe zuständigen Vorstands Volkmar Dinstuhl zielt das Angebot auf eine mehrheitliche Übernahme ab. «Was mehrheitlich dann konkret heißt, wird sich dann im Laufe der Verhandlungen herausstellen.»
Grünstahl-Anlage in Duisburg wird weitergebaut
López bekräftigte die Pläne der Thyssenkrupp-Stahlsparte zum Bau einer neuen Anlage zur klimafreundlicheren Stahlherstellung in Duisburg. «Trotz eines komplexen wirtschaftlichen Umfelds und bestehender regulatorischer Unsicherheiten gehen wir mit dem Bau und dem geplanten Betrieb in Vorleistung», sagte López.
Damit schaffe man die Grundlage für den Einsatz großer Mengen grünen Wasserstoffs in Deutschland und leiste einen Beitrag zum Klimaschutz. «Dieses Vorgehen ist ein deutliches Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Deutschland. Und zu unserer Verantwortung für die Umwelt.»
López: Auch Jindal Steel wird Anlage weiterbauen
López geht davon aus, dass im Fall einer Übernahme Jindal Steel die sogenannte Direktreduktionsanlage weiterbauen wird. «Ich glaube, es ist zutreffend zu sagen, dass Jindal die DRI-Anlage in Duisburg bauen wird und will, so wie wir das auch wollen.»
Die sogenannte Direktreduktionsanlage kostet rund drei Milliarden Euro und soll einen Hochofen ersetzen. Bund und Land Nordrhein-Westfalen wollen den Bau mit bis zu zwei Milliarden Euro fördern. Die Anlage soll zunächst mit Erdgas und später mit Wasserstoff betrieben werden.
Bei der klassischen Herstellung von Roheisen in Hochöfen wird extrem viel Kohlendioxid ausgestoßen. Thyssenkrupp ist nach eigenen Angaben vor allem durch die Stahlproduktion für rund 2,5 Prozent der bundesweiten CO2-Emissionen verantwortlich.
532 Millionen Euro Überschuss im vergangenen Jahr erzielt
Nach einem Milliardenverlust im Vorjahr hat der Konzern das Geschäftsjahr 2024/25 (30. September) mit 532 Millionen Euro Gewinn abgeschlossen. Allerdings profitierte Thyssenkrupp hier von einer deutlichen Wertzuschreibung auf seinen verbliebenen Anteil im Aufzuggeschäft sowie dem Verkauf einer indischen Spezialstahl-Tochter. Demgegenüber standen millionenschwere Abschreibungen vor allem in der Stahl-Sparte sowie Umbaukosten. Aktionäre sollen erneut eine Dividende von 15 Cent je Aktie erhalten.
Der Umsatz lag bei 32,8 Milliarden Euro und damit 6 Prozent unter dem Vorjahreswert. Thyssenkrupp nannte als Hauptgründe eine gesunkene Nachfrage sowie niedrigere Preise vor allem im Werkstoffhandel und in der Stahlsparte. Ende September beschäftigte der Konzern knapp 93.400 Menschen, fünf Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Auf die Stahlsparte entfielen dabei knapp 26.000, ebenfalls fünf Prozent weniger.
Stahl-Sanierung wird 25/26 deutlichen Verlust bringen
Die Sanierung der Stahlsparte wird Thyssenkrupp im neuen Geschäftsjahr millionenschwere Verluste einbrocken. Weil das Unternehmen dafür hohe Rückstellungen bilden muss, dürfte im laufenden Geschäftsjahr 2025/26 unter dem Strich ein Fehlbetrag von 400 bis 800 Millionen Euro auflaufen, hieß es. Thyssenkrupp Steel Europe leidet unter Überkapazitäten und niedrigen Preisen am Weltmarkt, asiatische Billigkonkurrenz setzt die Stahlsparte unter Druck.
Von der Konjunktur erwartet Thyssenkrupp im laufenden Jahr konzernweit keinen Rückenwind, das schwierige Marktumfeld dürfte anhalten. Beim Umsatz geht das Unternehmen von einer Bandbreite von minus zwei bis plus einem Prozent aus.
An der Börse kamen die Neuigkeiten nicht gut an. Experten bemängelten insbesondere den Ausblick des Unternehmens. Das im Börsensegment MDax notierte Papier lag am frühen Nachmittag mit 8,71 Euro rund 8,3 Prozent unter dem Vortageswert.
Thyssenkrupp befindet sich in einem tiefgreifenden Umbau. Im Oktober hatte der Konzern seine Marineschiffbausparte TKMS an die Börse gebracht, aber die Mehrheit der Aktien behalten. Auch die drei übrigen Geschäftsfelder Autoteile, Werkstoffhandel und grüne Technologien will Thyssenkrupp in den kommenden Jahren eigenständig aufstellen und kapitalmarktfähig machen. Die Thyssenkrupp AG soll künftig zu einer Finanzholding werden.