"Wir spüren die Auswirkungen der Dürre bei unseren Ernten"

Herr Beringmeier, welche Botschaft geht vom Bauerntag in Münster von der Landwirtschaft an die Verbraucherinnen und Verbraucher?

Hubertus Beringmeier: &bdquo;Perspektiven schaffen – Zukunft bauen“ – dieses Motto könnte treffender nicht sein für diesen Bauerntag. Es zeigt: Wir Landwirtinnen und Landwirte sind bereit für Veränderungen. Wir haben eine Vielzahl an Themen aus der Tierhaltung, dem Umwelt- Natur- und Klimaschutz auf der Agenda.

Von der Politik erhoffen wir uns Konzepte und Programme, die den Betrieben Planungssicherheit und Zukunftsperspektiven bieten. Viele hervorragend ausgebildete junge Menschen sehen grundsätzlich eine Zukunft in der Landwirtschaft und freuen sich darauf, die Betriebe weiterzuführen und suchen individuelle Perspektiven zur Weiterentwicklung der Höfe. Mit dieser positiven Grundeinstellung gehen wir in die Gespräche mit Politik und Gesellschaft und machen deutlich: Landwirtschaft ist auch Lösungsanbieter.

Die deutsche Landwirtschaft ist mit einer Fülle neuer Herausforderungen konfrontiert. Was würden Sie als die drei größten Aufgaben nennen, denen sich die Bäuerinnen und Bauern in der nächsten Zeit stellen müssen?

Zunächst ist der geplante Umbau der Tierhaltung das zentrale Thema des Bauerntags und für unsere Tierhalter in Westfalen-Lippe. Eines nehme ich vorweg: Unsere Betriebe stehen in den Startlöchern und sind grundsätzlich bereit, zugunsten von mehr Tierwohl in ihre Ställe zu investieren. Das große &bdquo;Aber“ ist jedoch: Das angedachte Förderprogramm von Minister Özdemir schließt bisher durch die vorgesehenen Förderobergrenzen das Gros der Tierhalter in Westfalen-Lippe schlichtweg aus, das kann nicht Sinn der Sache sein. Zweitens: Im Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sind wir Betroffene und Lösungsanbieter gleichermaßen.

In den vergangenen Jahren spüren wir die Auswirkungen der Dürre in den Sommermonaten unmittelbar bei unseren Ernten. Gleichzeitig werden Umwelt-, Natur- und Klimaschutz von uns Landwirtinnen und Landwirten nicht nur unterstützt, sondern maßgeblich mitgetragen. Wir brauchen den Schulterschluss zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz und werben bei der Politik für kooperative Ansätze, denn Umwelt und Naturschutz funktionieren nur mit uns Landwirten.

Für uns bedeuten kooperative Ansätze auch, alle Verursacher in die Pflicht zu nehmen. Drittens wird dringend ein Wolfsmanagement benötigt, damit Weidetierhaltung eine Zukunft hat: Die aktuelle Wolfspolitik ist Wunschdenken.

Die Zahl der Schweine auf deutschen Höfen ist zuletzt noch mal stark zurückgegangen – wie es heißt, innerhalb eines Jahres um 7,3 Prozent auf jetzt noch 20,7 Millionen Tiere. Woran leidet die Branche aktuell?

Die Schweinehaltung in Deutschland erlebt in den letzten Jahren einen starken Strukturwandel. Dabei haben in den letzten zehn Jahren gut 50 Prozent der Sauenhalter und gut 40 Prozent der Schweinehalter insgesamt ihren Betrieb eingestellt. Gründe liegen insbesondere in der politischen Unsicherheit, fehlenden Rahmenbedingungen, aber auch an wirtschaftlich schweren Jahren und fehlender Hofnachfolge. Entscheidend ist es, dass der politische Knoten in Bezug auf Tierhaltung endlich gelöst wird. Betriebe, die ihre Ställe zu mehr Tierwohl umbauen wollen, brauchen Erleichterung im Bau- und Genehmigungsrecht sowie attraktive Förderkonzepte.

Auf den ersten Blick wirkt es überraschend, dass aus Reihen der Landwirtschaft Forderungen nach einer Ausweitung der Kennzeichnungspflicht für Fleisch zu hören sind. Erste Schritte hat Landwirtschaftsminister Özdemir ja eingeleitet. Was erwarten sie von der Politik jetzt weiter und warum?

Wir erwarten die Einführung einer staatlichen Tierhaltungskennzeichnung, die nicht nur frisches Schweinefleisch, sondern auch die Verarbeitungsware und andere Tierarten miteinschließt. Dies ermöglicht dem Verbraucher mehr Transparenz beim Einkauf in Anlehnung an unterschiedliche Haltungsformen. Zudem fordern wir die Einführung einer staatlichen Herkunftskennzeichnung, um die deutsche Ware für Verbraucher besser kenntlich zu machen und eine Entscheidung für heimische Produkte zu fördern.

Im Agrarbereich stoßen ökonomische und ökologische Interessen immer wieder heftig aufeinander. Muss Landwirtschaft im Hinblick auf gesunde Ernährung und Ressourcenschonung neue Wege gehen?

Für uns sind Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch. Durch eine Stärkung der heimischen Landwirtschaft wird zugleich aktiver Natur-, Umwelt- und Insektenschutz gefördert. Noch bestehende Defizite im Arten- und Klimaschutz müssen verringert werden. Dafür gibt es bereits gute Ansätze. Gleichzeitig gilt es, die regionale Lebensmittelerzeugung zu stärken.

Der Klimawandel mit stetiger Erwärmung, Trockenheit und Extremwetterlagen setzt der Landwirtschaft zu. Wie können die Betriebe diesen Belastungen standhalten?

Klimaanpassung und Klimaschutz sind hier die zentralen Stichworte. Wir unterstützen das Förderprojekt des Bundesumweltministeriums zum Humusaufbau. Humus hat eine wichtige Funktion zur CO2-Speicherung. Auch mit minimaler Bodenbearbeitung, und der Züchtung trockenheitsresistenter Pflanzen können wir den Herausforderungen begegnen. Mit dem Einsatz entsprechender Futtermittel kann in der Tierhaltung der Methanausstoß reduziert werden. Wir haben also durchaus Möglichkeiten, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.

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