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Italien will Spekulation an Tankstellen mit „Prezzo medio“-Angabe bekämpfen

In Italien soll ein neues Transparenzdekret für faire Preise an der Zapfsäule sorgen. Tankstellen müssen zusätzlich den regionalen Durchschnittspreis ausschildern. Auch eine Option für Deutschland?

Charleen Effenberger

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In Italien sind die Tankstellen ab sofort verpflichtet, neben ihren eigenen Spritpreisen auch die regionalen und nationalen Durchschnittspreise für Benzin und Diesel anzugeben. - © Stefano Porta/dpa
In Italien sind die Tankstellen ab sofort verpflichtet, neben ihren eigenen Spritpreisen auch die regionalen und nationalen Durchschnittspreise für Benzin und Diesel anzugeben. (© Stefano Porta/dpa)

Inmitten der Sommerferien mussten auch deutsche Autofahrerinnen und Autofahrer im Italien-Urlaub hohe Benzinpreise in Kauf nehmen. In einigen Regionen stieg der Preis für einen Liter Benzin zuletzt sogar über die Zwei-Euro-Schwelle. Doch seit dem 1. August soll ein nationales Transparenzdekret Abhilfe schaffen: Tankstellenbesitzer müssen den Durchschnittspreis für Benzin und Diesel zusätzlich zu den eigenen Spritpreisen angeben. Eine Regelung, die auch an deutschen Zapfsäulen für mehr Transparenz sorgen könnte?

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale (VZBV) kann dem etwas abgewinnen. Obwohl die deutsche Markttransparenzstelle den Wettbewerb der Mineralölgesellschaften bestärken und ungerechtfertigte Preise verhindern soll, beobachte der Verband weiterhin unfaire Preisunterschiede beim Tanken. „An den deutschen Autobahnen gibt es trotzdem extrem hohe Aufschläge für Benzin und Diesel, sodass dort eine Anzeige über Durchschnittspreise den Autofahrenden eine zusätzliche Information bieten würde“, sagte Marion Jungbluth, Teamleiterin Mobilität und Reisen im VZBV. Verbraucherinnen und Verbrauchen müssten bei der Suche nach günstigeren Alternativen noch immer Umwege in Kauf nehmen, so Jungbluth.

In Rom will man solchen Wucherpreise mit einer Neuregelung begegnen: Das Wirtschaftsministerium erhebt fortan die Preise für Benzin und Diesel in den Regionen täglich anstatt nur wöchentlich. Die Zahlen veröffentlichen sie im Internet. Die Tankstellen im Land sind dann verpflichtet, diese regionalen Durchschnittspreise – auf Italienisch „prezzo medio“ - neben den selbst festgelegten Spritpreisen vor Ort auszuschildern. An Autobahntankstellen ist es der nationale Mittelwert. Verbraucherinnen und Verbrauchern soll das die Wahl der Tankstelle erleichtern und vor überteuerten Preisen am Zapfhahn bewahren.

Preise sind in Deutschland online verfügbar

Dass eine solche Regelung in Deutschland positive Effekte hätte, bezweifelt der Geschäftsführer des Vergleichsportals Clever Tanken, Steffen Bock. „Den Preis an einer Tankstelle mit dem Durchschnittspreis einer Region oder gar des ganzen Landes zu vergleichen, hat kaum Aussagekraft“, sagte er. Laut Bock kostet die Anschaffung neuer Preistafeln lediglich mehr Geld und würde unnötige Emissionen verursachen. „Da sind wir mit unseren Apps und der praktisch in Echtzeit verfügbaren Preisinformation viel weiter“, betonte er.

Dem stimmt auch der ADAC zu. „In Deutschland gibt es seit rund zehn Jahren die Markttransparenzstelle für Kraftstoffpreise des Bundeskartellamts“, sagte ADAC-Sprecher Andreas Hölzel dieser Redaktion. „Damit sind in Deutschland rund um die Uhr fast alle Preise auf einfachem Weg für jedermann aktuell verfügbar, und zwar nicht erst an der Tankstelle“, ergänzte er. Demnach würde ein ähnliches Modell hierzulande keinen Mehrwert bieten. „Für Italien ist diese Regelung sicher ein guter Service und ein Schritt in die richtige Richtung“, so Hölzel.

Preisvergleichsapps wie in Deutschland kennen auch die Italiener. Trotzdem sind hohe Spritpreise vor Ort ein anhaltendes Thema. Erst Anfang Januar sorgte das unverhoffte Ende eines von der Regierung eingeführten Tankrabatts für neue Aufregung. Mit dem Transparenzdekret will das italienische Wirtschaftsministerium nun versuchen, die Benzinpreise zu stabilisieren und „Kraftstoffpreisspekulation“ zu unterbinden.

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