Von Autoteilen zu nachhaltigen Immobilien: Bielefelder Möllergroup erfindet sich neu

Bielefeld. Das Werksgelände der Möllergroup in Bielefeld und die Gebäude darauf sind in die Jahre gekommen. Und ein wenig auch das Geschäftsmodell. Auch wenn das noch ganz gut läuft. Kein Wunder, wird das älteste Unternehmen der Stadt im Jahr 2030 doch 300 Jahre alt.

Doch in diesen 295 Jahren hat es sich immer wieder neu erfunden und ist gerade erneut dabei. Ganz aktuell wird das Zuliefergeschäft für den Automobilbau immer unsicherer. Da kommt es gelegen, dass die Möllergroup schon seit 2018 dabei ist, ein ganz neues Standbein zu entwickeln.

Mit der Möller-Real-Estate steigt das Traditionsunternehmen ins Immobiliengeschäft mit Nachhaltigkeitsgarantie ein. Somit gebe es nun zwei Konzerne, die altbekannte Möllergroup mit internationalen Niederlassungen und Produktionsstätten zum Beispiel in den USA mit Automotive- und Industriezulieferung und die Möller-Real-Estate.

Möllergroup entwickelt Unternehmerkpark in Bielefeld Auf dem Gelände des Unternehmens, dem Kupferhammer im Bielefelder Süden, entsteht ein Unternehmerpark. &bdquo;Ich habe mich gefragt: Was muss geschehen, damit wir auch in 50 Jahren sagen können: Wir sind zukunftstüchtig?“, sagt der 90-jährige Senior-Chef des Familienunternehmens. Peter von Möller: &bdquo;Der Kupferhammer soll bestehen bleiben.“

Die Möller-Real-Estate entwickelt auf dem eigenen Gelände nun zahlreiche Gebäude, die keinerlei fossile Energie mehr benötigen, also CO?-frei wirtschaften – die Hälfte der Objekte für den Eigenbedarf, die andere wird vermietet und bringt dem Unternehmen Einnahmen. Es sollen Angebote für unterschiedliche Firmen aus unterschiedlichen Branchen sein, die sich am Kupferhammer niederlassen können. Einige sind schon da, andere sollen noch dazukommen. Auch da ist die Strategie klar. Nur nicht auf eine Branche konzentrieren. Denn wenn die in einer Krise gerät, zieht das gleich das ganze Vorhaben runter.

Gebäude werden mit Wärmepumpen geheizt Das umweltbewusste Bauen sei zukunftsgerichtet, sagt Dennis Rauhut, Geschäftsführer der Möller-Real-Estate, und biete auch für die künftigen Mieter Vorteile. Denn die sparten sich Kosten, weil sie kein oder wenig Geld dafür ausgeben müssten, die Gebäude zu unterhalten. Die üblichen Nebenkosten für Heizen und Strom seien deutlich niedriger. Kein Heizöl oder Gas müsste gekauft werden, die Gebäude werden mittels Wärmepumpen geheizt. Deren Energiebedarf stellten weitgehend Photovoltaikanlagen auf den Dächern und an den Fassaden sicher. Rauhut: &bdquo;Schon heute sind mehr als 10.000 Quadratmeter unserer Fläche nachhaltig.“

Die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen habe Teile des Projektes schon mit &bdquo;Gold“ zertifiziert. Sogar die Ziegelsteine der abgerissenen Gebäude wurden an ein Unternehmen verkauft, das sie für die Sanierung alter, denkmalgeschützter Häuser wiederverwendet hat. Alles im Zeichen der Nachhaltigkeit. Ladesäulen für den Fuhrpark sind selbstverständlich, genauso wie die komplett elektrisch betriebene Flotte der Real-Estate selbst. Zudem verlangten Banken bei der Kreditvergabe an Unternehmen schon heute immer häufiger Nachhaltigkeitsnachweise. Und wenn die von der EU vorgesehene CO?-Abgabe richtig greife, komme weitere Wirtschaftlichkeit hinzu.

Kita Möllernest macht den Anfang Fünf Gebäude sind bereits fertig, Mieter gefunden oder werden selbst genutzt. Den Anfang machte die unternehmenseigene Kita Möllernest. Das ist zwar kein Unternehmen, aber für die Familien der Beschäftigten praktisch. Auf 650 Quadratmetern spielen 55 Kinder in drei Gruppen. Strom bezieht die Kita aus der Photovoltaikanlage (PV). Der Nachhaltigkeitsstandard des ersten Projektes ist noch nicht ganz so hoch wie der späterer Gebäude. Mit dem KfW-55-Standard aber war ein Anfang gemacht.

Fast wie Perlen an einer Schnur reihen sich weitere Komplexe an der Gütersloher Straße/Brockhagener Straße entlang. Die List AG, ein Bauunternehmen aus Nordhorn, arbeitet hier mit der List Bau Bielefeld, der List Ingenieure und List Bauen im Bestand. Es ist ein Verwaltungsgebäude auf 5.300 Quadratmetern. Hier kommt zur PV-Anlage noch Geothermie als Heizquelle dazu, die über den Boden funktioniert und auch eine Kühlfunktion besitzt. Bei Hitzetagen im Sommer ist das für die Belegschaft sehr komfortabel.

Video: Interview mit MöllerGroup-Senior-Chef Peter von Möller Campus für Biotechnologie mit begrüntem Dach Darauf folgt der Campus for Science and Technology Bielefeld mit etlichen Firmen aus der Biotechnologie-Branche. Damit erreicht die Möller Real Estate KfW-40-Standard, wofür es das Goldzertifikat gab. Ladestationen für E-Bikes gehören zur Ausstattung. Erstmals geht es nicht nur um Energie. Auf dem begrünten &bdquo;Retentionsdach“ wird Regenwasser aufgefangen und gespeichert, das später wieder verdunstet. Das entlastet bei Starkregen die Kanalisation und trägt zum Prinzip &bdquo;Schwammstadt“ bei.

Etwa 300 Meter weiter nach dem Abzweig an der Brockhagener Straße ist eine Baustelle zu sehen, bei der es erst in wenigen Tagen richtig losgeht.

Biertrinker freuen sich über die Bielefelder Brauerei. Auf 1.000 Quadratmetern wird das &bdquo;Bielefelder“ gebraut.

Mittagspause im weitläufigen Park Für die Möllergroup selbst steht auf dem Gelände etwas zurückliegend eine Produktionshalle, die mit der PV-Anlage, dem Retentionsdach und Luftwasserwärmepumpe mit Heiz- und Kühlsegel ebenfalls Gold-Standard für nachhaltiges Bauen erreicht hat. Dort werden Faltbälge und Luftschläuche für die Industrie produziert. Weitere Flächen für weitere Ansiedelungen stehen bereit.

Und wie nebenbei bietet der weitläufige Park des Kupferhammers auf rund 15 Hektar über viele Jahrzehnte gewachsene Nachhaltigkeit. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen können darin ihre Pausen verbringen, Spaziergänge machen, verweilen.

40 Millionen Euro hat das Unternehmen in den Wandel investiert und hofft natürlich, dass sich das rentiert. Derzeit arbeiten etwa 1.500 Menschen auf dem Gelände. Senior und langjähriger Geschäftsführer und Gesellschafter der Möllergroup Peter von Möller: &bdquo;Für die Gesellschafter ist das ein Bekenntnis zum Standort Bielefeld.“

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