Wie Betriebsnachfolge in einer schweren Branche funktioniert

Bielefeld. Der Eingang liegt unscheinbar zwischen einem Herrenausstatter-Geschäft und einem Eiscafé. Die Lage des &bdquo;Comfort Garni Hotels“ in der Bielefelder Innenstadt, direkt an der Bahnhofstraße, ist allerdings sehr erfolgversprechend. Seit wenigen Wochen ist der Bielefelder Marcel Becker hier der neue Hausherr. Er hat den Betrieb übernommen und verwirklicht damit seinen Traum vom eigenen Hotel.

Becker ist 30 Jahre alt und stammt aus einer Gastronomenfamilie. &bdquo;Meine Mutter betreibt aktuell zwei bekannte Häuser in Bielefeld“, sagt Becker. Als er davon hört, dass Dirk Detering für sein Hotel mit 46-Zimmern in bester Innenstadt-Lage einen Nachfolger sucht, sieht er darin die Chance, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Ein Schritt, den sich heute immer weniger Menschen in der Gastronomie zutrauen.

&bdquo;2021 habe ich nach 20 Jahren als Geschäftsführer des &bdquo;Comfort Garni Hotels“ beschlossen, dass es Zeit ist, einen Nachfolger zu finden“, erzählt Detering, der daraufhin alle Vorbereitungen für eine Übergabe traf und den Betrieb in der Nachfolgebörse der Industrie- und Handelskammer inserierte. &bdquo;Einige Bewerbungen kamen zusammen und mit einigen gab es auch Gespräche, die jedoch kurz vor Abschluss scheiterten“, erinnert sich der heute 62-Jährige, dem es wichtig war, das Hotel an jemanden mit Gastro-Erfahrung und Zukunftsperspektive zu übergeben.

Nachfolge-Frage beschäftigt viele Betriebe Vor der gleichen Herausforderung stehen immer mehr Gastronomen in der Region. Bundesweit gibt es rund 60.000 Gastronomiebetriebe, etwa 10.000 in Nordrhein-Westfalen und knapp über 3.000 in Ostwestfalen. 80 Prozent davon sind Restaurants und Bars, 20 Prozent sind Hotels. &bdquo;Und die Nachfolge-Frage beschäftigt viele Betriebe“, bestätigt Regine Tönsing, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Ostwestfalen (Dehoga).

Darum nimmt das Thema eine zentrale Rolle beim diesjährigen Dehoga-Branchentag ein, der am heutigen Dienstag im Bielefelder Lokschuppen stattfindet. Unter dem Motto &bdquo;Transformation – umwandeln, umformen, verändern“ erwartet der Verband rund 300 Gäste aus Hotellerie und Gastronomie sowie aus Politik und Wirtschaft. &bdquo;Die Gastronomie befindet sich im sechsten Krisenjahr in Folge und es ist dringend Zeit, die Transformation der Branche voranzutreiben“, sagt Dehoga-Präsident Andreas Büscher.

Gespräche mit Mitarbeitern vor Übernahme Auch die Hoteliers Becker und Detering werden am Branchentag teilnehmen und ihre Geschichte der Hotelnachfolge erzählen. &bdquo;Bei uns hat es super funktioniert: Über den Wert des Betriebs sind wir uns gut einig geworden. Marcel hat die acht Mitarbeiter, die schon wussten, dass eine Übergabe ansteht, zuvor einmal kennengelernt und dann ist die offizielle Übergabe im Juli recht nahtlos verlaufen“, erzählt Detering. Zwei Wochen lang habe er seinen Nachfolger in alle Abläufe eingearbeitet. Heute schaut er nur noch vorbei, um Post abzuholen, die fälschlicherweise noch in der Bahnhofstraße landet.

Doch der Jung-Hotelier treibt seitdem den Wandel in seinem Haus weiter voran. Ein neues Kassensystem ermöglicht den Gästen beispielsweise, vorab online einzuchecken. &bdquo;Die Digitalisierung unserer Branche ist eine große Chance, die Arbeit hinter den Kulissen zu vereinfachen, um das Image des Knochenjobs abzulegen“, sagt Becker, der vor der Übernahme schon in den verschiedensten Betrieben und auch auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet hat. &bdquo;Durch die gewonnenen Ressourcen wollen wir uns aber nicht wegrationalisieren, sondern mehr Gastgeber sein und Zeit mit den Gästen verbringen.“

Gäste legen Wert auf Nachhaltigkeit Die legen inzwischen auch immer mehr Wert darauf, dass Restaurants und Hotels nachhaltig betrieben werden. Detering bestätigt, dass er dazu immer wieder positive Resonanz erhalten habe. &bdquo;Die Gäste bemerken es, wenn es Fairtrade und regionale Produkte beim Frühstück gibt und Butter und Marmelade nicht portionsweise in Plastik verpackt sind.“ Ein neues Heizsystem im Haus ermöglicht außerdem intelligentes Heizen, sodass Zimmer nur warm sind, wenn sie belegt sind.

Vollständig abgeschlossen ist die Übernahme des Bielefelder Hotels in der Bahnhofstraße ab dem 1. Januar. Dann trägt das Haus den Namen &bdquo;Locals Stadt Hotel“. &bdquo;Mit dem neuen Namen wollen wir die Regionalität schärfen und die Stadt erlebbarer machen“, sagt Becker. Die Transformation in seinem Hotel sei damit aber noch nicht abgeschlossen.

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