Oerlinghausen. Auf Zeitreise befinden sich derzeit drei junge Menschen, die in steinzeitlicher Kleidung und Ausrüstung von Detmold nach Bonn wandern. Da bot sich das Archäologische Freilichtmuseum als erste Übernachtungsstation an, und angesichts des ausdauernden Regens waren Veronika und Marco Hocke sowie Lukas Heinen froh, ins Trockene zu kommen.
Nass wie die Pudel kamen die Ötzi-Walker am Sonntagabend an, unbemerkt von der Öffentlichkeit im inzwischen geschlossenen Museum. Die erste Frage an Museumsleiter Roeland Paardekooper, der sie empfing, lautete: "Wie wird das Wetter morgen?", und als dieser von weiteren Regengüssen sprach: "Können wir vielleicht noch eine weitere Nacht hier bleiben?"
Das war ein Start zum Ötzi-Walk, der nicht nach den Wünschen der Forscher war. "Wir sind die letzten sechs Stunden durch den Regen gelaufen", berichtete Lukas Heinen und schüttelte seine Mähne. Kurz nach dem Hermannsdenkmal habe es angefangen zu regnen und zum Teil heftig geschüttet.
"Es ist wirklich nichts mehr trocken geblieben, außer dem, was in den Rucksäcken war", erzählt Marco Hocke, der als Archäologe das Projekt seitens des LVR-Landesmuseums Bonn betreut. Dafür haben sich die Felle, die den Regen vom Steinzeit-Rucksack abgehalten haben, vollgesogen. "Die wiegen jetzt nicht mehr 10, sondern etwa 25 Kilo", meint Sportlehrer Heinen. "Die Riemen haben auf die Schultern gedrückt und das Holz auf den Rücken - da hätte ich gerne meinen modernen Rucksack eingetauscht", erklärt er freimütig.
Umso froher ist das Trio, als erste Station das Freilichtmuseum ausgesucht zu haben, und im jungsteinzeitlichen Langhaus haben sie schnell ein Feuer mit Feuersteinen entfacht. Sie ziehen sich ihre nassen Sachen aus, hängen sie zum Trocknen auf, Lukas Heinen spannt eine Wäscheleine aus Naturmaterial, um die Felle besser zu trocknen. Schließlich wollen sie darauf schlafen in der Nacht.
"Zum Sammeln von Früchten unterwegs sind wir kaum gekommen, ich habe nur ein paar Brombeeren gegessen", berichtet er. Der Regen war einfach zu heftig. "Alles war klamm, wir mussten in Bewegung bleiben, um nicht so zu frieren", erzählt Veronika Hocke, die Biologin, Krankenschwester und Fotografin ist. Sie prüft ihre Blasen an den Füßen. "Die Schuhe haben sich sehr gedehnt und waren schnell nicht mehr so bequem wie am Anfang." Sie ist froh, dass sie als Menschen der Jungsteinzeit schon auf Vorräte zum Essen zurückgreifen können und beißt in einen Apfel. "Als Ackerbauern und Viehzüchter hatten die ja schon Gemüse, Brot und Ziegenkäse", erläutert ihr Mann Marco, der all das auch aus seinem Rucksack packt - für das Abendessen.
Am Feuer sitzend erwachen schnell wieder die Lebensgeister. "Es hat Spaß gemacht, das waren sehr intensive Erlebnisse in der Natur, gerade bei dem Wetter", meint Lukas Heinen. Als Steinzeitmenschen unterwegs zu sein öffnet den Dreien andere Welten. "Das waren damals auch schon ordentliche Distanzen, die überwunden wurden, das sehen wir an Rohmaterialien aus Frankreich oder Belgien, die hier verbreitet waren", berichtet Marco Hocke. "Aber die mussten keinen Zielort erreichen und sind bei einem solchen Wetter vermutlich gar nicht gestartet", gibt Heinen zu bedenken.
"Ich bin sehr froh, dass ihr vorbeikommt", versicherte Museumsleiter Roeland Paardekooper. Oerlinghausen habe ja nicht gerade auf dem Weg nach Paderborn gelegen, der ersten größeren Station. "Aber die Schleife hat sich gelohnt", da ist sich das Trio einig. Heinen und Veronika Hocke sind zum ersten Mal hier und beeindruckt vom mächtigen, hölzernen Langhaus, das nach dem Vorbild eines Fundes gebaut worden ist. "Da merkt man wirklich, was für ein Schritt das war vom Jäger und Sammler zum sesshaften Menschen", sagt Veronika Hocke und lauscht dem prasselndem Regen, dem sie ausgesetzt wäre, wenn sie, wie die anderen Nächte geplant, in der Natur geschlafen hätten.