Dämonen und Despoten in der Musik? Wie an der HfM Detmold das Fürchten gelehrt wird

Detmold. Tyrannen, Teufel, Schurken – bedrohlich, diabolisch und boshaft geht es bei der sechsten Runde der öffentlichen Ringvorlesung des Musikwissenschaftlichen Seminars der Hochschule für Musik (HfM) Detmold/Universität Paderborn zu, die in dieser Woche gestartet ist. Bösewichte in der Musik stehen im Vordergrund. &bdquo;Die findet man in jeder Epoche und Gattung. Es ist faszinierend“, berichtet Musikwissenschaftlerin Melissa Maria Korbmacher, die die Themen zusammen mit ihrer Kollegin Dr. Anna Ricke zusammengestellt hat.

Dabei haben sie die Vorlesungsinhalte weniger unter dem Aspekt ausgewählt, ob Musik generell böse sein kann, als vielmehr inwieweit das Böse klanglich-musikalisch zu verschiedenen Zeiten, in unterschiedlichen Gattungen dargestellt wird. Schlaglichtartig wird dies in einzelnen Vorträgen beleuchtet: von der Vokalmusik des Mittelalters, zur Barockoper über die Schauspielmusiken des 18. sowie 19. Jahrhunderts bis hin zum zeitgenössischen Musiktheater und dem popularmusikalischen Phänomen des (Heavy) Metals. Mit Prof. Dr. Stefan Klöckner, Professor für Gregorianik und Geschichte der Kirchenmusik an der Folkwang Universität Essen, und Dr. Reinhard Kopanski von der Universität Siegen sind als zusätzliche Komponente zwei Kollegen von außerhalb geladen.

Nero als rücksichtsloser Herrscher Melissa Maria Korbmacher setzt sich in ihrem derzeitigen Promotionsvorhaben mit Despoten und historischen Figuren in Opern auseinander und hat sich auf die Darstellung des römischen Kaisers Nero in den barocken Musiktheaterwerken spezialisiert - und darüber bei einem Vortrag, mit dem die Ringvorlesung in dieser Woche eröffnet worden ist, berichtet. &bdquo;Der echte Nero war sicherlich kein Unbescholtener, aber in den Opern agiert er als rücksichtsloser, leidenschaftsgetriebener Herrscher in einer Art und Weise, die ein Negativbild konstruiert, das über Jahrhunderte wirkmächtig bleibt“, so die Wissenschaftlerin. Den Schrecken, den diese Figur aufgrund ihrer Rücksichtslosigkeit verbreitete, übte auf Musikschaffende eine derartige Faszination aus, dass zahlreiche Opern dazu entstanden. Eines der prominentesten Beispiele ist eines der ersten Musiktheaterwerke der Operngeschichte: Claudio Monteverdis &bdquo;L’incoronazione di Poppea“.

Auch Dr. Anna Ricke lehrt in ihrem Vortag am 7. Mai das Fürchten und beschäftigt sich für ihre Habilitation mit Musik und Klängen in englischen Schauerstücken des 18. Jahrhunderts, dem sogenannten &bdquo;Gothic“-Theater. Düstere Schurken in einer dunklen Burg, die der unschuldigen Jungfrau auflauern, die wiederum aus den Fängen des Bösen durch einen strahlenden Helden gerettet wird. Auch Dämonen tauchen vereinzelt auf. Die Wissenschaftlerin interessiert, wie diese Figuren mit Klang zusammenhängen. &bdquo;Die Schauerstoffe waren damals für die Bühne noch neu und es wurde nach klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten gesucht, von denen viele bis heute Bestand haben“, sagt sie. Eine erste Hochphase von 20 bis 30 Jahren gab es um 1800; parallel dazu entwickelte sich ein breites Klangrepertoire, um das Böse darzustellen. &bdquo;Ähnlich zu dem, was wir heute aus Horrorfilmen kennen.“

Der Teufel in der Musik Die musikalische Darstellung Mephistos ist der Schwerpunkt von Prof. Dr. Antje Tumats Vortrag am 21. Mai. Die Professorin am Musikwissenschaftlichen Seminar hat ihr Augen- und Ohrenmerk auf Schauspielmusiken gelenkt, in diesem Fall zu Goethes &bdquo;Faust I“, und betrachtet, wie die Charakterdarstellungen des mephistophelisch Bösen und des gegensätzlich gretchenhaften Guten musikalisch vollzogen werden. Auch Prof. Dr. Stefan Klöckner befasst sich in seinem Vortrag am 4. Juni mit dem Diabolischen. &bdquo;Die Musik im Mittelalter gilt als Abbild der himmlischen Sphäre, also des Guten. Der Teufel oder das Böse hat darin also keinen Anteil“, umreißt Melissa Maria Korbmacher die Thematik. Dem Teufel wird in der Musik einer Hildegard von Bingen beispielsweise erst gar keine musikalische Äußerung zugestanden. Im Mittelalter krächzt er in der Musik, er singt nicht.

Ob er auf der Opernbühne des 21. Jahrhunderts ebenso nicht-singen darf und wie der Teufel im Musiktheater des 21. Jahrhunderts dargestellt wird, erörtert Luise Adler in ihrem Beitrag am 18. Juni, die derzeit in Detmold über Religion im zeitgenössischen Musiktheater ihre Dissertation verfasst. Den Schlussakkord der Vortragsreihe setzt am 2. Juli Dr. Reinhard Kopanski als Experte für Heavy Metal, dem bekanntermaßen eine starke Orientierung an satanischen Motiven stilistisch zugeschrieben ist.

Die dreiviertelstündigen öffentlichen Vorträge mit anschließender Diskussionsrunde beginnen jeweils um 18.15 Uhr im Kuppelsaal der Hochschule für Musik Detmold, Willi-Hofmann-Straße 5. Der Eintritt ist frei.

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