Historische Bundeswehr: Null-acht fuffzehn und eine falsche Ritterrüstung

Augustdorf. In der Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne gibt es vor allem Panzer aller Art und Soldaten. Was nur wenige Zivilisten wissen dürften: Hinter dem Kasernenzaun verbirgt sich auch ein Museum – die Militärgeschichtliche Sammlung (MGS) des Standortes Augustdorf. Und man muss kein Grünzeug tragen, um sie sich ansehen zu können.

Als nach einer Umstrukturierung der Bundeswehr ein Stabsgebäude frei wurde, fand darin die MGS der Panzerbrigade 21 ihr Domizil. Auf drei Etagen findet sich die Geschichte der Bundeswehr von den Anfängen im Kalten Krieg bis zu den Einsätzen in jüngster Zeit im Nahen Osten wieder. Aber nicht nur das: Auch die Militärhistorie über zwei Weltkriege hinweg bis in die Zeit von Fürstin Pauline ist hier dokumentiert. Geleitet wird die MGS von Günter Schlüter – und eigentlich ist er das Museum. Denn die ausgestellten Exponate werden – trotz aller Erklärungstafeln – erst durch seine Schilderungen lebendig.

Und der pensionierte Oberstabsfeldwebel hat eine Menge zu jedem Stück zu erzählen und gibt sein Wissen gerne preis.Die MGS ist Bestandteil des staatsbürgerlichen Unterrichts, an dem alle Soldaten im Rahmen ihrer Ausbildung teilnehmen. &bdquo;Darin sollen ihnen, auch mit Hilfe der MGS, die Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vermittelt werden", erklärt Schlüter die Bedeutung des Militärmuseums. Kern der Sammlung ist daher auch die Bundeswehr von den Anfängen bis heute – Hitlers Wehrmacht wird bewusst weitgehend ausgeklammert: &bdquo;Sie ist nicht traditionsstiftend", stellt Schlüter nachdrücklich fest.

Trotzdem kommt man in der MGS natürlich an Erwin Rommel als Namensgeber der Kaserne nicht völlig vorbei. Der &bdquo;Wüstenfuchs" genoss laut Schlüter selbst beim Feind eine fast gottgleiche Verehrung. Den Mann, den Hitler in den Freitod zwang, zu entzaubern, ohne ihn als Soldaten zu demontieren, ist sicher eine knifflige Aufgabe.

Ausstellung über Panzerbrigade 21 im Kalten Krieg Schlüter möchte mit der Ausstellung bei den Soldaten – aber natürlich auch zivilen Besuchern – Interesse wecken, weiter zu forschen. &bdquo;Wer weiß denn schon, dass der Koreakrieg mit vier Millionen Toten, darunter drei Millionen Zivilisten, einer der Auslöser für die Aufstellung der Bundeswehr war?", fragt Schlüter. Und spricht damit etwas an, was für eine mehr als 60 Jahre bestehende Institution wie die Bundeswehr normal ist: Der größte Teil der Mannschaften und Dienstgrade hat die Zeit des Kalten Krieges nicht miterlebt und kennt die DDR nur aus dem Geschichtsbuch. Hingegen finden sich ältere, pensionierte Soldaten oft in der heutigen Bundeswehr mit ihren anderen Strukturen und Aufgaben nicht mehr zurecht.

Schlüter fährt daher zweigleisig in seinem Militärmuseum: Aktuell plant er eine Ausstellung über die Panzerbrigade 21 im Kalten Krieg: &bdquo;Dafür sichte ich gerade das Material." Und da finden auch spannende Themen wie Spionage beim Militär Berücksichtigung. Im Kellergeschoss der MGS soll dokumentiert werden, wo und wie die Bundeswehr weltweit im Einsatz ist oder war – ob auf dem Balkan oder in Afghanistan. Wer sich vom Oberstabsfeldwebel durch die Sammlung führen lässt, muss Zeit mitbringen. Schlüter erklärt, warum die Ritterrüstung im Eingang ein Fake ist, wie ein Stier zum Wappentier wurde, und welche Liebesgeschichte eigentlich hinter dem Eisernen Kreuz steht.

Man erfährt, was Fürstin Paulines mit den französischen Farben in den Uniformen der lippischen Schützen zu tun hat, dass die ersten wollenen Bundeswehruniformen den Beinamen &bdquo;Filzlaus" hatten, weil sie unerträglich juckten, und was vom Zweiten Weltkrieg in der Dörenschlucht übrig blieb. Im Zuge von Heeresreformen aufgelöste Augustdorfer Truppenteile haben ebenfalls ihren Platz in der MGS.

Und immer wieder fragt Günter Schlüter: &bdquo;Haben Sie gerade fünf Minuten Zeit, dass ich Ihnen das kurz erkläre?" Sollte man haben. Es lohnt sich.

Die Militärgeschichtliche Sammlung in der Gfm.-Rommel-Kaserne Seit Anfang des Jahrtausends ist die Militärgeschichtliche Sammlung (MGS) in der Rommel-Kaserne aufgebaut und chronologisch-historisch geordnet worden. Sie gehört wie andere MGS an anderen Standorten zum Sammlungsverbund der Bundeswehr und ist fachlich ans Militärmuseum Dresden und das Zentrum für militärwissenschaftliche Studien in Bielefeld angedockt. Jährlich finden Fachtagungen und Seminare statt. Oberstabsfeldwebel Günter Schlüter betreut die Sammlung auf Wunsch des Kasernenoffiziers – ein Full-Time-Job, wie er sagt. Deswegen ist er im Rahmen einer Dauerwehrübung als pensionierter Soldat täglich in der MGS präsent, aber nicht Teil der normalen militärischen Tagesabläufe. D

a das Museum im militärischen Sicherheitsbereich liegt, ist es nicht so einfach zugänglich wie andere Museen. Dennoch konnte die Besucherfrequenz von 850 im vergangenen Jahr auf jetzt bereits 1020 gesteigert werden. Schlüter wünscht sich, dass vor allem mehr zivile Besucher zur MGS kommen. Gruppenbesuche mit Führung können vereinbart werden über die Pressestelle der Panzerbrigade 21, Tel. 05207-912117. Einzelbesucher können sich direkt an Günter Schlüter wenden unter Tel. 05207-911023, oder im Geschäftszimmer der Standort-Dienstgruppe anrufen 05207-911012. Die MGS ist montags bis freitags von 7 bis 16.15 Uhr zugänglich, bei Bedarf auch am Wochenende.

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