Im Augustdorfer Leseclub öffnen sich für Kinder neue Welten

Augustdorf. Sprache ist für Joachim Barz und Nataliia Kladko wichtig, so wichtig, dass sie sich für die Leseförderung von Kindern engagieren. Dafür haben sie von der Gemeinde Augustdorf kürzlich eine Auszeichnung bekommen. Wofür, das erzählen sie in der Grundschule &bdquo;In der Senne“, wo jeden Dienstag von 15 bis 16 Uhr die Tür zum Leseclub geöffnet ist. Augustdorfer Grundschulkinder sind hier ohne Anmeldung stets willkommen. Für sie überlegen sich der 61-Jährige, die 45-Jährige und seit diesem Schuljahr auch Dagmar Rott (72) immer wieder etwas Spannendes und Kreatives, wodurch oft auch fröhliches Lachen aus dem Raum schallt.

Eltern helfen beim Obstdienst Joachim Barz engagiert sich schon seit 2011 am Schlingweg. Zwar sind seine sechs Kinder mittlerweile der Grundschule entwachsen, doch er hält ihr die Treue. Bis zum Jahr 2024 half er beim Obstdienst mit. Dabei schnippeln Eltern morgens Obst und Gemüse, das frisch geliefert wird, damit die Kinder etwas Gesundes in der Pause essen. Joachim Barz, der sich als Hausmann zu Hause um seine Kinder kümmert, hilft auch sonst bei Veranstaltungen der Schule, stellte mal fleischfressende Pflanzen vor und fuhr zu einem Singwettbewerb mit. Seit dem Frühjahr 2024 engagiert er sich im Leseclub Traumwelt, für den sich die ehemalige Leiterin Ute Krause eingesetzt hatte.

&bdquo;Es geht darum, Kinder in ihrer Sprachkompetenz zu stärken. Viele können die deutsche Sprache noch nicht richtig“, erläutert der 61-Jährige seine Beweggründe. Auch soll das Schreiben gefördert werden. Er selbst habe in der Grundschule schon Bücher verschlungen und später nicht aufgehört zu lesen. Der Vater weiß aus eigener Erfahrung, dass es heute schwierig ist, Kinder von den sozialen Medien wegzulotsen und sie zum Lesen zu bringen. Aber: &bdquo;Das ist eine neue Welt, die sich da erschließt“, wirbt er fürs Lesen. Die Sprache sei zudem das einzige Werkzeug, die Welt erklären zu können und sie führe Menschen zusammen. &bdquo;Deshalb finde ich es wichtig, das zu forcieren.“

Lehrerin in der Ukraine Nataliia Kladko floh im März 2022 mit ihrem Mann und den drei Töchtern aus der Ukraine vor dem Krieg in ihrer Heimat. Sie kommt aus der kriegsgebeutelten Region Charkiw. Die 45-Jährige konnte kein Wort Deutsch, aber sie ist Lehrerin für Englisch und Russisch und weiß um die Bedeutung von Sprache auch für die Integration. Die Familie besuchte Sprachkurse, mittlerweile beherrschen die Töchter Deutsch - wie meistens - noch besser als ihre Mutter.

&bdquo;Der Leseclub gibt mir die Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen und meine Deutschkenntnisse zu verbessern“, sagt die Mutter. Ihre Freude am Zusammensein mit den Kindern, am Basteln und Spielen kann sie hier bestens einsetzen. Sie half bis zum Sommer auch beim Obstdienst in der Schule, darüber hinaus engagiert sie sich aber auch im Jugendzentrum Funkenflug bei dessen Englisch-Projekt. Hier lernen Schüler der dritten bis neunten Klasse einmal wöchentlich in zwei Gruppen, sich sprachlich zu verbessern.

Fröhliche Kinder Dritte im Bunde ist Dagmar Rott (72), die seit den Sommerferien dabei ist. Sie hat keinen Partner mehr und schätzt deshalb das Reden mit anderen Menschen, um sprachlich nicht einzurosten. Da ihre Enkelin weit weg in Frankfurt lebt, freut sich die 72-Jährige über den Kontakt mit anderen Kindern, denen sie gern vorliest. &bdquo;Kinder sind fröhlich, das macht Spaß. Außerdem ist eine tolle Stimmung in der Schule“, findet sie.

Über die neue Mitstreiterin freuen sich die beiden anderen. Zusammen überlegen sie, was den Kindern Spaß machen kann. Natürlich werden Bücher vorgelesen und gelesen. Dabei werden die Grundschüler auch animiert, eigene Geschichten zu erzählen. Nataliia Kladko macht Bewegungsspiele und inszeniert kurze Sketche, bei denen die Kinder kleine Rollen spielen. Ob &bdquo;Buchstaben suchen“ oder basteln mit dem Fokus auf Sprache - es soll den Kindern Freude machen.

Einmal im Monat kommt Märchenerzählerin Rosemarie Quast, ehemals Leiterin der Grundschule &bdquo;Auf der Insel“, und hat dann spannende Geschichten im Gepäck. An diesem Tag erzählt sie vom letzten Einhorn. Doch zuvor singen die Kinder das Leseclub-Lied voller Begeisterung. Darin heißt es &bdquo;Bücher öffnen Türen weit“ und &bdquo;Es gibt viel zu lachen.“

Die Ehrenamtlichen haben in den Sommerferien ein Ferienangebot über fünf Tage zum Thema &bdquo;Wasser“ angeboten und dabei Ausflüge gemacht. Joachim Barz hat für den 29. November, gesponsert von der Stiftung Lesen, den Workshop &bdquo;Helden auf die Bühne“ organisiert, bei dem die Kinder ein Bühnenstück erarbeiten. Am 27. Januar kommt Autor Christoph Dittert, der auch für die berühmte Kinderbuchserie &bdquo;Die drei ???“ schreibt, zu einer Lesung in die Realschule.

10 Gründe fürs Vorlesen Die Stiftung Lesen nennt zehn Gründe, warum schon Vorlesen für Kinder wichtig ist, fürs selbstständige Lesen gilt das umso mehr. Vorlesen sei eine wahre Superkraft, heißt es. Die Liste ließe sich noch erweitern.

1. Vorlesen schafft Nähe und Austausch. 2. Es vergrößert den Wortschatz. 3. Vorlesen fördert die Fantasie und das Vorstellungsvermögen. 4. Es macht empathisch. 5. Vorlesen macht selbstbewusst und 6. erschließt es Wissen. 7. Es fördert die Konzentration. 8. Vorlesen schafft Bewusstsein für das gesprochene und geschriebene Wort. 9. Es macht Lust auf Lesenlernen, und nicht zuletzt macht 10. Vorlesen fit für die Schule (in allen Fächern) und damit auf lange Sicht auch bessere Noten. Infos: www.stiftunglesen.de

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