Lippes erste ärztliche Diagnose per Videoschalte kommt aus Bad Salzuflen

Bad Salzuflen. &bdquo;Das mit diesem Apparat, das funktioniert ganz gut", lobt Lieselotte Hundt, während Stefanie Reisewitz ihr Tablet einpackt. Die entlastende Versorgungsassistentin hatte kurz zuvor (&bdquo;Dann hole ich mal den Doktor dazu") die Vitalwerte von Klaus-Dieter Hundt übertragen und dann auch mit ihrem Chef besprochen – per Videoschalte. Und über den kleinen Bildschirm beruhigt Dr. Afif Hamoda seinen Patienten – er möge die Tabletten weiterhin nehmen, dann gehe es ihm morgen besser, und wenn nicht, dann schaue er persönlich bei ihm vorbei.

Klaus-Dieter Hundt, 81, hatte sich einen grippalen Infekt eingefangen. Dick eingepackt, aber guter Dinge liegt er im Wohnzimmer auf dem Sofa. &bdquo;Das ist super, dass ich nicht aus dem Haus und in die Praxis muss", sagt der Bad Salzufler. Stefanie Reisewitz hatte am Tag zuvor Sauerstoff, Puls und Temperatur gemessen, der Arzt daraufhin ein Medikament verordnet. Es handele sich nicht um einen Notfall, Hundt habe kein Fieber, wird Dr. Hamoda später erklären – er habe sich deshalb persönlich kein Bild vor Ort machen müssen. Heute geht es dem Patienten schon besser, bestätigt die Ehefrau, und berichtet von mühsamen Rollator-Gängen. Die konnte sie sich sparen.

"Auf Hausbesuch - Videosprechstunde" So, wie dieser Patientenbesuch abgelaufen ist, ist es (noch) die Ausnahme, berichtet der Allgemeinmediziner. Dr. Hamoda lobt die Videosprechstunde, sieht viel Potenzial. Mitarbeiterin Stefanie Reisewitz hatte sich zur entlastenden Versorgungsassistentin fortgebildet, er hat Hard- und Software sowie ein Auto gekauft. &bdquo;Auf Hausbesuch – Videosprechstunde" steht an dem Wagen. Über ein verschlüsseltes System kann sich die 41-Jährige vom Patienten aus ins Praxissystem einloggen. Ihren Rucksack mit allerlei medizinischem Gerät hat sie dabei, darf auch Spritzen setzen, Infusionen vornehmen.

Dr. Hamoda sieht viele Möglichkeiten in der Videosprechstunde, die Kommunikation Patient-Arzt sei gewährleistet, er spare sich die oft langen Fahrzeiten aufs Land, könne stattdessen Patienten in der Praxis behandeln. Vorbehalte habe er nicht gespürt, als er das System 2017 eingeführt habe. &bdquo;Das hatte ich seitens der Patienten, ehrlich gesagt, ein bisschen erwartet, aber die Leute sind ganz offen." Etwa 20 Videosprechstunden gibt es im Monat – &bdquo;ausbaufähig", sagt der Mediziner. Großes Potenzial sieht er in der Versorgung der Seniorenheim-Bewohner: &bdquo;Aber in den Heimen gibt es so gut wie nie Internet. Dabei wäre die Videosprechstunde dort optimal, oft geht es darum, Wunden anzusehen oder Vitalwerte zu überprüfen. Dafür bräuchten die Senioren nicht in die Praxis zu kommen. Und das wäre für die Kostenträger auch billiger, Krankentransporte sind teuer." Vor allem würden die Pflegekräfte, denen er &bdquo;von Herzen" für ihre oft aufopferungsvolle Tätigkeit danke, und auch die Angehörigen entlastet.

Videosprechstunde ist (noch) unwirtschaftlich Dass Videosprechstunden in einem Land wie Deutschland am WLAN scheiterten, sei unglaublich. Klar spiele die Datensicherheit eine große Rolle, aber die Leitungen seien sicher. Dr. Hamoda wünscht sich von der Politik und der Kassenärztlichen Vereinigung ein offensiveres Vorgehen – und höhere Honorarsätze. &bdquo;Die Videosprechstunde ist für eine Praxis unwirtschaftlich." Er kann mit den Kassen im Monat knapp 20 Euro für maximal vier Besuche seiner Mitarbeiterin abrechnen, und zwar egal, wie lange diese unterwegs ist.

Die Summe setzt sich zusammen aus Honorar für die Betreuung des Patienten plus Technik- und Förderzuschlag. Wird er als Arzt – so wie bei Klaus-Dieter Hundt – persönlich eingebunden, kann er maximal eine Videosprechstunde pro Monat abrechnen – für 15 Euro. Seines Wissens nach sei er der einzige in Lippe, der Videosprechstunden anbiete. &bdquo;Dabei wäre es grade für ländliche Gebiete so wichtig." Er selber könne Hausbesuche ohnehin nur anbieten, weil er in einer Praxisgemeinschaft arbeite, viele Kollegen könnten das nicht. Gäbe es mehr Geld, würden mehr Ärzte mitmachen. Davon ist Dr. Hamoda überzeugt.

Entlastung Exakte Zahlen über den Einsatz der Videosprechstunde in Lippe hat die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe nicht. Sie befürwortet den Einsatz von Videosprechstunden: &bdquo;Wir unterstützen alle Veränderungen, die dazu führen, dass mehr Ärzte Videokonsultationen anbieten", betont die KVWL Dortmund. Gerade bei Kontrolluntersuchungen könne dies ein guter Ansatz sein. &bdquo;Vielen älteren und vielleicht immobilen Patienten kann ein langer oder umständlicher Anfahrtsweg erspart bleiben, der vielleicht auch die Angehörigen eingespannt hätte." Auch der Arzt könne entlastet werden und kostbare Zeit sparen, wenn er sich etwa den Heilungsprozess einer Wunde auf dem Computer anschauen kann. Nichtsdestotrotz müsse der persönliche Kontakt weiterhin Priorität haben.

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