Parteien streiten über Wirtschaftsförderung

Bad Salzuflen . Die Wirtschaftsförderung in Bad Salzuflen muss besser werden, darin sind sich CDU und SPD einig. Streit gibt es aber um das Wann und Wie. Momentan kümmert sich nur ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung um gut 4000 Unternehmen, die laut Industrie- und Handelskammer in Bad Salzuflen (56.000 Einwohner) ansässig sind. Die Union will die Wirtschaftsförderung grundsätzlich neu strukturieren, ein Schnellschuss bringe nichts. Das sehen SPD und Bürgermeister andres. Als Reaktion auf die Pläne der CDU schlagen sie vor, schnellstmöglich eine zusätzliche Stelle in der Wirtschaftsförderung zu schaffen.

Bereits 2019 war die Beratungsfirma &bdquo;Moduldrei“ aus Dortmund von der Stadt beauftragt worden, den Ist-Zustand der Wirtschaftsförderung zu analysieren. Die Ergebnisse sollen am 11. März dem Hauptausschuss und damit der Öffentlichkeit vorgestellt werden. In einer interfraktionellen Runde ist der Bericht bereits besprochen worden. Dem Vernehmen nach sieht &bdquo;Moduldrei“ erhebliche Defizite.

Spricht man mit Unternehmern selbst, so wird vor allem bemängelt, dass es keinen regelmäßigen Austausch zwischen Wirtschaft und Verwaltung gebe. Es wäre schon eine Veränderung zum Positiven, wenn überhaupt mal gesprochen werde, heißt es. Ein Unternehmer, der schon mehr als zehn Jahre am Standort ist, berichtet: &bdquo;Dass es eine Wirtschaftsförderung gibt, war uns bis Ende vergangenen Jahres überhaupt nicht bekannt.“ Auch sei in all den Jahren nie jemand von der Stadt gekommen, um sich für &bdquo;die Standorttreue oder die gezahlte Gewerbesteuer zu bedanken“.

Beim Kommunalen Wirtschaftsgespräch im November vergangenen Jahres wurde neben der mangelnden Kommunikation auch der schleppende Breitbandausbau bemängelt sowie das Fehlen von Gewerbegebieten (wir berichteten).

Genug zu tun gäbe es also. Hans Hofste ist der Wirtschaftsförderer der Stadt Bad Salzuflen, leitet aber unter anderem zudem noch die Öffentlichkeitsarbeit und verwaltet Grundstücke der Stadt. Unterm Strich bleibe so noch eine halbe Stelle für die Wirtschaftsförderung, sagt er. &bdquo;Da bleibt für Firmenbesuche oder das Thema Netzwerken keine Zeit.“

Ganz anders präsentiert sich die Stadt auf ihrer Homepage. Dort heißt es: Regelmäßige Wirtschaftsforen sorgten für gute Kommunikation und Austausch zwischen Wirtschaft und Stadt. Und wörtlich: &bdquo;Wirtschaftsförderung wird in Bad Salzuflen groß geschrieben.“

CDU-Bürgermeisterkandidat Dirk Tolkemitt kritisiert Amtsinhaber Dr. Roland Thomas (SPD). &bdquo;Der Bürgermeister hat es in den vergangen Jahren versäumt, sich mit dem Thema zu beschäftigen“, lässt sich Tolkemitt in einer Pressemitteilung zitieren. Allerdings will sich die CDU dem Thema erst nach der Kommunalwahl am 13. September annehmen. &bdquo;Ein Schnellschuss bringt nichts“, sagt Tolkemitt gegenüber der LZ. Der Kalletaler ist 1. Beigeordneter und Kämmerer der Alten Hansestadt Lemgo (41.000 Einwohner) und dort auch zuständig für die Wirtschaftsförderung. Zwei Ansprechpartner listet die Wirtschaftsförderung Lemgo auf ihrer Homepage auf. Tolkemitt ist der Ansicht, dass nicht nur die Zahl der Mitarbeiter entscheidend für eine effektive Wirtschaftspolitik sei. &bdquo;Es kommt auf die Strukturen an, in denen man arbeitet. Man muss in Bad Salzuflen organisatorisch ganz anders denken“, meint er. So besuche er in Lemgo 10 bis 15 Firmen im Jahr. Unterschiede gibt es offenbar auch bei der finanziellen Ausstattung. Der Salzufler Wirtschaftsförderer Hofste verfügt nach eigenen Angaben über ein Budget von 12.500 Euro, Tolkemitt berichtet von 477.000 Euro für Lemgo. Die Wirtschaftsförderung der Stadt Herford (67.000 Einwohner) zählt acht Mitarbeiter und Eigenmittel in Höhe von rund 600.000 Euro. Zwischen 20 und 50 Firmenbesuche absolvieren die Mitarbeiter im Jahr dort, heißt es. Zumindest die jeweiligen Budgets sind aber nur schwer miteinander vergleichbar, da aus den Töpfen unterschiedliche Dinge finanziert werden.

Bürgermeister Dr. Roland Thomas jedenfalls will nun, dass sich der Hauptausschuss am 11. März für eine zusätzliche Stelle in der Wirtschaftsförderung ausspricht. &bdquo;Insbesondere der Wunsch der Unternehmen nach mehr Kommunikation kann so zeitnah aufgegriffen werden“, so Thomas. Dass Bad Salzuflen im Vergleich zu Nachbarkommunen personell schwach aufgestellt ist, führt er auf das Haushaltsicherungskonzept zurück, dass vor gut zehn Jahren in Kraft trat. Dadurch seien erhebliche Löcher in die Personaldecke der Stadt gerissen worden. Nach und nach würden die Stellen aufgestockt. Rückendeckung erhält Thomas von seiner Partei. Auch die SPD spricht sich dafür aus, unverzüglich eine Stelle auszuschreiben. Die Bereiche Netzwerkbildung und Unternehmergespräche müssten dringend angegangen werden. &bdquo;Eine Verschiebung dieser Entscheidung auf die Zeit nach der Kommunalwahl (...) ist (...) schädlich für den Wirtschaftsstandort Bad Salzuflen“, schreibt die Fraktion in einer Pressemitteilung.

Kommentar

Vor der Wahl angehen

von Sven Kienscherf

Die CDU läutet den Kommunalwahlkampf zum Termin im September ein: Die Ratsfraktion kritisiert die Wirtschaftsförderung unter Bürgermeister Roland Thomas (SPD) scharf. Sie will nach der Wahl eine &bdquo;strategische Neuausrichtung“ vornehmen. Die SPD sieht ebenfalls Handlungsbedarf, will aber schon vor der Wahl eine zusätzliche Stelle ausschreiben, ebenso wie der Bürgermeister.

Fest steht: Es muss etwas getan werden. Die Unzufriedenheit von Bad Salzufler Unternehmer ist mit Händen zu greifen, vor allem bemängeln Chefs die Sprachlosigkeit zwischen Firmen und Verwaltung. Auf der Wunschliste vieler Unternehmer steht etwa ein runder Tisch, an dem sie sich regelmäßig mit der Stadt austauschen können.

In benachbarten Kommunen läuft es dem Vernehmen nach deutlich besser: Lemgo beispielsweise wird eine gute Wirtschaftspolitik attestiert. Und in Herford kümmern sich gleich acht Mitarbeiter um die ansässigen Firmen.

Dass die Union nun dem Bürgermeister alleine den Schwarzen Peter zuschiebt, ist allerdings reines Wahlkampfmanöver. Als die CDU in der Stadt mit der SPD noch eine Große Koalition bildete, hat sie sich auch nicht gerade ambitioniert um das Thema gekümmert. Dass Bürgermeister-Kandidat Tolkemitt das nun ändern will, ist gut. Für die Stadt wäre es allerdings noch besser, das Thema zügig anzugehen – vor der Wahl. skienscherf@salzeagentur.de

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