Bad Salzuflen. Jennifer Pohlmann arbeitet seit 15 Jahren als Tagespflegemutter. Gemeinsam mit Kolleginnen fordert sie nun mehr Rechte. Dazu gehören eine Lohnfortzahlung bei Krankheit, Kündigungsschutz und die Möglichkeit, ohne individuelle Begründung Kinder bis zu 35 Stunden in der Woche betreuen zu können. Für ihr Anliegen macht sich nun eine Mehrheit der Ratsparteien stark. Die Verwaltung gibt sich allerdings zurückhaltend.
Um die 40 Tagespflegepersonen arbeiten in Bad Salzuflen, bis auf einen Mann sind alles Frauen. Zehn von ihnen haben sich nun in einer „Interessengemeinschaft der Tagespflegepersonen" zusammengeschlossen, berichtet Pohlmann. „Wir hoffen, dass noch mehr dazu kommen", sagt die 45-Jährige, die zuhause sieben Kinder im Alter von ein bis zwölf Jahren betreut.
Derzeit machen sich die Frauen dafür stark, dass bei der Überarbeitung der Richtlinien für die Tagespflege ihre Rechte gestärkt werden. Das Jugendamt habe ihre Vorschläge bisher allerdings abgelehnt. „Ohne das zu begründen", sagt Pohlmann. Eines der Anliegen ist, dass die Tagespfleger auch dann bezahlt werden, wenn sie krank sind. „Bisher ist das nur der Fall, wenn von den Eltern keine Vertretungskraft angefordert wird, sonst bekommt sie das Geld."
CDU, Grüne, FDP und Freie Wähler haben die Forderung in einem gemeinsamen Antrag aufgenommen, den sie in der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschuss stellen (Donnerstag, 10. September, 17 Uhr, Mehrzweckhalle Holzhausen). Tagespflegemutter Tina Härtl sagt, in anderen Kommunen und auch beim Kreis Lippe sei die Fortzahlung im Krankheitsfall bereits üblich. Der Kreis bestätigt dies auf Anfrage unserer Redaktion. Demnach werden sechs Krankheitstage jährlich bezahlt, obwohl die Tagespflegepersonen in der Regel selbstständig seien. Auch die Stadt Herford zahlt die Pauschale bei Krankheit weiter, wie es auf Anfrage heißt.
Das Jugendamt der Stadt Bad Salzuflen schreibt in einer ersten Stellungnahme gegenüber dem Ausschuss dagegen, eine Zahlung von Krankengeld sei nur möglich, wenn die Tagespflegepersonen einen Arbeitsvertrag mit der Stadt hätten. Das sei aber nicht der Fall, es handele sich um private Verträge mit den Eltern. Solle Krankengeld gezahlt werden, sei „ein Statusfeststellungsverfahren angezeigt, in dem geprüft wird, ob die Tagespflegeperson tatsächlich rechtlich selbstständig arbeitet oder ein Arbeitnehmerverhältnis zur Stadt besteht", schreibt das Jugendamt.
Zusätzlicher Aufwand
Tagespflegerin Pia Knetsch ist der Ansicht, dass Tagespflege und Kita gleichgestellt werden müssen. „Das gilt auch beim Kündigungsschutz", findet sie. CDU, Grüne, FDP und Freie Wähler machen sich in ihrem Antrag dafür stark, dass bei nicht abzusehenden Kündigungen eines Betreuungsverhältnisses eine befristete Weiterzahlung des Tagespflegegelds durch das Jugendamt erfolgen soll. Das Jugendamt verweist darauf, dass Tagespfleger und Eltern die Kündigungsfristen in den individuellen Verträgen regeln könnten. „Seitens des Jugendamtes besteht keine Möglichkeit, auf privatrechtliche Verträge Einfluss zu nehmen", schreibt das Amt.
Ebenfalls ganz oben auf der Liste der Interessengemeinschaft steht der Wunsch, dass sich der Umfang des Betreuungsanspruchs nach dem individuellen Bedarf der Eltern richtet. Wenn der Bedarf bei 35 Stunden in der Woche liegt, müssen Eltern oder Tagespfleger das gegenüber dem Jugendamt bisher begründen. „Das ist ein zusätzlicher Aufwand", sagt Knetsch.
In Herford wird das bereits anders gehandhabt: „Der Wunsch der Eltern ist gleichzeitig der Bedarf und wird nur durch die Gefährdung des Kindeswohls begrenzt", schreibt die Nachbarstadt.
Die SPD hat den Antrag der Parteien nicht unterschrieben. „Wir sind gar nicht gefragt worden", sagt die Ausschussvorsitzende Marion Rieso-Wiege (SPD). Allerdings hält sie den Antrag für Wahlkampfgeklapper. „Wir haben in der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses ohnehin verabredet, über die Richtlinien in der kommenden Sitzung noch einmal zu sprechen. Daher ist der Antrag eigentlich überflüssig." Uneingeschränkt unterstützen möchte sie die Forderungen auch nicht: „Man muss die einzelnen Punkte differenziert betrachten. Einiges unterstützen wir, bei anderen Punkten ist es so, dass Tagespflegerinnen und Tagespfleger Erzieherinnen in der Kita rechtlich nicht völlig gleichgestellt sind."
Tagespflegerin Jennifer Pohlmann hofft auf eine gütliche Einigung: „Bisher hat das Jugendamt immer viele unserer Wünsche berücksichtigt. Ich hoffe, dass wir weiter alle an einem Strang ziehen."