Kneipp-Coach bemängelt Konzept der Salzufler Wandelhalle

Bad Salzuflen. Zum Interview bringt Kneipp-Coach Iris Ückermann ihre Nordic Walking-Stöcke mit, sie will gleich noch eine Runde durch den Landschaftsgarten drehen und einen Abstecher zur Post machen. Passend zum Thema findet das Treffen in der Wandelhalle statt: Schließlich dreht sich auch hier alles um das Erlebnisraumkonzept &bdquo;Sole & Kneipp". Warum da aber noch reichlich Luft nach oben ist, was die Umsetzung angeht, erklärt Iris Ückermann im Gespräch.

Frau Ückermann , Sie betiteln sich selbst als Kneipp-Coach. Was muss ich mir darunter vorstellen?

Iris Ückermann : Ein Kneipp-Coach hilft einem dabei, die Kneipp-Philosophie für sich selbst zu entdecken. Die fünf Elemente, die Kneipp ausmachen, – Wasser, Ernährung, Bewegung, Lebensordnung und Heilpflanzen – sollen darüber in den eigenen, individuellen Tagesablauf integriert werden. Es geht darum, ein gesundes Leben zu führen.

Arbeit, Haushalt, Kinder – bei vielen Menschen ist der Tag schon stressig genug. Wie soll ich da auch noch die fünf Kneipp-Elemente unterbringen?

Ückermann : Natürlich hat alles erst einmal mit Organisation und einer bewussten Tagesplanung zu tun. Ich selbst bin auch voll berufstätig und plane abends im Büro immer den nächsten Tag. Dabei versuche ich, die fünf Elemente zu integrieren. Gesunde Ernährung ist relativ einfach: Ich überlege mir, was ich für die Woche einkaufen möchte und bringe da häufig direkt diverse Heilkräuter mit unter. Wasser trinke ich sowieso – für mich ist es das natürlichste Heil- und Schönheitsmittel überhaupt.

Und die Bewegung? Dafür muss ich mir schließlich Zeit nehmen.

Ückermann : Ich wohne in der Innenstadt, habe mein Auto abgeschafft und mir stattdessen ein E-Bike zugelegt. Beruflich radle ich zu allen Terminen und versuche auch hier, die Bewegung einfach in meinen Alltag einzubauen. Am Ende ist wichtig, die verschiedenen Kneipp-Elemente miteinander zu kombinieren. Und: Es muss Spaß machen.

Ich denke an Wechselduschen... das soll Spaß machen?

Ückermann : Ich nehme jeden Morgen ein Luftbad, gehe also erst mal nach draußen in die Kälte, entweder zum Tautreten oder auf den Balkon, um mich zu strecken und zu dehnen. Da geht es mir schon mal richtig gut. Anschließend trinke ich ein Glas Wasser und mache eine Bürstenmassage über den gesamten Körper – das stärkt das Immunsystem. Danach geht es auf den Stepper oder zum Frühschwimmen, anschließend gibt es eine Wechseldusche. Das gehört für mich zum morgendlichen Ritual wie das Zähneputzen. Und es ist wirklich für jeden zu machen.

Trotzdem haftet dem Thema Kneipp immer noch etwas Altbackenes an.

Ückermann : Dabei ist es das gar nicht. Kneipp ist aktueller denn je: Denn jeder von uns ist für seine Gesundheit selbst verantwortlich und kann jeden Tag etwas dazu beitragen. Kneipp ist mehr als nur Wasseranwendungen. Stattdessen handelt es sich dabei um ein naturheilkundliches Programm, mit dem ich mich gesund, nachhaltig und naturverbunden gesund halten kann. Wer sich damit beschäftigt, und das Ganze in sein Leben integriert, der stärkt auf Dauer seine Abwehrkräfte, wird gelassener und stressresistenter. Und das brauchen wir doch gerade in Zeiten der Pandemie mehr denn je.

2013 hat sich Bad Salzuflen das Prädikat &bdquo;Kneipp-Kurort" gesichert. Wird die Stadt dem gerecht?

Ückermann : Da ist definitiv noch ganz viel Luft nach oben. Ich war damals ein sehr großer Verfechter davon, dass Bad Salzuflen Kneipp-Kurort wird. Aber die umgestaltete Wandelhalle mit dem Erlebnisraumkonzept &bdquo;Sole & Kneipp" zeigt uns heute, wo wir in diesem Zusammenhang in Bad Salzuflen stehen. Nämlich noch ganz am Anfang.

Dabei scheint das Thema Kneipp in der Wandelhalle und im Kurpark mit dem neuen Erlebnisraumkonzept doch eigentlich recht präsent zu sein.

Ückermann : Aber wir nehmen es noch nicht richtig wahr. Das Konzept an sich ist sehr gut gemacht, Sole und Kneipp bilden eine tolle Synergie, auf die man aufbauen kann. Auch die Wandelhalle ist an sich genau der richtige Ort, um Kneipp zu erleben. Aber wenn man in die Wandelhalle kommt, versteht man das Konzept nicht. Und das darf marketingtechnisch nicht passieren.

Was fehlt Ihnen?

Ückermann : Mir fehlt das Herz. Die einzelnen Elemente sind zwar super gemacht, aber die Verbindung fehlt. Im Moment ist alles eher einzeln als gesamt erlebbar, das Konzept ist für mich noch nicht greifbar. Und wenn ich erst eine Führung brauche, um das Ganze zu verstehen, dann wurde das Ziel leider verfehlt. Dabei ist die Basis da, sie muss jetzt nur noch richtig bespielt werden.

Was hätten Sie sich noch gewünscht?

Ückermann : Man könnte noch stärker audiovisuell arbeiten und auch einen Anwendungsbereich mit Becken hätte ich gerne gesehen. Zudem muss es in der Wandelhalle noch gemütlicher werden, nach Corona hoffe ich außerdem auf Veranstaltungen, vielleicht sogar Kneipp-Events. Was mir persönlich nicht so gut gefällt, sind die Filmsequenzen über Sebastian Kneipp am Anfang der Halle. Da wird er ein wenig veralbert, das hat er so nicht verdient. Aber: Natürlich soll Kneipp Spaß machen und das ist mit vielen Elementen auch gelungen.

Der neue Bürgermeister Dirk Tolkemitt stellt sich einen Gesundheitscampus für Bad Salzuflen vor. Passt Kneipp da gut mit rein?

Ückermann : Absolut. Salz und Sole wurden unserer Stadt in die Wiege gelegt, aber Bad Salzuflen wird durch viele Dinge attraktiv, nicht nur durch Sole und Kneipp. Wir haben hier Reha-Kliniken, Ärzte, verschiedene Partner wie das Ameos Klinikum – wenn wir Erfolg haben wollen, dann als Gesundheitsstandort. Dafür brauchen wir Ideen, Events, Kreativität. Dann können wir Großes erreichen. Ich denke, dass Tolkemitts Vision der Stadt gut tun kann. Und ich wäre gerne bereit, meine Expertise einzubringen, wenn das gewünscht ist.

Stichwort Kneipp-Verein. Lange passierte nichts, bald soll er neu gegründet werden. Braucht Bad Salzuflen einen solchen Verein?

Ückermann : Grundsätzlich wäre ein Kneipp-Verein für Bad Salzuflen nicht schlecht, wenn er modern geführt wird. Aber der jetzige lebt von eher älteren Strukturen, das gesellige Beisammensein steht im Fokus. Das ist nicht der Kneipp-Verein, wie ich ihn mir vorstelle. Ich denke eher an einen Kneipp-Aktivclub und würde mir wünschen, dass darin alle fünf Elemente der Kneipp-Philosophie bespielt werden. Dazu bräuchte es aber auch ein Marketingkonzept und man müsste sehen, wie man einen solchen Verein in Bad Salzuflen etablieren kann. Ich wüsste, wie ich einen Kneipp-Verein führen würde...

Ist das ein Angebot?

Ückermann : Ich wusste, dass die Frage kommt (lacht). Aber ich stehe da nicht zur Verfügung. Meine Arbeit ist es, Kneipp-Vereine zu beraten und ihnen Konzepte zu erstellen – und nicht selbst an der Spitze zu stehen. Ich muss ja auch noch mein eigenes Leben managen. Aber: Sag niemals nie.

Persönlich Iris Ückermann ist 52 Jahre alt, verheiratet und kommt gebürtig aus Osnabrück. Beruflich war sie sowohl im juristischen Bereich als auch im Marketing und im Vertrieb tätig. Im Trainingsunternehmen ihres Mannes führte sie einen Eigenverlag für audiovisuelle Medien. Seit 2006 sind beide unter anderem im Bauträger- und Immobiliengeschäft tätig. 2013 wird sie auf den damaligen Salzufler Kneipp-Verein aufmerksam, absolviert daraufhin verschiedene Ausbildungen und ist heute unter anderem als Kneipp-Gesundheitstrainerin, Nordic Walking-Trainerin und Kneipp-Fastentrainerin für Gesunde tätig. Privat ist sie Mitglied der Freien Wähler und im Förderverein Altenzentrum Bethesda. Zudem bereist sie gerne mit ihrem Wohnmobil – dem &bdquo;Kneipp-Mobil" – verschiedene Kneipp-Erlebnisorte. Über die Reisen will sie demnächst in einem Blog berichten.

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