Das sagt der Projektleiter der Bahn über die neue ICE-Trasse

Bad Salzuflen. Woher führt die neue ICE-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover? Spätestens nachdem fünf vom Bundesverkehrsministerium beauftragte Trassenvarianten durch das Dresdner Gutachterbüro &bdquo;Schüßler-Plan" konkretisiert worden sind, sind viele Bad Salzufler alarmiert. So verlaufen zwei mögliche Streckenführungen entlang der A 2 durch Lockhausen, Ahmsen, entlang der Siedlung Elkenbrede und durch den Obernberg. Geschätzter Kostenpunkt inklusive Tunnel mit zwei Röhren: gut 300 Millionen Euro.

Würde die Trasse tatsächlich durch das Gebiet der Kurstadt verlaufen, wären Tausende Bad Salzufler direkt oder indirekt vom Projekt betroffen. So fürchten bereits Bewohner der Siedlung Elkenbrede, dass ihre Immobilien markant an Wert verlieren. Und auch das Staatsbad könnte nachhaltigen Schaden nehmen, sagt Bürgermeister Dirk Tolkemitt.

Herr des eigentlichen Planungsverfahrens für die neue ICE-Schnellfahrtstrecke mit bis zu Tempo 300 ist jedoch nicht das Verkehrsministerium, sondern die Deutsche Bahn und speziell ihre Tochter DB Netz AG. Die DB hat zur Findung der Trasse einen 4500 Quadratkilometer großen Suchraum zwischen Bielefeld und Hannover-Seelze definiert, der vom Steinhuder Meer im Norden bis kurz vor Hameln im Süden reicht. In dem Suchraum tauchen die lippischen Kommunen Bad Salzuflen, Leopoldshöhe, Lage, Lemgo, Kalletal, Dörentrup und Extertal auf.

Hauptverantwortlicher für das Milliardenprojekt bei der DB Netz AG ist Carsten-Alexander Müller (46). Im Gespräch nimmt der Bahnexperte Stellung zum Stellenwert der bisher vorliegenden fünf Trassen, dem weiteren Vorgehen der DB Netz AG und dem Zeithorizont.

Die Bahn betont, dass sie mit ihren Plänen für die neue ICE-Verbindung Bielefeld-Hannover auf einem &bdquo;weißen Papier" beginnt. Können Sie nachvollziehen, dass das viele Bad Salzufler, die entlang der zwei durch den Kurort führenden Trassen leben, angesichts der detaillierten Berechnungen des Gutachterbüros &bdquo;Schüßler-Plan" kaum glauben können?

Carsten-Alexander Müller: Die insgesamt fünf Modellvarianten stammen vom Bund. Darin geht es im Kern um Machbarkeit und Kosten. Wir gehen an den Suchraum mit unseren Gutachtern ergebnisoffen heran – müssen für unsere Planungen sehr viel mehr Zeit und Personal einsetzen. Wir sprechen hier von Jahren und mehreren Dutzend Gutachtern, die bei ihrer Arbeit auch sichtbar werden.

Der Bund gibt vor, dass am Ende der Planung eine Trasse steht, die eine Fahrtzeit von maximal 31 Minuten zwischen Hannover und Bielefeld gewährleistet. Damit dürften doch sehr viele Trassenvarianten von vornherein herausfallen, oder?

Müller: Wir haben die Aufgabe 31 Minuten mitbekommen, das ist richtig. Unsere Untersuchungen im Suchraum werden verschiedene Streckenvarianten mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen ergeben. Die Vorzugsvariante wird anschließend politisch entschieden.

Wer von Bielefeld bis Hannover-Seelze einen geraden Strich auf der Karte zieht, &bdquo;fährt" in etwa entlang der A 2. Liegt es nicht auf der Hand, dass die kürzeste und schnellste Verbindung entlang der Autobahn und damit entweder durch Bad Salzuflen oder die Nachbarstadt Herford führt?

Müller: Nein, wir schauen uns den gesamten Suchraum an.

Nimmt die DB bei ihrer Trassenplanung auch Rücksicht auf besondere wirtschaftliche Gegebenheiten der Anrainerstädte? Sprich: Gelten für einen großen Kurort wie Bad Salzuflen mit seinen vielen Tausend ruhebedürftigen Gästen spezielle Auflagen?

Müller: Es spielen für die Trassenfindung solche und auch viele weitere Aspekte wie zum Beispiel Umwelt, Bodenbeschaffenheiten, Schutzgüter Mensch und Tier, Wirtschaftlichkeit und anderes eine Rolle.

Werden am Ende der Trassensuche der Deutschen Bahn ebenso wie bei &bdquo;Schüßler-Plan" mehrere Varianten zur Wahl stehen?

Müller: Davon gehen wir aus. Das werden jedoch die Gutachten ergeben. Alles ist möglich.

Inwieweit werden dann die betroffenen Städte und Gemeinden sowie Anwohner gehört?

Müller: Kommunen und Anrainer werden aktiv beteiligt. Alle Wünsche, Ängste und Forderungen nehmen wir auf. Aber auch Spezialwissen vor Ort und regionale Besonderheiten sind uns wichtig.

Sind auch Trassen denkbar, bei denen zumindest teilweise bestehende Verläufe mit einbezogen und entsprechend &bdquo;ertüchtigt" werden – beispielsweise die heutige ICE-Strecke von Porta Westfalica bis Bielefeld-Brake?

Müller: Für eine Antwort darauf ist es noch zu früh.

Wann plant die Deutsche Bahn, mit den Planungen für ihre Favoriten beziehungsweise ihren Favoriten fertig zu sein?

Müller: Wir denken zeitlich vorerst an die ersten Schritte. Wenn wir in 24 Monaten die ersten Trassenverläufe entwickelt haben, dann sind wir gut.

Wer beschließt die endgültige Trasse und den Bau?

Müller: Auftraggeber und Entscheider ist der Bund.

Gibt es schon einen Zeithorizont für einen möglichen Baubeginn und eine Fertigstellung einer neuen, zweigleisigen Trasse?

Müller: Das können wir noch nicht abschätzen. Das hat auch mit der Streckenführung zu tun, die wir heute noch nicht kennen.

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