Leben auf dem denkmalgeschützten Hof Nacke in Bad Salzuflen: Eine Familie, eine Geschichte

Bad Salzuflen/Ehrsen-Breden. Sein Lieblingsplatz? Albrecht Nacke muss gar nicht lange überlegen und steuert zielstrebig auf die große Treppe vor dem Haupthaus zu. Hier lebt der 72-Jährige mit seiner Frau im Obergeschoss, Sohn Matthias ist mit Frau und den drei Kindern im Untergeschoss zuhause – auf insgesamt 500 Quadratmetern Fläche wohnen hier drei Generationen. Doch zum Hof Nacke an der Mittelstraße in Ehrsen gehört mehr als &bdquo;nur" das imposante Steingebäude. 3,5 Hektar groß ist das Areal insgesamt, und so gut wie alles hier steht unter Denkmalschutz. In unserer Serie &bdquo;Leben im Denkmal" nimmt uns der Hofbesitzer mit über das Gelände.

Albrecht Nacke, graues Haar, braune Cordhose, hat sein ganzes Leben hier verbracht. Woanders wohnen? Für ihn undenkbar. Er lässt den Blick schweifen – in seiner jetzigen Form steht der Hof seit 1922, eine erste Erwähnung erfolgte aber schon 1468. Nachdem das alte Bauernhaus abgerissen wurde, entstand 1922 das heutige Areal in U-Form – samt Haupthaus, Scheune, diversen Ställen und Verwalterhaus. &bdquo;Die Gebäude sind relativ jung", sagt Nacke, der eine lange Familiengeschichte mitbringt. Demnächst soll sogar eine Chronik darüber erscheinen, verrät er.

Von der Landwirtschaft zu leben, das wäre heute schwierig Nach wie vor ist der Hof landwirtschaftlich geprägt, allerdings heute nur noch im Nebenerwerb. Das habe sich über die vergangenen zwei Generationen so entwickelt, sagt Nacke. Inzwischen leitet sein Sohn den Betrieb. Davon zu leben, das wäre heute schwierig, gibt er zu.

Daher hat sich die Familie ein zweites Standbein geschaffen und zahlreiche Mieter, oder wie Nacke sie nennt &bdquo;Nutzer", auf den Hof geholt: Dachdecker, Maurer oder eine Reinigungsfirma haben sich hier Lagerräume angemietet, zwei Familien leben hier, Privatleute haben sich kleine Werkstätten eingerichtet, um zum Beispiel an Oldtimern zu basteln oder sie hier unterzustellen. Albrecht Nacke ist ehrlich: &bdquo;Nur durch deren Beitrag haben wir überhaupt die Möglichkeit, das Areal so zu erhalten."

Grünau nutzt historische Gemäuer Apropos erhalten: Erst kürzlich hat er einen Teil der historischen Fassade des Verwaltungshauses herrichten lassen, bewusst mit alten Baumaterialien. Gleich daneben befindet sich das älteste Gebäude des Hofes: der alte Speicher von 1801. Hier hat sich die heilpädagogisch-therapeutische Einrichtung Grünau eingerichtet, Nacke ist auch Vorsitzender der Stiftung Grünau.

Doch nicht nur der Speicher wird für die Betreuung einer Tagesgruppe genutzt, direkt nebenan wird seit 15 Jahren eine Schulstation von Grünau betrieben – im ehemaligen Düngerschuppen. Besonders stolz ist Nacke, dass er hier die alte Substanz fast vollständig erhalten konnte. In uriger Atmosphäre mit dicken Deckenbalken und Blick ins Grüne lernen hier täglich 24 Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren. Es sind Kinder, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, und die hier in geschütztem Umfeld auf einen regulären Schulbesuch vorbereitet werden.

Spielplatz steht allen Kindern offen Als Nacke noch erzählt, kommen drei Jungs vorbei, sie grüßen verhalten und machen sich direkt auf den Weg auf die große Wiese hinter dem Hof. Fußballtore stehen hier, eine Tischtennisplatte, es gibt Spielgeräte und ein mit bunten Bändern geschmücktes Weidentipi. Dieses Areal steht allen Kindern im Dorf offen, sagt Nacke. Der Hof und die Familie Nacke sind schließlich Teil der Ehrsener Dorfgemeinschaft – die schätzt Albrecht Nacke ganz besonders.

Weiter geht es über einen kleinen Pfad an den Gärten vorbei in Richtung Quellhaus – auch das gehört zum Hof. Vor Jahren sollte es abgerissen werden, es steht nicht unter Denkmalschutz. Nacke hat es abbauen lassen und hier, quasi auf der anderen Hofseite, wieder aufbauen lassen. Es ist heute ebenso vermietet wie das alte, denkmalgeschützte Kötterhaus gleich nebenan. 1998 hat es Nacke mit viel Liebe zum Detail sanieren lassen, eine Zeit lang hat er es anschließend mit seiner Frau als Ferienhaus genutzt – Urlaub auf dem eigenen Hof sozusagen. Der Tapetenwechsel von ein paar Metern Luftlinie hätte ihnen schon gereicht, sagt er und lacht.

Küche als Treffpunkt für die Familie Alt und Neu trifft dann noch im Heizhaus aufeinander: Hier sitzt einerseits die moderne Heizzentrale, die die angrenzenden Gebäude via Erdwärme versorgt, andererseits zieren historische Balken von 1798 das Gebäude am rechten Teil. Ein Holzbackofen steht darin, an dem die Nackes schon mal zum Pizzabacken zusammenkommen.

Die Familie hat aber noch einen anderen Treffpunkt: die große Küche im Obergeschoss des Haupthauses, in die Nacke zum Abschluss führt. &bdquo;Hier spielt sich das Leben ab", sagt er und nimmt am Esstisch Platz. Der Blick fällt durchs Fenster auf den Magnolienbaum im Garten, auf der antiken Anrichte reihen sich Bierkrüge aus Meissner Porzellan aneinander – Nacke gesteht seine Sammelleidenschaft.

Vorbei an unzähligen Gemälden geht es über die knarzende Holztreppe und durch die Eingangshalle zurück an die Treppe vorm Haupthaus. Nacke hat hier eine rote Rutsche platziert, einer seiner Enkel ist sie eben noch hinabgesaust. Die Sonne scheint an diesem Nachmittag direkt aufs Haus, kein Wunder, dass das Nackes Lieblingsplatz ist. Am Abend wird er sich vielleicht noch ein Fläschchen Bier aufmachen, sagt er. Sich auf die Stufen setzen, den Blick schweifen lassen. &bdquo;Und einfach ein bisschen gucken, was so los ist", sagt er und grinst..

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