Bürgerentscheid in der Kurstadt am zweiten Advent

Bad Salzuflen . Gut 40.000 wahlberechtigte Bad Salzufler ab 16 Jahren werden in einigen Wochen offiziell dazu aufgerufen, am Sonntag, 10. Dezember, an der Urne oder per Brief zu wählen. Dieses Mal geht es nicht um die Frage, wer Bürgermeister wird oder wer im Rat sitzt, sondern darum, ob in der Stadt eine neue, fünfzügige Grundschule gebaut wird.

Diese Grundsatzentscheidung hatte der Rat getroffen, der die Grundschule am Kirchplatz in Schötmar mit der Grundschule Wasserfuhr an einem neuen Standort zusammenführen will ( wir berichteten mehrfach ). Für den Erhalt der beiden Schulen ist ein Bürgerbegehren mit Unterschriftensammlung gestartet worden, das in der Sitzung des Stadtrates am Mittwochabend als zulässig erkannt worden ist.

Der Hintergrund: Aufgrund der Zahl der Wahlberechtigten der Kommunalwahl 2020 waren für ein erfolgreiches Quorum 2584 Unterschriften für das Bürgerbegehren nötig. Deren Vertretungsberechtigte haben dem Bürgermeister Ende August 3825 Unterschriften überreicht. Die Verwaltung hat diese gecheckt und bei 2600 gültigen Unterschriften die Prüfung für abgeschlossen erklärt. Das nötige Quorum sei damit erreicht, eine weitere Prüfung erübrige sich, heißt es aus dem Rathaus.

Rat bleibt bei seiner Entscheidung: Allerdings hat am Mittwochabend eine Ratsmehrheit – unter anderem gegen Stimmen aus der SPD und AfD – beschlossen, dem Bürgerbegehren nicht beizutreten. Bei einem Beitritt wäre der Ratsbeschluss zur Bildung einer fünfzügigen Grundschule hinfällig geworden. Nun kommt es laut Gemeindeordnung NRW in der Kontroverse automatisch zu einem Bürgerentscheid – einer Abstimmung an der Urne, ob die neue Schule gebaut werden soll oder nicht. Termin hierfür ist jetzt der zweite Advent.

Wie geht es weiter? Verwaltung, Politik und Vertreter des Bürgerbehrehrens werden in den nächsten Wochen eine Info-Broschüre entwickeln, in der die Sachfrage und die gegenseitigen Argumente erklärt werden. Dieses Heft soll anschließend mit der Wahlbenachrichtigung an jeden Berechtigten verschickt werden. Wie bei einer &bdquo;richtigen Wahl“ wird auch eine Abstimmung per Brief möglich sein. Zudem öffnen am Sonntag, 10. Dezember, rund ein Dutzend Wahllokale in der Stadt. Eines in jedem Ortsteil sowie zwei in Bad Salzuflen. Das sind etwas weniger als bei der Kommunalwahl vor drei Jahren.

Die Salzufler haben das Wort: Als mögliche Standorte für die neue Grundschule waren jüngst neben dem Sportplatz Ehrsen unter anderem auch das Grundstück der Erich Kästner-Förderschule an der Otto-Hahn-Straße sowie Flächen am Schulzentrum Lohfeld oder am Schlosspark Schötmar von der Verwaltung benannt worden. Im Fall der Otto-Hahn-Straße würde das abgängige Schulgebäude (war früher Heimat der Hauptschule Schötmar) abgerissen und neu gebaut. Die Förderschüler würden dann in die frei werdenden Räume der jüngst sanierten Grundschule Am Kirchplatz ziehen. Den Standort der ebenfalls sanierungsbedürftigen Grundschule Wasserfuhr würde die Stadt im Fall eines Neubaus an anderer Stelle aller Voraussicht nach überplanen. Doch jetzt haben erst die Bad Salzuflerinnen und Bad Salzufler das Wort, und die haben den Stadtrat vor 20 Jahren schon einmal überstimmt.

Wann ist ein Bürgerentscheid &bdquo;gewonnen“? In der Abstimmung kann nur &bdquo;ja“ oder &bdquo;nein“ angekreuzt werden. Die Seite der Initiatoren des Begehrens hat sich durchgesetzt, wenn mindestens 15 Prozent aller Bad Salzufler Wahlberechtigten abstimmen und diese dann überwiegend gegen die Pläne der Stadt votieren – eine einfache Mehrheit reicht. Ein Ergebnis dürfte noch am Abend des 10. Dezember feststehen.

Die Historie: Seit mehr als 25 Jahren gibt es die Möglichkeit der direkten Einflussnahme der Bevölkerung in kommunalpolitische Entscheidungen in NRW. Bisher hat es laut dem Verein &bdquo;Mehr Demokratie“ rund 900 Bürgerbegehren gegeben. Bad Salzuflen hat schon einige Erfahrungen mit Bürgerbegehren gesammelt. &bdquo;Premiere“ war 2003, als die CDU-Fraktion mit ihrer damaligen absoluten Mehrheit beschloss, 49 Prozent der Stadtwerke für 50 Millionen Euro verkaufen zu wollen. Das Bürgerbegehren dagegen mündete in einen Bürgerentscheid, den die Verkaufsgegner klar gewannen. Aus heutiger Sicht sicher ein Glücksfall für Bad Salzuflen und &bdquo;ihre“ Stadtwerke.

2009 gab es einen zweiten Bürgerentscheid in Bad Salzuflen. Damals richtete sich das Begehren gegen den Ratsbeschluss, das Gymnasium Aspe in eine Gesamtschule umzuwandeln. In dem Fall unterlagen die Initiatoren. Es gingen zum Einen zu wenig Menschen an die Urne, und die stimmten zudem mehrheitlich für die Gesamtschule. Erfolgreich für die Organisatoren waren zudem die Bürgerbegehren für den Wiederaufbau des Gradierwerks am Kurpark-Eingang (2006), für die Weiternutzung der Standorte Klinik am Kurpark und Fürstenhof als Kur- oder Gesundheitseinrichtung (2008) und gegen die Umgestaltung der Gustav-Horstmann-Allee im Kurpark (2014). In allen drei Fällen entschied sich der Rat dafür, dem Ansinnen der Bürger zuzustimmen.

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