Wie Bad Salzufler 60 Frauen in Äthiopien aus der Prostitution helfen wollen

Bad Salzuflen. Es ist erst ein paar Tage her, dass Pfarrerin Steffie Langenau und Olaf Steuernagel wieder lippischen Boden unter den Füßen haben. Gemeinsam mit Pfarrer i. R. Dieter Lorenz waren sie in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba, wo sie sich mit Behördenvertretern und Mitarbeitern der evangelischen Mekane-Yesus-Kirche getroffen haben, mit der sie seit Jahren zusammenarbeiten . Es ging um das neueste Hilfsprojekt, das nun anläuft. 60 jungen Frauen, die sich aus materieller Not prostituiert haben, soll ein Weg aus ihrer Situation heraus zu einer menschenwürdigen Existenz ermöglicht werden.

Die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Bad Salzuflen unterstützt seit mehr als 20 Jahren Menschen in Bahir Dar im Norden Äthiopiens mit verschiedenen Projekten. &bdquo;Aufgrund der politischen Spannungen konnten wir dieses Mal aber nur in die Hauptstadt reisen“, berichtet Steffie Langenau. Eine Fahrt in den Norden des afrikanischen Landes sei zu gefährlich gewesen. &bdquo;Dennoch war es wunderbar, uns mit unseren Partnern zu treffen – man kann nicht alles per E-Mail klären.“ Wichtig ist ihr zu betonen, dass der Anstoß zu dem aktuellen Hilfsprojekt von den Äthiopiern komme. &bdquo;Wir unterstützen das nur und tun das gemeinsam mit der italienischen Hilfsorganisation Amare Onlus.“

Von ihren Männern verstoßen Die 60 Frauen seien von den lokalen Partnern ausgewählt worden, erklärt Kirchenvorstandsmitglied Olaf Steuernagel. Viele von ihnen seien von ihren Männern verstoßen worden und hätten sich prostituieren müssen, um sich und ihre Kinder zu ernähren. Die Teilnehmerinnen stammen alle aus einer bestimmten Region der Stadt. Dies sei wichtig, damit die Projektmitarbeiter – darunter Sozialarbeiter und Therapeuten – den Kontakt zu den Frauen halten und sie regelmäßig besuchen können.

Bei der Auswahl habe zudem sichergestellt werden müssen, dass die Frauen tatsächlich aus der Prostitution aussteigen wollen und kein Zuhälter im Hintergrund mehr eine Rolle spiele.

Viele der Frauen prostituierten sich am Rande von Märkten oder entlang der Fernverkehrsstraßen. &bdquo;Dabei erleben sie oft Demütigung und Gewalt, viele sind traumatisiert“, sagt Langenau. Ziel des Projekts sei es, den Frauen eine Perspektive abseits der Prostitution zu bieten.

64.000 Euro im Fonds Dafür stehen rund 64.000 Euro zur Verfügung. In den ersten drei Monaten erhalten die Frauen finanzielle Unterstützung aus diesem Fonds, damit eine Basis für den Ausstieg vorhanden ist. &bdquo;In Äthiopien kann man mit umgerechnet zwei Euro pro Tag auskommen“, erklärt Steuernagel. Während dieser Zeit werden die Teilnehmerinnen zudem sozialarbeiterisch und therapeutisch betreut und auch geschult. Die ersten drei Monate gelten als Probezeit, um sicherzustellen, dass die Frauen den Ausstieg wirklich wollen. Aus dem Projektgeld wird auch das Gehalt von den Mitarbeitern vor Ort bezahlt.

&bdquo;Es geht nicht darum, Prostitution moralisch zu verurteilen“, betont Langenau. &bdquo;Solange sie freiwillig ausgeübt wird, ist sie eine individuelle Entscheidung. Bei den Frauen in unserem Projekt ist das aber nicht der Fall – sie haben keine andere Wahl, da sie in akuter materieller Not sind.“ Wenn sie von ihren Männern verstoßen werden, seien sie oft von einem Tag auf den anderen mittellos. &bdquo;Viele haben keine Bildung und können sich nicht einfach einen Job suchen.“

Das Projekt soll die Frauen dabei unterstützen, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Dies kann ein Gemüsestand auf dem Markt, ein mobiles Kaffeegeschäft oder das Waschen von Autos sein. &bdquo;Unsere Erfolgsquote aus vergleichbaren Projekten liegt bei etwa 80 Prozent“, sagt Steuernagel.

Laufzeit des Projekts ist auf ein Jahr begrenzt Die Gemeinde hat bereits Frauen in einem Vorgängerprojekt unterstützt, die unter falschen Versprechungen nach Saudi-Arabien gelockt wurden und dort sklavenartig ausgebeutet worden sind. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat standen sie vor dem Nichts. Auch damals sei es darum gegangen, ihnen eine neue Lebensgrundlage zu ermöglichen, erklärt Langenau.

Ein entscheidender Aspekt des Projekts sei die gegenseitige Unterstützung der Frauen, erklärt Steuernagel. &bdquo;Sie sollen sich mit Rat und Tat helfen und voneinander lernen.“ Die Laufzeit des Projekts ist auf ein Jahr begrenzt. &bdquo;Es macht Sinn, solche Maßnahmen zeitlich zu begrenzen“, so Steuernagel, &bdquo;und ein Jahr Unterstützung reicht erfahrungsgemäß völlig aus.“ Und danach? &bdquo;Dann werden wir uns wahrscheinlich der nächsten Aufgabe zuwenden.“

Wer das Projekt finanziell unterstützen möchte, kann sich an Steffie Langenau wenden: Tel. (05222) 17106, mehr auf www.bad-salzuflen-lutherisch.de .

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