„Ich war schon immer ein Revoluzzer“: Darum engagiert sich eine Salzufler Oma gegen Rechts

Bad Salzuflen. Sonja Rothermel hat eine Enkelin. Insofern trifft der Titel &bdquo;Oma“ tatsächlich auf sie zu. Allerdings, darauf legt die Bad Salzuflerin wert, können sich in der Protestbewegung &bdquo;Omas gegen Rechts“ auch Frauen ohne Nachwuchs engagieren. &bdquo;Wir hätten unsere Gruppe auch ,Lebenserfahrene Frauen gegen Rechts’ nennen können“, sagt Rothermel. &bdquo;Aber das klingt einfach nicht so eingängig.“ In den eigenen Schriftstücken der Initiative werde das &bdquo;Oma“ stets in Großbuchstaben gedruckt. &bdquo;Um anzudeuten, dass es inklusiv gemeint ist, auch Kinderlose mit einbezieht“, erklärt Rothermel. Das Integrative, Solidarische ist ihr wichtig. &bdquo;Wir brauchen gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Anders seien die Herausforderungen unserer Zeit, von denen die Zunahme extrem rechter Strömungen nur eine sei, nicht zu bewältigen.

Aus dem &bdquo;Ländle“ in die Kurstadt Sonja Rothermel ist 66 Jahre alt und war Lehrerin für Mathe und Physik. Sie stammt ursprünglich aus Krefeld im Ruhrgebiet, lebte mit ihrem Mann, einem gebürtigen Schwaben, und den beiden Kindern dann aber lange in Baden-Württemberg. So richtig heimisch wurde sie dort jedoch nie. Zur Rente zog das Ehepaar um nach Bad Salzuflen. &bdquo;Das isses, hier fühlen wir uns wohl“, hätten sie bei der Besichtigung gedacht. Ein Solebad, gesundheitlich von Vorteil für ihren Mann, dazu eine Einwohnerschaft, die sie als offen und zugewandt wahrnimmt. Ein guter Grund, sich auch hier, am neuen Lebensmittelpunkt, zu engagieren - wieder einmal, wie man in ihrem Fall sagen muss.

Denn Rothermel war schon im &bdquo;Ländle“ aktiv, zum Beispiel im Rahmen der Bürgerbewegung gegen &bdquo;Stuttgart 21“ und bei &bdquo;Fridays for Future“. &bdquo;Wenn der Klimawandel und seine Folgen verleugnet werden - darüber rege ich mich auf“, gibt sie zu. Sie sei schon immer &bdquo;ein Revoluzzer“ gewesen und von ihrer Art her &bdquo;nicht gerade leise“. Sie lacht. &bdquo;Dann kam Susanne Huppke mit ihren ,Omas gegen Rechts’ Bad Salzuflen, und ich wusste, das entspricht mir noch viel mehr.“ Denn wie rechtsextreme Gruppen derzeit &bdquo;wie Pilze aus dem Boden“ schössen, findet sie besorgniserregend. &bdquo;Und wie jung die Mitläufer sind. Um unsere Jugend mache ich mir große Sorgen.“

&bdquo;Wie Pilze aus dem Boden“ Susanne Huppke hatte im Februar 2024 ein erstes Aktiventreffen der neuen Ortsgruppe initiiert. Rothermel war von Anfang an dabei, gehört heute zum siebenköpfigen Orga-Team und nahm schon an mehr als einem Dutzend Aktionen teil. Da sie es mag, am Computer zu arbeiten, kümmert sie sich auch um das Infomaterial der Gruppe, entwirft Flyer, Broschüren und Plakate. Außerdem managt sie die zahlreichen Chatgruppen der hiesigen Initiative.

Zwischen ihren Herzensthemen Klimaschutz und Demokratieförderung sieht die 66-Jährige Überschneidungen. So sei ein Leugnen des menschengemachten Klimawandels gerade in extrem konservativen und rechten Kreisen verbreitet. Warum sie sich als &bdquo;Oma“ in die gesellschaftspolitische Debatte wirft? Ganz klar: &bdquo;Hilf mit, dass die Welt unser’n Enkeln noch gefällt“, zitiert Rothermel den Song &bdquo;Omas gegen Rechts, das sind wir“. In dem Lied wird auch eine Gesellschaft besungen, &bdquo;in der’s normal ist, dass ein jeder gleich viel zählt“ und &bdquo;alle Menschen teilhaben am Reichtum dieser Welt“.

Präsenz auf Gegendemos Eine wichtige Säule sind für die &bdquo;Omas“ ihre Auftritte auf Gegendemos gegen rechte Initiativen wie zuletzt in Herford oder Leopoldshöhe. &bdquo;Unser Alter schützt uns ein Stück weit“, so Rothermels Erfahrung. Die &bdquo;Omas“ würden auf Demos meist freudestrahlend begrüßt, gerade auch von deutlich jüngeren Mitstreitern. Doch es gibt auch Gegenwind. Den ist Rothermel als erfahrene Aktivistin gewöhnt, doch einige aus der Gruppe habe der harsche Ton auf der Straße erschreckt. &bdquo;Gott wird euch verfluchen“, habe es geheißen, als sie eine Regenbogenfahne am Stand hissten, oder &bdquo;Schämt ihr euch nicht?“, als sie für Menschenrechte warben. &bdquo;Das war für einige eine kritische Erfahrung.“ Ein Seminar zum Thema &bdquo;Eigenschutz“ in schwierigen Diskussionen habe hier weitergeholfen.

Doch wie an die Jugend herankommen, die den &bdquo;Omas“ ja so wichtig ist? &bdquo;Wir sind dabei, uns dafür Formate zu überlegen“, sagt Sonja Rothermel. &bdquo;Infostände gut und schön, doch würden wir uns auch gerne in Schulen und Jugendgruppen engagieren. Über Einladungen würden wir uns freuen.“ Diskutiert wird das alles bei den sogenannten Plenums-Sitzungen alle zwei Monate. Darüber hinaus gibt es auch einen Frauenstammtisch, eine Chor- und eine Wandergruppe. So bliebe man vernetzt, im Gespräch und am Puls der Zeit, teilten die &bdquo;Omas“ doch auch Links und Lesestoff miteinander.

Was ist mit den &bdquo;Opas“? Ein Nahziel ihres Engagements sei es, für Demokratieförderung zu kämpfen. Auch ein AfD-Verbotsverfahren sollte ernsthaft verfolgt werden, findet sie. Dafür ihr &bdquo;Standing als Oma“ einzusetzen, sei ein gutes Gefühl. Aus einem Pool von 50 Aktiven sei bei den Aktionen meist ein harter Kern von 20 bis 30 Personen dabei, darunter auch einige &bdquo;Opas“, die tatkräftig unterstützen. Im Plenum seien die jedoch vorerst nicht erwünscht. &bdquo;Vorrangig ist unser Ziel, lebensältere Frauen mit ihren Sorgen bezüglich der politischen Entwicklung zusammenzubringen“, erläutert Rothermel. Diesen Kern der Sache gelte es zu schützen - auch gegen Einflussnahme von außen: &bdquo;Spenden von Parteien lehnen wir ab. Unsere Freiheit“, sagt sie entschieden, &bdquo;wollen wir uns nicht nehmen lassen.“

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Kennen Sie auch jemanden, der sich ehrenamtlich engagiert und im Rahmen der neuen LZ-Serie &bdquo;Mit Herz für Bad Salzuflen“ vorgestellt werden sollte? Wir freuen uns über Tipps, zum Beispiel per E-Mail an alanghagel@lz.de.

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