Herford/Cloppenburg/Bad Salzuflen. Es ist ein Verbrechen, das nicht nur die Einwohner der niedersächsischen Stadt Cloppenburg erschütterte. In der Nacht des 16. Dezember 2024 wird ein 79-jähriger Rentner von unbekannten Tätern in seinem Haus überfallen, misshandelt und lebensgefährlich verletzt liegen gelassen. Ein Nachbar findet das Opfer am Morgen. Über Wochen liegt der Senior im Koma – und zunächst scheint es so, als würden es die Ermittler schwer haben, die Täter zu finden. Eine Spur führt in den Kreis Herford. Mordkommission und Staatsanwaltschaft vermuten die Täter im Umfeld der sogenannten „Buchbetrüger“. Deren Masche: Sie schwatzen zumeist älteren Menschen hochwertig erscheinende Nachdrucke alter Werke auf, suggerieren ihren Opfern, dass diese im Wert steigen werden, und kassieren dabei ab. Vorwurf der Beihilfe gegen 19-Jährigen In diesem Umfeld verorten die niedersächsischen Ermittler wiederum die drei Männer, die sich jetzt wegen Mordversuchs und Beihilfe vor dem Landgericht Oldenburg verantworten sollen: darunter ein 19-Jähriger, der zuletzt in Herford lebte und ein mutmaßlicher Mittäter aus Bünde. Der junge Mann soll den Wagen gesteuert haben, mit dem die Männer zum Haus des Opfers fuhren. Ihm wird von den Ermittlern Beihilfe vorgeworfen. Für die Justiz ist der 19-Jährige, den die lippische Polizei nach Informationen dieser Zeitung als jugendlichen Intensivtäter führte, alles andere als ein Unbekannter. Aktuell verbüßt der junge Syrer eine Haftstrafe wegen Eigentumsdelikten, außerdem soll er als Enkeltrickbetrüger aktiv gewesen sein. Salzuflerin fällt nicht auf Trick herein Deren Masche ist bekannt: Den Opfern wird vorgespielt, dass ein Familienmitglied nach einem Unfall in Not ist, ihm Haft droht oder es behandelt werden muss und deshalb viel Bargeld gebraucht wird, um die Haft abzuwenden oder die Behandlung fortzusetzen. In anderen Fällen agieren die Betrüger als falsche Polizisten, die von Einbrüchen berichten und anbieten, die Wertsachen der Opfer in Sicherheit zu bringen. Der 19-Jährige soll in zwei Fällen bei Taten in Westfalen-Lippe mehr als 30.000 Euro und Schmuck von Opfern im fünfstelligen Bereich abgeholt haben. Eine Rentnerin aus Bad Salzuflen sorgte indes dafür, dass für einen der mutmaßlichen Täter die Handschellen klickten. Die Frau ging zum Schein auf den Anruf der Betrüger ein, alarmierte aber die lippische Polizei, die einen der Angeklagten vor Ort festnehmen konnte und in der Nähe das Handy des 19-Jährigen fand – er hatte es offenbar geschafft, zu türmen, dabei aber das wichtige Beweisstück verloren. Mit Schlägen und Tritten misshandelt Das Cloppenburger Opfer hatte in den Wochen vor dem versuchten Mord immer wieder Kontakt zu Personen, die der Buchbetrüger-Szene zugerechnet werden, so die niedersächsischen Ermittler. Der eigentliche Übergriff, an dem der 19-Jährige beteiligt gewesen sein soll, fand dann in der Dezembernacht vor gut zehn Monaten statt. Die Täter sollen in das Haus des Opfers eingebrochen sein, den schlafenden Mann geweckt und schließlich mit Schlägen und Tritten misshandelt haben. Der 19-Jährige wird nach Informationen dieser Zeitung durch eine wichtige Spur belastet. Sein Herforder Verteidiger Christian Thüner äußert sich zu den Vorwürfen, die sich gegen den jungen Mann richten: „Mein Mandant wird zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen vor dem Landgericht Oldenburg Angaben machen.“ Das Opfer ist mittlerweile aus dem Koma erwacht, leidet aber, wie zu hören war, nach wie vor unter den Folgen des versuchten Mordes.