Erneute Diskussion ums Barntruper Rathaus

Barntrup . Ein neues Rathaus mit Rettungswache und Medizinischem Versorgungszentrum (MVZ) – ein Wunsch, den Barntrups Bürgermeister Jürgen Schell wieder ins Gespräch bringt. Nun hat er das Thema, das bereits in der Vergangenheit in der Politik diskutiert und ablehnend beurteilt wurde, erneut aufs Tapet gebracht – und zwar im sozialen Netzwerk &bdquo;Facebook". Zahlreiche Menschen haben auf diesen Post reagiert.

&bdquo;Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, wie Sie wissen, befindet sich die Barntruper Stadtverwaltung in drei räumlich voneinander getrennten Standorten." Mit diesen Worten wandte sich Schell bei Facebook an die Barntruper. Die meisten Kommentatoren stehen dem Wunsch nach dem Rathausneubau mit Rettungswache und MVZ unter einem Dach negativ gegenüber. Es gibt aber auch Stimmen, die die Zukunftsfähigkeit Barntrups anmahnen, das nicht weiterhin mit dem historischen Zitat &bdquo;Barntrup will auk no watt" im Bund der lippischen Städte und Gemeinden beschrieben werden solle. Die CDU-Fraktion war die erste Partei, die öffentlich Stellung zur Debatte bezog. Die LZ fragte die anderen politischen Parteien nach ihrer Meinung.

Als Gründe für einen Neubau sprechen aus Sicht des Bürgermeisters die Entfernung der drei Verwaltungsstandorte von bis zu 400 Metern, ebenso die nicht behindertengerecht gestalteten Zugänge, Flure, Toiletten und Zufahrten samt eingeschränkter Parkmöglichkeiten. Bei zwei der drei Gebäude steht eine energetische Sanierung an. Das dritte – der Standort des Sozialamtes in der Steneberg-schen Fabrik – ist angemietet. Das historische Rathaus mit dem stilvollen Sitzungssaal und imposanter Fassade würde nach den Vorstellungen von Schell erhalten bleiben und anders genutzt werden: &bdquo;Angedacht ist von meiner Seite ein Museum mit Café und Bürgersaal als Treffpunkt."

Der Rat hat einstimmig den Neubau eines Verwaltungsgebäudes abgelehnt" Für die Finanzierung sind seitens Schell Förderprogramme angedacht mit bis zu 80 Prozent Unterstützung für die Umnutzung des Rathauses sowie eine 95-prozentige Förderung für die Konzepterstellung des Neubaus. Auch der Verkauf des Gebäudes Mittelstraße 32, das ehemalige Waisenhaus, zu Wohnzwecken würde Geld in die Stadtkasse bringen.

Zu all diesen Plänen hat die Politik bereits &bdquo;Nein" gesagt, wie CDU-Ratsmitglied Daniel Düwel in einer Stellungnahme im Netz erklärt: &bdquo;Der Rat hat einstimmig den Neubau eines Verwaltungsgebäudes abgelehnt und ebenso die Bereitstellung finanzieller Mittel für ein solches Projekt, sprich die Finanzierung von Planungskosten. Die Tatsache, dass der Bürgermeister entgegen dem Ratsbeschluss seine Planungen weiter vorantreibt und dieses vielfach im Deckmantel des MVZ verschleiert, ist eines der Konfliktpotenziale, die wir nicht hinnehmen dürfen." In Kopie fügte Düwel den Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses vom 26. Februar vergangenen Jahres bei, in dem zu lesen ist, dass von allen Fraktionen &bdquo;eine Neugestaltung eines Verwaltungsstandortes nicht gewünscht wird" und die im Haushalt dazu eingestellten Planungskosten zu streichen sind. Das Abstimmungsergebnis war mit zehn Ja-Stimmen und einem Gegenvotum eindeutig.

Regina Reuschel, die sich seit kurzem die SPD-Spitze in Barntrup mit Norbert Wrede teilt, ist dieser Beschluss ebenfalls präsent. Sie sagt: &bdquo;Wir baten um Prüfung, wie und mit welchen Mitteln die Barrierefreiheit ermöglicht werden kann." Zusätzlich gibt sie die Attraktivität der Mittelstraße zu bedenken, die aus ihrer Sicht durch eine Verlegung des Verwaltungssitzes vor die Tore der Stadt leiden würde.

&bdquo;Wir sind finanziell immer noch nicht auf Rosen gebettet" SPD-Fraktionsvorsitzender Andreas Wilde betont, dass &bdquo;es keine Vermischung von MVZ und Rathausneubau geben darf. Für Ersteres haben wir uns deutlich positiv ausgesprochen und sehen Barntrup, insbesondere auch nach der Schließung der Arztpraxis in Alverdissen, als die vermutlich am schlechtesten medizinisch versorgte Kommune in ganz Lippe."

FDP-Ratsherr Siegfried Ehlert betont ebenfalls die Einigkeit der politischen Fraktionen bei diesem Thema. &bdquo;Es gibt feste Prioritäten der gesamten Barntruper Politik. Gewünscht ist eine Kostenplanung zur energetischen und sonstigen Sanierung sowohl von Rathaus und ehemaligem Waisenhaus", sagt Ehlert. Auch in Zeiten weitergehender Digitalisierung von Behördenangelegenheiten und interkommunaler Zusammenarbeit sehe die FDP keine Notwendigkeit für einen Rathausneubau. Die Verwaltung als Stadtmittelpunkt gelte es zu erhalten.

Grünen-Chef Henning Waltermann machte ebenfalls die Ablehnung eines Verwaltungsneubaus deutlich. Diese könne man sich, obwohl die Stadt das Haushaltssicherungskonzept verlassen habe, schlicht nicht leisten. &bdquo;Wir sind finanziell immer noch nicht auf Rosen gebettet und wissen derzeit auch nicht, wie sich die Coronavirus-Krise auf die Einnahmen der Stadt auswirken wird", sagt Waltermann. &bdquo;Und wir wollen auch kein neues Rathaus durch die Hintertür", erklärte er und spielte damit auf das angedachte MVZ an, dessen Auslastung seine Partei bezweifle. Den Plänen des Investors stehe man aber durchaus offen gegenüber, betont Waltermann.

&bdquo;Allein gegen den Rest der Welt" Ein Kommentar von Sylvia Frevert

In der Vergangenheit hat sich Barntrups Bürgermeister Jürgen Schell mehrfach der Kritik der Barntruper Politik, nicht selten jeglicher Couleur, gegenüber gesehen. Diese wurde in Teilen autoritär und verletzend in aller Öffentlichkeit überbracht. Das ist nicht leicht zu ertragen. In Sachen &bdquo;Rathaus-Neubau" stellt sich Jürgen Schell nun aber auch offen gegen den in der Haushaltseinbringung von seinem Kämmerer und Stellvertreter im Amt Uwe Schünemann gegebenen Rat: keine weiteren städtischen Gebäude zu errichten. Ein Alleingang.

Politik, vor allem in einer Demokratie, hat immer etwas von &bdquo;schwerfällig". Alle Stimmen wollen gehört, Regeln beachtet werden. Das ist für jemanden, der für eine Idee &bdquo;brennt", schwer auszuhalten. Politik, für die Jürgen Schell sich entschieden hat, funktioniert aber nur in den vorgegebenen Abläufen und nur zusammen mit den gewählten Politikern. Der Bürgermeister wäre gut beraten, sich Verbündete in diesen Reihen zu suchen, um seine Ideen zu verwirklichen. Wie Gudrun Kropp, 1955 geborene deutsche Autorin, schon sagte: &bdquo;Gehe mutig auf Ziele zu und achte dabei auch auf deine Weggefährten, ihr könntet euch behilflich sein."

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