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Blomberg

Kündigungen bei Phoenix Contact wirken nach

Patrick Bockwinkel, Marianne Schwarzer

Blomberg. Fünf Mitarbeiter haben viereinhalb Jahre lang ihren Arbeitgeber Phoenix Contact betrogen, weil sie ihre Pausen nicht korrekt gebucht haben. Die Quittung war die fristlose Kündigung. Doch wie konnte das überhaupt passieren? Die LZ hat nachgehakt.

„Wir haben vor 20 Jahren mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung geschlossen", erläuterte am Donnerstag Prof. Dr. Gunther Olesch, Geschäftsführer Personal. „Und danach haben die Vorgesetzten schlichtweg keinen Einblick, welche Pausen die Mitarbeiter buchen. Wir sehen lediglich die Gesamtsumme der Arbeitsstunden. Wir hatten einfach so viel Vertrauen in unsere Mitarbeiter."

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Vorgeschriebene Ruhezeiten

Die Länge der Pausen ist im Arbeitszeitgesetz geregelt. Wer mehr als sechs Stunden am Tag beschäftigt ist, der muss mindestens 30 Minuten Pause machen. Bei mehr als neun Stunden sind 45 Minuten vorgeschrieben.

Die genaue Regelung, wie die Pausen genommen und wie diese nachgehalten werden, kann laut Erich Koch von der IG Metall individuell in Betriebsvereinbarungen festgeschrieben werden. Die Zeiten können etwa pauschal abgezogen werden.

Es kann aber auch vereinbart werden, dass die Mitarbeiter jede Arbeitsunterbrechung durch Ausstempeln erfassen müssen. „An die jeweiligen Vereinbarungen müssen sich die Arbeitnehmer halten", betont Erich Koch.

„Grundsätzlich ist es so, dass der Arbeitgeber auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes achten muss", sagt der Detmolder Rechtsanwalt Marc-Daniel Volk aus der Kanzlei Volk & Partner. Dazu zähle auch die Kontrolle, ob die Mitarbeiter die vorgeschriebenen Pausen überhaupt nehmen. Sonst verstießen die Firmen gegen das Arbeitszeitgesetz. „In vielen Unternehmen ist es so geregelt, dass nach Ablauf der Maximalzeit die gesetzlich vorgeschriebene Pausenzeit automatisch gebucht wird, sofern der Arbeitnehmer diese nicht zuvor gestempelt hat", erklärt Volk.

Genau das sei auch bei Phoenix Contact der Fall, sagt Olesch. Die obligatorische Pausenzeit werde automatisch abgebucht, wenn die Mitarbeiter keine Pause stempeln. Das sei aber eigentlich in der Betriebsvereinbarung vorgesehen. Denn korrekt gebucht, dürfe die Pause auch länger dauern.

Bei dem Quintett, von dem Phoenix Contact sich nun getrennt hat, habe die Pause regelmäßig deutlich länger als eine halbe Stunde gedauert: „Die haben 60 bis 72 Minuten Pause gemacht, sie aber nicht gebucht", erklärt Olesch.

„Wir haben das mal hochgerechnet. Bezogen auf die viereinhalb Jahre, reden wir hier von einem Schaden von etwa 80.000 Euro." Da sei es mit einer Abmahnung nicht getan gewesen, „zumal die Betroffenen auch zunächst keinerlei Einsicht gezeigt haben". Dass der Vertrauensbruch ruchbar wurde, sei einem Hinweis aus der Belegschaft zu verdanken gewesen. „Da hat jemand offiziell Meldung gemacht, und wir sind der Sache nachgegangen."

Auch der Betriebsrat, der am Donnerstag für die LZ nicht zu erreichen war, habe fassungslos reagiert: „Er hat auch keiner der Kündigungen widersprochen", betont Olesch. Für Kündigungsschutzklagen sind das denkbar schlechte Voraussetzungen, wenn selbst die Arbeitnehmervertretung nicht der Kündigung widerspricht. Ausdrücklich habe der Betriebsrat per Aushang die Kollegen noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass die Betriebsvereinbarung für alle Kollegen bindend sei und man seine Pausen buchen müsse.

Um künftigen Missbrauch zu unterbinden, strebt die Geschäftsleitung nun eine neue Betriebsvereinbarung an, die den Vorgesetzten auch Einblick in die gebuchten Zeiten ermögliche. Die Verhandlungen dazu stünden demnächst an.

Erich Koch von der Gewerkschaft IG Metall sieht Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen in der Pflicht, wenn es um die Einhaltung der Pausen geht. Wenn diese nicht gestempelt werden, müsse das früher auffallen, und nicht erst nach mehreren Jahren. „Der Arbeitgeber hat auch eine Fürsorgepflicht und muss darauf achten, dass die Mitarbeiter die gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten überhaupt nehmen", sagt Koch.

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