Phoenix Contact: Blombergs Bürgermeister hätte lieber Anwohner als Pendler

Blomberg. Gibt es mehr bezahlbaren Wohnraum, pendeln weniger Menschen zur Arbeit. Diese Rechnung stellt die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) auf und verbindet sie mit der Forderung, mehr Geld in den Wohnungsbau zu stecken. Vom Dorf in die Großstadt – so sieht das gängige Klischee vom Pendlerleben aus. Doch das Beispiel Blomberg zeigt, dass das Problem komplexer ist. Die Elektrofirma Phoenix Contact ist einer der größten Arbeitgeber der Region und steht zum ländlichen Firmensitz. Trotzdem wünscht sich Bürgermeister Klaus Geise (SPD), dass das Pendeln sehr viel schwieriger wird. &bdquo;Um es überzogen auszudrücken: Ich würde es begrüßen, Entlastungen für Pendler abzuschaffen und den Spritpreis auf fünf Euro anzuheben", sagt Geise. Das sei aber kein Angriff auf Phoenix Contact. Denn das lokale Engagement des Unternehmens weiß Geise sehr zu schätzen. Spielt die Firma mit ihren 5.400 Mitarbeitern doch die wichtigste wirtschaftliche Rolle nicht nur in Blomberg, sondern in der ganzen Region. Denn Phoenix Contact ist bei Automation und Elektrotechnik in vielen Bereichen weltweiter Marktführer, stellt dafür diverse Komponenten her. In die kleine Gemeinde kam Phoenix eher zufällig. Im Zweiten Weltkrieg sah sich das Unternehmen aufgrund von Bombardements gezwungen, den Geschäftssitz aus Essen nach Blomberg zu verlegen. Damals bestand Phoenix Contact aus nur einem Dutzend Angestellten. Mittlerweile sind es weltweit gut 17.000. &bdquo;Das lokale Engagement von Phoenix Contact ist sehr willkommen und geht weit über die eigenen betriebswirtschaftlichen Interessen des Unternehmens hinaus", sagt Bürgermeister Geise. Doch er sagt auch: &bdquo;Wenn wir den Benzinpreis erhöhen, sähen sich die Angestellten vielleicht gezwungen, näher an ihren Arbeitsplatz und damit nach Blomberg zu ziehen." Denn von den 5400 Angestellten kommen nur etwa 1000 aus Blomberg. Der Rest besteht aus Pendlern mit teils langen Anfahrtswegen. Judith Käsemann ist eine von ihnen. Sie arbeit bei Phoenix Contact in Blomberg in der externen Kommunikation, kommt aber aus Hiddenhausen. Nach Blomberg sind das stolze 56 Kilometer Autofahrt. Eine Alternative zum Pendeln – und damit zum Auto – sieht sie nicht. &bdquo;Die Zugverbindung hierher ist wirklich furchtbar. Da wäre ich drei statt einer Stunde unterwegs." Käsemann ist aus privaten Gründen nach Hiddenhausen gezogen und fällt damit in eine von zwei Gruppen, die Bürgermeister Geise bei den Mitarbeitern von Phoenix Contact sieht: &bdquo;Die eine Hälfte hat familiär einen ,Anker und nimmt längere Fahrtzeiten auf sich. Die andere große Gruppe zieht in eine nahegelegene Großstadt, weil sie dort alles vor Ort hat. Die wenigsten neuen Mitarbeiter ziehen wirklich nach Blomberg." Gemeinde würde von Konsumenten profitieren Dabei würden sie hier dringend gebraucht: &bdquo;Wir haben eine sinkende Einwohnerzahl und viele Leerstände. Es wäre mir lieber, wenn wir weniger Pendler und stattdessen mehr Neubürger bekommen würden." Dann würde die Gemeinde von ihnen auch mehr als Konsumenten profitieren. Denn momentan bleibt der Großteil der Phoenix-Mitarbeiter während der Mittagspause in der betriebseigenen Kantine und fährt abends wieder nach Hause. Weder günstige Grundstückspreise und attraktive Neubauten noch ein schönes Stadtbild können daran etwas ändern. &bdquo;Nur zehn Prozent unseres Neubaugebiets geht an Auswärtige, die sich hier niederlassen und auch hier arbeiten wollen", sagt Geise. So bleibt nur die Hoffnung auf teureres Benzin oder eine dezentralisierte Welt. &bdquo;Bis es so weit ist, sind hier neue Bewohner herzlich willkommen."

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